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School of Management and Law

Zoom In: Vera Baltisser

Vera Baltisser studiert an der ZHAW School of Management and Law im Masterstudiengang International Business. Dabei ist ihr Weg ein ganz besonderer: Sie ist Mutter und stand bereits mitten im Arbeitsleben, bevor sie den Weg zurück an die Hochschule einschlug. Im Interview lässt uns Vera an ihrem Werdegang teilhaben, spricht über ihr Master-Projekt in Ghana und erzählt, welche Rolle sie zuletzt bei den Vereinten Nationen spielte.

Vera, kannst du uns von deiner Erfahrung als Moderatorin des Sustainability Day an der ZHAW School of Management and Law erzählen? Wie hat sie dein Verständnis von Nachhaltigkeit im Geschäftsleben geprägt?

Die Moderation des Sustainability Day war eine Bereicherung für mich. Mein Verständnis von Nachhaltigkeit hat sich dank dem Austausch mit Expert:innen wie Alexandra Grammenou und den teilnehmenden Studierenden vertieft. Besonders geehrt habe ich mich gefühlt, dass meine Idee für eine Podiumsdiskussion über hochwertige Bildung für den globalen Süden akzeptiert wurde und ich die Verantwortung erhielt, potenzielle Diskussionsteilnehmer zu recherchieren und zu kontaktieren. Wir konnten ein grossartiges Podium zusammenstellen, darunter Dr. Janine Händel, CEO der Roger Federer Foundation, Diepak Elmer, Leiter des Bereichs Wirtschaft und Bildung im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), Dr. Gustavo Loiola, Manager der Leadership Education (PRME) Foundation für den Global Compact, und Dr. Francesco Bortoluzzi, Leiter der Nachhaltigkeitsprogramme im Präsidium der ZHAW. Die Moderation der Podiumsdiskussion war eine der größten Erfahrungen meines Lebens. Das Panel hat einen wirklich hochwertigen Austausch zwischen Fachleuten zum Thema Ungleichheit im globalen Bildungswesen geboten. Meine wichtigste Erkenntnis aus der Diskussion ist, dass sowohl Unternehmen als auch Einzelpersonen eine bedeutende Rolle bei der Unterstützung von Chancengleichheit in der Bildungsqualität im globalen Süden spielen können, im Einklang mit den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen, insbesondere SDG 4: Hochwertige Bildung.

Neben deinem Einsatz für den Sustainability Day 2024 bist du auch Studentin im ZHAW Master in International Business und arbeitest derzeit an deiner Masterarbeit zum Thema Zugang zu hochwertiger Bildung. Kannst du uns dein Projekt näher erläutern? Was sind die wichtigsten Einsichten deiner Forschung?

Meine Betreuerin Prof. Dr. Petra Barthelmess hat es mir ermöglicht, meine Arbeit so anzugehen, wie ich es wollte: Sie bringt wirklich das Beste von uns Studierenden zum Vorschein und fördert unsere Kreativität. Ich habe das Thema «Hochwertige Bildung für Entwicklungsgemeinschaften in Ghana» gewählt. Mein Fokus liegt auf der Gemeinde Alavanyo in der ghanaischen Region Volta. Mein Plan ist, die Perspektive der Gemeinde in Bezug auf hochwertige Bildung zu erfassen, Herausforderungen zu ermitteln und herauszufinden, wie sie Zugang zu hochwertiger Bildung erhalten kann. Die Ergebnisse meiner Forschung sollen genutzt werden, um eine NGO zu gründen, welche die Menschen in Alavanyo auf diesem Weg unterstützt. Alles, was sich dabei bewährt, soll später auch für weitere Gemeinden in Ghana und darüber hinaus genutzt werden. In Bezug auf wichtige Erkenntnisse ist meine Forschung noch nicht abgeschlossen. Allerdings konnte ich bereits feststellen, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Mangel an hochwertiger Bildung in Alavanyo und einem wiederkehrenden Konflikt mit einem anderen Dorf namens Nkonya gibt. Der Streit begann Anfang des 20. Jahrhunderts und sah bereits mehrfach tödliche Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen der beiden Gemeinden. Ich glaube, mangelnde Bildungsangebote können Jugendliche dazu bringen, den Fokus auf ihre Studien und ihre persönliche Entwicklung zu verlieren, was zu einem generationsübergreifenden Problem führt. Ich werde mehr herausfinden, wenn ich diesen Sommer meine Feldforschung in Alavanyo durchführe.

