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Microlino – Von der Bachelorarbeit an den Autosalon Genf

Der elektrisch angetriebene Microlino hat vor wenigen Tagen am Genfer Autosalon Premiere gefeiert. Inspiriert durch das Kultmobil Isetta war das Projekt in Winterthur gestartet: Acht Absolventen der ZHAW School of Engineering konzipierten in Zusammenarbeit mit den Partnern Designwerk und Micro Mobility Systems das urbane Kleinstfahrzeug – und einer von ihnen leitete schliesslich den Bau des Prototyps.

Mitte des vergangenen Jahrhunderts war sie verbreitet auf deutschen Strassen: die legendäre BMW Isetta. Angetrieben von einem 12-PS-Motor vermochte sie zwei Personen zu befördern, die wohlgemerkt nur über die markante Fronttür ein- und aussteigen konnten. Zwischen 1955 und 1962 verkaufte sich die Isetta über 160'000 Mal. Inspiriert vom Kultstatus der «Knutschkugel» stattete die Winterthurer Firma Designwerk rund 50 Jahre später eine originale Isetta mit einem Elektromotor aus. Diese «E-Setta» bildete den Startschuss für ein innovatives Projekt: Das beliebte Motorcoupé von damals sollte als Elektrofahrzeug wiedergeboren werden. Mit diesem Vorhaben wandte sich Designwerk an das Zentrum für Produkt- und Prozessentwicklung (ZPP) der ZHAW School of Engineering.

Mit drei Bachelorarbeiten zum Fahrzeugkonzept

«Im ersten Schritt ging es darum, die Machbarkeit abzuklären», so ZPP-Leiter Adrian Burri über das Vorgehen. «In der anschliessenden Konzipierung stand zunächst die Frage im Fokus, wie man den bisherigen Metallaufbau leichter und kostengünstiger gestalten könnte.» Die Antwort gaben zwei Maschinentechnik-Klassen des dritten Semesters: Anhand der in der Lehre vermittelten Konstruktionsmethodik und -systematik erarbeiteten die Studierenden mehrere Lösungsvorschläge. «Darunter waren überzeugende Ansätze mit Kunststoff-Bauteilen», so Burri. Überzeugt haben sie auch Wim Ouboter, Inhaber der Firma Micro Mobility Systems AG, der anschliessend den Auftrag für drei Bachelorarbeiten an der ZHAW School of Engineering vergab, um ein konkretes Fahrzeugkonzept zu erstellen. «Das Fahrzeug sollte höchstens 400 Kilogramm schwer sein und über einen rein elektrischen Antrieb verfügen», schildert Burri die Anforderungen. Am ZPP haben sich zwei Teams von je drei Maschinentechnik-Studierenden mit der Entwicklung des Fahrzeug-Unterbaus und -Aufbaus sowie mit der Gestaltung der Karosserie beschäftigt. Am Institut für Mechatronische Systeme (IMS) befasste sich ein Team von zwei Systemtechnik-Studierenden mit dem elektrischen Antriebskonzept.

Anforderungen innovativ erfüllt

Die Vorgaben bezüglich Sicherheit, Design und Preis stellten die drei Teams vor grosse Herausforderungen. «In enger Zusammenarbeit mit Designwerk haben die Studierenden das Konzept Schritt für Schritt bezüglich Material, Gewicht und Gestaltung optimiert, bis es die Anforderungen erfüllte», so Burri. «Parallel dazu mussten sie auch die Entscheidungen für den Antrieb, das Fahrwerk, die Elektrokomponenten und die restlichen benötigten Teile fällen.» Dabei zeigten sich die Studierenden innovativ: Sie senkten die Zahl der Einzelteile erheblich, um später eine einfache und kostengünstige Montage zu ermöglichen. Um die Sicherheit bei einer Kollision zu erhöhen, entwickelten sie einen stabilen Gitterrohrrahmen, der die Insassen besser schützt. Einfach auswechselbare Akkumodule beschleunigen den Microlino auf bis zu 90 km/h und garantieren eine Reichweite von über 100 Kilometern. Trotz allem ist das Fahrzeug kompakt geblieben und nur rund zehn Prozent grösser als die Isetta.

Vom Konzept zum Prototyp

Das von den ZHAW-Studierenden entworfene dreidimensionale CAD-Modell bildete die Grundlage für den Bau eines Microlino-Prototyps. Maschinentechnik-Absolvent Pascal Studerus erhielt von Ouboter das Angebot, die Projektleitung für den Microlino zu übernehmen. Die vergangenen Monate hat Studerus in China verbracht, um dort in Zusammenarbeit mit dem zweitgrössten Elektrofahrzeughersteller die Konstruktion des Microlino-Prototyps zu realisieren. Dabei war die Verständigung mit den chinesischen Fachleuten eine der grössten Hürden: «Ich spreche kein Chinesisch, meine chinesischen Kollegen weder Deutsch noch Englisch», so Studerus. «Wir hatten zwar eine Übersetzerin, diese wiederum war keine Ingenieurin und tat sich schwer mit den Fachbegriffen.» Trotz Kommunikationsproblemen gelang die Konstruktion eines vollständig funktionstüchtigen Fahrzeugs, das am Autosalon Genf erfolgreich debütierte.

Serienreife als nächster Schritt

Nun arbeitet Pascal Studerus daran, den Microlino fit für die Serienproduktion zu machen: «Es gilt zu klären, welche Investitionen nötig sind, um den Microlino tatsächlich auf den Markt zu bringen, primär in Asien, später aber auch in Europa oder Südamerika.» Die Erfahrung mit dem Prototyp nimmt einen direkten Einfluss auf die Konstruktion. Sämtliche Teile müssen einzeln betrachtet und für eine Serienproduktion konstruiert werden. Dabei müssen das Gesamtbild und das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten stets überprüft werden. Der Projektleiter ist aber überzeugt von seiner Entwicklung: «Der Microlino ist nicht nur klein und günstig, sondern auch einfach und ohne Schnickschnack konstruiert – und könnte darum künftig dezentral an verschiedenen Standorten weltweit produziert werden.»

Themendossier Mobilität

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Projektbeispiele