Menschen im Fokus: Die Zukunft von Human-Centered Design und Customer Experience Management im Finanzdienstleistungssektor
In einer sich schnell verändernden Welt bleibt der menschenzentrierte Ansatz durch Human-Centered Design (HCD) und Customer Experience Management (CEM) entscheidend für den Erfolg im Finanzdienstleistungssektor. Die Zukunft wird von massgeschneiderten, technologiebasierten Kundenerlebnissen geprägt, unterstützt durch KI und gutes Datenmanagement. Der kulturelle Wandel hin zu mehr Empathie und Kundenfokus bringt Herausforderungen mit sich, die nur durch starke Führung, die Einbindung aller Mitarbeiter und den Mut, klein zu starten und jetzt zu handeln, überwunden werden können.
Selina Lehner ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Projektleiterin mit einer Spezialisierung auf Financial Service Innovation. Sie leitet den CAS-Studiengang zu diesem Thema und fokussiert sich in ihrer Arbeit auf Financial Well-Being, Behavioral Design und die Gestaltung innovativer (digitaler) Beratungsdienstleistungen im Bankensektor. Zudem erforscht sie Aspekte des Behavioral Real Estate, insbesondere Wohnpräferenzen und das Wohnen im Alter.
Wie siehst du die Zukunft von HCD und CEM im Finanzdienstleistungssektor, und welche Trends oder Entwicklungen erwartest du in den kommenden Jahren?
Die Zukunft verspricht spannende Entwicklungen und Trends. Es wird definitiv nicht langweilig. Beide Konzepte – also Human-Centered Design und Customer Experience Management - basieren auf einem menschenzentrierten Ansatz, der auch in einer sich ständig verändernden Umwelt von zentraler Bedeutung bleiben wird. Egal, wie sich Technologien, Regulierungen oder Marktbedingungen verändern, der Mensch steht weiterhin im Mittelpunkt.
In einer schnelllebigen Welt sind Produkte und Dienstleistungen zahlreich und austauschbar geworden. Der Mehrwert für den Kunden muss daher schnell und deutlich erkennbar sein. Dies erreichen wir nur, indem wir unsere Kunden besser verstehen und sie zum richtigen Zeitpunkt ansprechen. Nehmen wir ein Beispiel aus meinem Alltag: Rufst du mich an meinem Mami-Tag an, dann nehme ich das Telefon zu 99,9 Prozent nicht ab. Mein Fokus ist an diesem Tag auf meinen Kindern und meist bin ich auch nur sehr kurz angebunden, wenn du mich dann doch erreichst. Am liebsten nehme ich Telefonate auf dem Arbeitsweg an, weil ich dann weitestgehend ungestört telefonieren kann und nicht abgelenkt werde. Das Telefon ist aber nur eine Variante: Du kannst mich auch per SMS, Mail, WhatsApp, Instagram etc. erreichen. Der Einsatz geeigneter Kommunikationskanäle und -methoden, die auf die Präferenzen der Kunden abgestimmt sind, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass unsere Botschaften gehört und geschätzt werden. Der Kunde kann uns somit helfen, geeignete Strategien zu finden – und diese dann auch auszuprobieren bzw. anzuwenden und zu optimieren.
Die genannten Entwicklungen werden sich auch besonders in der Finanzdienstleistungsbranche zeigen, da Finanzangebote in erster Linie Dienstleistungen sind. In Dienstleistungsbranchen ist der Mensch von grosser Bedeutung – sowohl als Kunde als auch als Mitarbeiter. In der Zukunft wird es noch mehr entscheidend sein, Angebote für und mit dem Kunden zu entwickeln. Dies erfordert nicht nur eine ständige Anpassung und Innovation, sondern auch ein tiefes Verständnis der sich verändernden Kundenbedürfnisse. Der menschenzentrierte Ansatz wird dabei helfen, Angebote zu schaffen, die echten und nachhaltigen Mehrwert bieten.
Durch die technologischen Entwicklungen erhoffe ich mir, dass die Qualität der Produkte und Dienstleistungen weiter zu nimmt. KI kann uns zum Beispiel helfen, personalisierte Kundenerlebnisse zu ermöglichen und den Kunden zu Zeiten zu bedienen, die heute nicht möglich sind. Die Datenbasis ist dafür aber natürlich sehr wichtig und zentral. Gutes Datenmanagement sehe ich deshalb ebenfalls als notwendig an, um unsere Kunden noch besser zu verstehen und das Potenzial für KI zu nutzen. Es wird auch spannend zu sehen sein, wie sich die verschiedenen Finanzdienstleister entwickeln: Etablierte Banken haben bereits einiges an Datengold, welches aber oft noch unstrukturiert ist. Jüngere Banken könnten hier gewisse Vorteile haben.
Kannst du ein Beispiel für eine bedeutende Veränderung oder Innovation teilen, die durch das tiefe Verständnis der Kundenbedürfnisse und die Anwendung von HCD und CEM realisiert wurde?