Mit 39 Jahren dachte ich, ich sei zu alt, um diese neue Reise zu beginnen. Typischerweise assoziieren wir Studierende mit jüngeren Menschen ohne so viel mehr Lebenserfahrung und Verantwortung. Alles hat sich aber verändert, als ich mir das Handgelenk verletzte und nicht arbeiten konnte. Die Verletzung wurde zu einem Wendepunkt für mich. Ich habe erkannt, dass dies der Moment war, auf den ich gewartet hatte: Wenn ich meine Hand nicht benutzen konnte, würde ich umso mehr mein Gehirn benutzen.

 

Denkst du, dass dein NGO-Projekt für hochwertige Bildung in Ghana einen Unterschied in der lokalen Gemeinschaft machen wird? Welche spezifischen Herausforderungen erwartest du und wie planst du, diese zu überwinden?

Meine ursprüngliche Idee war, meine NGO als Brücke für Unternehmen in der Schweiz zu etablieren, um hochwertige Bildung in Alavanyo zu unterstützen. Das hätte auch dem genannten UN-SDG 4 entsprochen, indem Unternehmen sich als Teil ihrer sozialen Verantwortung für verbesserte Bildungschancen einsetzen. Nach einer Menge Literaturrecherche, Experteninterviews und der Auseinandersetzung mit Best Practice-Beispielen, wie sie die Roger Federer Foundation präsentiert, habe ich das Ziel der geplanten NGO angepasst: Es wird nun darin bestehen, die Einwohner:innen von Alavanyo zu befähigen, sich den Zugang zu hochwertiger Bildung selbst zu verschaffen und zu bewahren. Die Gemeinde kann Bildungsangebote so an ihre konkreten Bedürfnisse anpassen und die Motivation hochhalten, hochwertige Bildung langfristig mit begrenzter Unterstützung aus dem globalen Norden aufrechtzuerhalten. Eine der Herausforderungen ist die Beschaffung von Mitteln, um das Gemeinschaftsprojekt zu starten. Ich bin zuversichtlich, Stiftungen hier in der Schweiz zu finden, die eine kleine und neue NGO wie meine unterstützen, die auf gründlicher Forschung und Arbeit vor Ort basiert. Ich habe bereits einige Zuschüsse von der Noemi-Rusch-Stiftung zur Unterstützung meiner Forschung erhalten. Ich hoffe auf weitere Unterstützung und Zusammenarbeit mit ähnlichen Organisationen, die mich meinem Ziel näher bringen werden. Darüber hinaus ist der bereits erwähnte Konflikt ein komplexes Thema, das nicht schnell und nicht von mir allein gelöst werden kann. Aber jeder Erfolg beginnt mit kleinen Schritten. Das können Angebote für Jugendliche sein oder die Schaffung eines gemeinschaftlichen Zufluchtsortes für jene, die mehr Bildung und Chancen brauchen.

Welche Erkenntnisse nimmst du aus dem Connoppo Business Project an der ZHAW School of Management and Law mit, das sich mit Unternehmertum und Management in einem möglichst realitätsnahen Umfeld beschäftigt hat?

Zunächst einmal war es großartig, an einem Projekt für eine NGO zu arbeiten, die von einem ehemaligen Studenten des MSc International Business gegründet wurde, den ich ja derzeit auch belege. Marco Wijeratne ist der Kopf hinter Connoppo. Die wertvollen Lektionen, die mich die Arbeit an dem Projekt gelehrt hat, sind, dass die unternehmerische Reise ein gutes Team benötigt und dass ein Geschäft gemäss dem «Kaizen»-Ansatz geleitet werden sollte: Kontinuierliche Verbesserung ist entscheidend für erfolgreiches Management. Darüber hinaus gelten die Leitsätze: Baue Vertrauen innerhalb deines Teams auf, respektiere das Vertrauen, das deine Kundschaft in dich hat, erziele eine positive Wirkung mit deiner Firma und sei transparent im Hinblick auf ihre Zwecke.

