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Für mich hat Unterricht viel mit gemeinsamem Musizieren zu tun

David Stamm aus dem Institut für Public Health hat den ZHAW-Lehrpreis 2023 für das Departement Gesundheit erhalten.

Alias – das offizielle studentische Mitwirkungsorgan der ZHAW – hat Mitte April die Studentischen Lehrpreise 2023 – Anerkennung für herausragende Lehre, verliehen und David Stamm hat den diesjährigen Lehrpreis des Departements Gesundheit gewonnen.

David ist Dozent am Institut für Public Health und unterrichtet Module wie Englisch für Gesundheitsförderung und Prävention und IP-Module zu Wissenschaftlichem Arbeiten sowie verschiedene Englisch-Module im Studiengang Pflege.

Was gefällt Ihnen am Unterrichten?

Zuallererst der Kontakt zu den Studierenden, das Entwickeln einer Beziehung, aufgrund derer ich meine Inhalte zu vermitteln versuche. Ich darf eine wunderbare Palette von Modulen unterrichten. In jedem Modul gefällt mir etwas anderes: in der IPL (Interprofessionelle Lehre) das gemeinsame Eintauchen in wissenschaftliche Fragestellungen; in der Pflege der spielerisch-seriöse Umgang mit Academic English bis hin zu interaktiven Journal Clubs mit Coaching; die spannenden Diskussionen bei den Gesundheitsförderern oder das Teamteaching in der Winter School, wo über 100 Studierende und Dozierende in intensivem Austausch sind. Ich bin neugierig auf internationale Entwicklungen im Bereich Gesundheit, die ich den Studierenden mit aktuellen Texten und Videos näher zu bringen versuche. Das hält auch mich à jour.

Wie gelingt es Ihnen als Dozent, einen Zugang zu den Student:innen zu finden?

Viele meiner Module beinhalten kommunikative Schwerpunkte. So komme ich automatisch mit den Studierenden in Kontakt. Durch Gruppenarbeiten, Coaching und Diskussionen können die Studierenden ihre persönlichen Erfahrungen und Standpunkte einbringen, was nicht immer gleich gut gelingt. Ich unterstütze sie, Hemmungen abzubauen, die beim Gebrauch einer Fremdsprache aufkommen, oft spielerisch, wenn möglich ohne inneren Korrekturstift, wenn grammatikalisch mal etwas nicht so stimmt.

Was sind Ihre Unterrichtsschwerpunkte?

In den IP-Modulen darf ich oft vom immensen Fachwissen meiner Teamkolleg:innen profitieren. Ich verarbeite diese Inhalte dann auf meine persönliche Art und (oft auf Englisch) integriere sie so in meinen Unterricht. In den Fachenglisch-Modulen liegt der Schwerpunkt auf englischer Wissenschaftssprache, mit Wortschatzarbeit, Lesestrategien und Präsentationsübungen.

Welche Situationen sind herausfordernd beim Unterrichten?

Bei zu grossen Klassen wird interaktiver Unterricht sehr schwierig, da dies viele Studierende zu reiner Konsumhaltung verleitet. Ich plädiere deshalb für Maximalgrössen von 25 oder weniger – eine Utopie in einer Zeit des Sparens – aber ceterum censeo … Ebenso kann es herausfordernd werden, wenn das Leistungsgefälle zu gross ist – mit Über- und Unterforderung gut umzugehen braucht viel Toleranz von allen Seiten.

Was machen Sie, damit Ihr Unterricht lebendig ist?

Für mich hat Unterricht viel mit gemeinsamem Musizieren zu tun. Ich lege Tempo und Tonalität fest, aber das Rhythmisieren, die Spannungsbögen, die Pausen am richtigen Ort sind ebenso wichtig. Jede Stimme soll einmal hervortreten können, und immer wieder plane ich Raum für eine freie Kadenz ein. Das klingt dann in jeder Klasse anders. Zudem versuche ich zu einem harmonischen Schluss zu kommen, was mein Zeitmanagement oft herausfordert.

Was bringen Ihnen die Studierenden bei?

Ich habe in den letzten Jahrzehnten enorm viel von den Studierenden lernen dürfen, in Präsentationen und Diskussionen innerhalb des Unterrichts, aber auch in kurzen Pausengesprächen. In den letzten Jahren waren es vor allem die Berufserfahrungen und prononcierten Meinungen der Pflege-Studierenden, die meinen Blick auf die Welt der Gesundheitsberufe mitgeprägt hat.

Erzählen Sie ein bisschen aus Ihrer eigenen Studienzeit.

Mein Studium an der Uni Zürich (Anglistik, Musikwissenschaft und Germanistik) vor mehr als 30 Jahren war in fast allem anders als was unsere Studierenden am Departement Gesunheit heute als Studium erleben. Es gab weder eine Maturarbeit noch eine Einführung in wissenschaftliches Arbeiten und wir hatten keine Ahnung von Präsentationstechnik. Es war Learning by Doing, mit allen Sonnen- und Schattenseiten. Ich erinnere mich an ein obligatorisches Linguistik-Seminar mit 60 Teilnehmenden. Das Pflichtreferat wurde nach 15 Minuten gnadenlos unterbrochen, eine einzige Frage war erlaubt, dann gings weiter – 6 Referate pro Doppellektion über 10 Wochen – todlangweilig! Ich wusste: So würde ich es als Dozent einmal nicht machen.

Genossen habe ich hingegen unsere Freiheiten: Wir hatten Zeit. Weniges war vorgetaktet, wir stellten unser Semesterprogramm individuell zusammen. Ich schaute gerne über den Tellerrand - etwas Geschichte, Mathematik, Französisch, Kunstgeschichte, Theologie, Psychologie. Die Gesundheitsfächer hatte ich noch nicht so auf dem Radar.

Gruppenarbeiten gab es kaum und ich verbrachte einen grossen Teil meiner Zeit mit Lesen, Recherchieren und Schreiben. Meine erste Semesterarbeit schrieb ich auf einer mechanischen Schreibmaschine, mit ganz viel Tippex.

Datenbanken waren für mich ein Fremdwort. Literaturrecherche war nicht nur mental anstrengend. Ich verbrachte Stunden an den riesigen Zettelkästen der ZB (Zentralbibliothek), um geeignete Literatur zu finden, suchte in den endlosen Gängen der ZB-Unterwelt meine Bücher und schrieb meine Doktorarbeit zu einem grossen Teil ganz oben im Lesesaal im Predigerchor, ein wunderbarer gotischer Gewölberaum erfüllt mit Gedanken der 50 Mitstudierenden – vielleicht habe ich deshalb auch heute kein Problem, mich in unserem Grossraumbüro auf meine Arbeit zu konzentrieren.

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