Bevor ich eine Antwort geben kann, möchte ich auf die Definition von Innovation eingehen – ein Wort, das oftmals inflationär gebraucht wird, aber mit ganz unterschiedlichen Vorstellungen verbunden ist. Gemäss Duden ist Innovation eine «Realisierung einer neuartigen, fortschrittlichen Lösung für ein bestimmtes Problem, besonders die Einführung eines neuen Produkts oder die Anwendung eines neuen Verfahrens». Das heisst im Grundsatz, wenn etwas erneuert, verbessert oder optimiert wird. Es muss also nicht «the next big thing» sein, sondern Veränderungen können auch im Kleinen geschehen.
Für mich ist eine bedeutende Veränderung, wenn ein positiver Impact beim Kunden erzielt wird. Die Wahrnehmung der Kunden bzw. Mitarbeiter ist nämlich unsere Realität. Darum gibt es – zum Glück – tausende Beispiele, wie der menschenzentrierte Ansatz eine Verbesserung herbeigeführt hat. Dies fängt bereits der Berücksichtigung einer Kundenreklamation an, wo man den Prozess optimiert und mit dem Kunden interagiert. Es sind aber auch neue Denkweisen, die sich entwickeln. Beispiel ist hier das «Financial Well-Being», also das finanzielle Wohlbefinden. Es geht nicht mehr nur darum, möglichst viel Geld anzuhäufen, sondern sich mit seinem Geld auseinanderzusetzen und wohlzufühlen. Geld bedeutet für die meisten Menschen nämlich nicht nur Vermögen («wealth), sondern vielmehr Gesundheit («health»). Dieses Umdenken basiert auf Menschenzentrierung – denn unsere Kunden geben uns den Sinn («purpose») vor.
Welche Herausforderungen hast du bei der Implementierung von HCD und CEM beobachtet, wie kann man diese überwinden?
Wenn wir von menschenzentriertem Ansatz sprechen, dann sprechen wir auch von einem kulturellen Wandel. Es ist schliesslich nicht nur eine Methode, sondern auch ein Mindset. Wir müssen über unseren eigenen Schatten springen und unser Ego ablegen, um den Kunden im Fokus zu behalten. Prozesse und Strukturen sind zu überdenken und anzupassen. Dies geschieht nicht von heute auf morgen – und verlangt auch von unseren Mitarbeitern einiges ab. Der Wandel benötigt deshalb auch entsprechendes Leadership. Die Investitionen zahlen sich aber langfristig aus.
Herausforderungen können überwunden werden, wenn man sich wiederum vor Augen führt, dass eine Organisation im Grundsatz ein Verbund von Menschen ist. Ein Wandel beginnt somit bei und mit diesen Menschen. Darum ist Empathie und Verständnis sehr wichtig. Unsere Mitarbeiter müssen verstehen, wieso wir etwas verändern wollen bzw. sollen. Wir müssen ihnen den Purpose aufzeigen. Im Gegenzug müssen wir aber ebenso verstehen, an welchem Punkt sie sich befinden und wieso sie allenfalls gegen eine Veränderung sind. Wir müssen also sogenannte «Enthusiasts», positiv gestimmte Unterstützer, als auch «Naysayers», Skeptiker, identifizieren. Letztere sollten wir nicht ignorieren, denn es ist natürlich, dass nicht alle Veränderungen grossartig finden. Das ist menschlich. Mir geht es auch so – Jobwechsel, Führungswechsel sind beängstigend... Denken Sie nur an eine letzte Veränderung zurück, die ungewollt auf Sie zukam. Wir sollten diese «Naysayers» umso mehr einbinden und mitgestalten lassen. Co-Creation kann nämlich helfen, dass mehr Engagement und Verantwortung zu einer höheren Begeisterung führt und dieses dann auch wirklich genutzt wird, also das erhoffte Ziel erreicht wird.
Ein weiterer Aspekt sind «Quick Wins». Als frühere Perfektionistin bin ich mir bewusst, wie schwierig es ist, nicht perfekte Resultate zu präsentieren. Die Frage ist aber: Wann ist es wirklich perfekt? Zwischenergebnisse können dabei helfen, erste tangible Fortschritte zu zeigen und können andere mit ins Boot holen. Sie zeigen, dass wirklich etwas gemacht wird – im Sinne des Sprichworts «Machen ist wie Können, nur krasser.».
Natürlich sind aber auch weitere Aspekte wichtig. Beispielsweise dass die Geschäftsleitung den Wandel unterstützt («Top-Down»), die Anreizstruktur entsprechend überarbeitet wird und so weiter. Ich hoffe aber, dass diese Rahmenbedingungen bereits gegeben sind. Und sonst ist es höchste Zeit, dass der Grundstein dafür nun gelegt wird. Unser CAS hilft gerne dabei: Sei es auf strategischer oder auf operativer Ebene. Start small, start now!
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