Was dich von anderen Studierenden abhebt, ist, dass du Mutter bist und nach einer zehnjährigen Pause dein Studium wieder aufgenommen hast. Was war deine Motivation dazu?

Ich habe das Studieren immer geliebt und Bildung sehr geschätzt. Ich wusste, dass ich irgendwann noch einmal studieren würde, doch im Laufe der Jahre und mit zunehmendem Abstand zur akademischen war ich schon tief drin in der Arbeitswelt. Meine Kolleginnen und Kollegen haben mich aber oft ermutigt, wieder an eine Hochschule zurückzukehren, da sie bemerkten, wie engagiert ich war, wenn es um die Themen Business und internationale Beziehungen ging. Trotzdem dachte ich mit 39 Jahren, ich sei zu alt, um diese neue Reise zu beginnen. Typischerweise assoziieren wir Studierende mit jüngeren Menschen ohne so viel mehr Lebenserfahrung und Verantwortung. Alles hat sich aber verändert, als ich mir das Handgelenk verletzte und nicht arbeiten konnte. Die Verletzung wurde zu einem Wendepunkt für mich. Ich habe erkannt, dass dies der Moment war, auf den ich gewartet hatte: Wenn ich meine Hand nicht benutzen konnte, würde ich umso mehr mein Gehirn benutzen.

Welche Herausforderungen hast du erwartet und welche hast du tatsächlich erlebt, als du in die akademische Welt zurückgekehrt bist?

Zunächst hatte ich Angst, im Unterricht in meinem Alter nicht erfolgreich zu sein. Die Vorstellung, ausgeschlossen zu werden, hat mich etwas besorgt. Zu meiner Überraschung brachte jedoch ein Stein den nächsten ins Rollen. Durch Networking mit Menschen aus den Bereichen Management und Bildung erreichte ich mehrere bedeutende Meilensteine. Diese Reise möchte ich Frauen in meinem Alter nahebringen – dass es nie zu spät ist, etwas zu verfolgen, was man wirklich schaffen möchte.

Du hast auch zu den Auserwählten gehört, die am 14. Mai beim Eröffnungsgipfel der UN vor dem 16. Genfer Gipfel für Menschenrechte und Demokratie teilnehmen durften. Erzähle uns etwas über diese Erfahrung.

Während einer Vorlesung inspirierte uns Alexandra Grammenou, nicht nur unseren individuellen Karriereweg zu verfolgen, sondern auch aufgeschlossen für Menschenrechtsfragen zu sein und zu bleiben. Sie wusste nicht, dass ich ihren Rat beherzigen würde. Umgekehrt hatte ich keine Ahnung, dass ich für eine Botschafterrolle unserer Universität und Abteilung beim UN-Eröffnungsgipfel ausgewählt werden würde. Ursprünglich wollte ich mich nur für den Menschenrechts- und Demokratiegipfel am 15. Mai anmelden, als ich auf der Website der Veranstaltung sah, dass sie Freiwillige für die Mithilfe beim Gipfel benötigten. Daher meldete ich mich auch dafür an. Ich wurde sofort von einem Mitarbeiter des UN-Sekretariats für ein Online-Interview über mein Interesse an der Freiwilligentätigkeit und die nächsten Schritte im Erfolgsfall kontaktiert. Während des Gesprächs erfuhr ich, dass ich auch die Chance erhalten könnte, einen Tag vor der Eröffnung des Gipfels für Menschenrechte und Demokratie bei der UNO dabei zu sein. Bei meiner Anmeldung über den Link, den ich von meinem Gesprächspartner erhalten habe, habe ich mich als Studierende der ZHAW School of Management and Law registriert, um die SML bei dieser großartigen Veranstaltung vorzustellen. Ohne unsere Hochschule und unseren Fachbereich hätte ich einen solchen Meilenstein und eine solche Chance wahrscheinlich nicht erreichen können. Ich habe an beiden Programmen teilgenommen, und sie gehören zu den besten Erfahrungen meines Lebens. Bei der UNO konnte ich auch viele berufliche Kontakte knüpfen.