Wurst ja, Wienerli nein
Pflanzliche Fleischalternativen tragen oft «fleischige» Namen. Ob das zulässig ist, müssen die Kantonschemiker jeweils im Einzelfall prüfen. Denn das Lebensmittelrecht regelt diese Frage nicht abschliessend.
Pflanzliche Fleischalternativen sind stark im Kommen und bekommen im Detailhandel immer mehr Platz in den Regalen. Die neuen Produkte sehen nicht nur häufig gleich aus wie ihre fleischigen Pendants, sondern schmecken immer öfter auch sehr ähnlich und haben eine ähnliche Textur. Auch bei der Namensgebung bedienen sich die Soja- und Erbsenprodukte der Begriffe, die man traditionell mit Fleisch in Verbindung bringt. So findet man bei den Grossverteilern etwa vegane Schnitzel, Würste oder Gehacktes.
Täuschungsschutz ist zentral
Das Schweizer Lebensmittelrecht definiert nicht abschliessend, welche Bezeichnungen für vegane und vegetarische Fleischalternativen zulässig sind. Das müsse letztlich für jedes Produkt einzeln geklärt werden, schreibt das zuständige Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV auf Anfrage von alimenta. Dabei müsse neben der Kennzeichnung auch die Aufmachung, Bilder und andere grafische Elemente berücksichtigt werden. Zentral bei der Beurteilung ist laut BLV der Täuschungsschutz. Die Aufmachung, Kennzeichnung und Verpackung von Produkten und die Werbung für sie dürfen die Konsumenten nicht täuschen. Auf Fleischersatzprodukte bezogen heisst das: Konsumenten müssen zum Beispiel Gehacktes auf Sojabasis klar von gehacktem Fleisch unterscheiden können.
Was zulässig ist und was nicht, ist also interpretationsbedürftig. Die Beurteilung obliegt den 26 kantonalen Vollzugsbehörden, wobei jeweils die Behörde des Kantons verantwortlich ist, in der ein Lebensmittelproduzent seinen Sitz hat. Um eine einheitliche Auslegung und Anwendung des Lebensmittelrechts zu gewährleisten, hat das Bundesamt im November 2019 ein Informationsschreiben zum Thema verfasst – als Beurteilungshilfe für Vollzugsbehörden und Lebensmittelproduzenten. «In der Praxis ist es nicht immer leicht festzustellen, ob Bezeichnungen dem Lebensmittelrecht entsprechen oder ob sie als irreführend bzw. täuschend betrachtet werden müssen», räumt BLV-Vizedirektor Michael Beer darin ein. Das Schreiben bietet mit seinen Kriterien eine Beurteilunghilfe, deckt aber nicht sämtliche Begriffe oder Produkte ab. «Bei der Vielzahl der auf dem Markt befindlichen Produkte wäre das unmöglich», so das BLV.
Im Zweifelsfall den Kantonschemiker fragen
Verstösst ein Produzent gegen Vorschriften zum Täuschungsschutz, kann der Kantonschemiker das beanstanden und allenfalls mit einer Geldbusse ahnden. Produzenten müssen gemäss Gesetz selber sicherstellen, dass die Waren den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. «Bei Fragen zur Kennzeichnung von Lebensmittel können sich Produzenten an die zuständige kantonale Vollzugsbehörde wenden», rät das BLV.