ZHAW-Absolvent präsentiert Fahrzeug am Autosalon
Pascal Studerus hat an der ZHAW School of Engineering Maschinentechnik studiert. Knapp ein Jahr nach Studienabschluss hat er schon mehrere Monate in China verbracht. Dort hat er den Prototypenbau eines neuen Kleinstfahrzeugs geleitet, das nun am Autosalon in Genf Premiere feiert. Begonnen hat seine Erfolgsgeschichte mit der Bachelorarbeit während des Studiums.
«Knutschkugel» wurde das Kultauto Isetta von BMW in den 50er- und 60er-Jahren liebevoll genannt. Um als Auto in der heutigen Zeit mit so viel Sympathie bedacht zu werden, reicht unkonventionelles Design nicht aus: Nachhaltigkeit ist das Gebot der Stunde. Pascal Studerus, Maschinentechnik-Absolvent der ZHAW School of Engineering arbeitet derzeit daran, beides zu verbinden. Als Projektleiter managt er die Entwicklung des Elektrofahrzeugs Microlino – ein umweltfreundlicher Kleinstwagen, dessen Design sich an der kompakten Isetta orientiert. Ein knappes Jahr nach Studienabschluss hat Pascal Studerus bereits mehrere Monate in China verbracht, um die Produktion des Microlino-Prototyps zu leiten.
Von der Bachelorarbeit zum Berufseinstieg
Seine berufliche Laufbahn hat mit der Lehre zum Flugzeugmechaniker begonnen, doch schon bald wünschte sich Pascal Studerus mehr Gestaltungsmöglichkeiten für seine Karriere. «Mit einer Mechanikerlehre kann man sich nur langsam Schritt für Schritt hocharbeiten. Mit einem Bachelorstudium hat man wesentlich bessere Aufstiegschancen.» Er entschied sich für Maschinentechnik, «weil das meines Erachtens die technische Studienrichtung mit dem breitesten Themenspektrum ist. Das zeigt auch die Bandbreite an Branchen und Arbeitsbereichen, in denen meine ehemaligen Kommilitoninnen und Kommilitonen heute tätig sind.» Während der Bachelorarbeit kam Pascal Studerus mit dem Projekt Microlino in Kontakt. «Nachdem mein heutiger Chef eine auf Elektroantrieb umgebaute Original-Isetta gesehen hat, schrieb er drei Bachelorarbeiten für die Neukonstruktion eines ähnlichen Fahrzeugs aus.» Insgesamt acht Absolventen aus den Studiengängen Maschinentechnik und Systemtechnik nahmen die Herausforderung an; Pascal Studerus kümmerte sich um den gesamten Fahrzeugunterbau mit Antriebsstrang und Chassis. «Meine Arbeit scheint überzeugt zu haben: Ich erhielt das Angebot, die Projektleitung für den Microlino zu übernehmen.»
Vom Konzept zum Prototyp
Erwartet habe er ein solches Angebot nicht, gewünscht allerdings schon. «Die Stelle war aber auch an Bedingungen geknüpft, zum Beispiel an einen längeren Aufenthalt im Ausland.» Kurze Zeit nach Stellenantritt reiste er zusammen mit seinem Chef nach China, um das Projekt Microlino aufzugleisen. «Dort ging es primär darum, die Vision Microlino – ein kleines, umweltfreundliches Fahrzeug für den Verleih – vorzustellen. Einfach war das nicht, schreit der chinesische Markt derzeit doch nach immer grösseren, immer protzigeren Fahrzeugen.» Trotzdem gelang es, den zweitgrössten Elektrofahrzeughersteller Chinas von einer Zusammenarbeit zu überzeugen. Pascal Studerus konnte die Konstruktion des Microlino-Prototyps angehen – mittlerweile ohne direkte Unterstützung seines Chefs vor Ort, dafür mit rund 15 chinesischen Fachleuten. Dabei wurden keine Bauteile von bestehenden Fahrzeugen verwendet: Vom ersten Teil bis zum fertigen Prototyp ist alles spezifisch für den Microlino konstruiert worden.
Vom Prototyp zur Serienreife
Die Verständigung mit den chinesischen Fachleuten war nicht gerade einfach: «Ich spreche kein Chinesisch, meine chinesischen Kollegen weder Deutsch noch Englisch; wir hatten zwar eine Übersetzerin, diese wiederum war keine Ingenieurin und tat sich schwer mit den Fachbegriffen.» Trotz Kommunikationsproblemen gelang die Konstruktion eines vollständig funktionstüchtigen Fahrzeugs. Nun arbeitet Pascal Studerus daran, den Microlino fit für die Serienproduktion zu machen. «Es gilt zu klären, welche Investitionen nötig sind, um den Microlino tatsächlich auf den Markt zu bringen, primär in Asien, später aber auch in Europa oder Südamerika.» Der Projektleiter ist überzeugt von seiner Entwicklung: Ganz nach dem Motto «The future is simple» ist der Microlino nicht nur klein und günstig, sondern auch einfach und ohne Schnickschnack konstruiert – und könnte darum künftig dezentral an verschiedenen Standorten weltweit produziert werden. «Das würde das Fahrzeug noch umweltfreundlicher machen, da auch die ‚graue Energie‘ für den Transport reduziert würde», erklärt Pascal Studerus.
Von China nach Genf
Nach seinem Transport in die Schweiz steht dem Microlino-Prototyp eine grosse Ehre bevor. Im März wird er zusammen mit anderen E-Mobility-Entwicklungen am Genfer Autosalon zu sehen sein. Für den Projektleiter ist das eine gute Möglichkeit, das Konzept einer kritischen Öffentlichkeit vorzustellen. Es wird sich zeigen, ob die Vision Microlino verstanden wird und ob Interesse daran besteht. Unabhängig davon, wie es mit der Entwicklung des Microlinos weitergeht und wie das Fahrzeug in der Öffentlichkeit ankommt: Pascal Studerus ist überzeugt von der Idee der Mikromobilität: «Es geht dabei nicht nur um Spass, Freizeit und Vergnügen. Fahrzeuge schaffen echten Nutzen – für Personen, die es eilig haben, für Personen mit eingeschränkter Mobilität oder für Kinder auf dem Schulweg.» Möglichst viele neue Produkte auf dem Weg von der Idee bis zur Marktreife zu begleiten ist eines seiner beruflichen Ziele. Die Grundlagen in Produktentwicklung, der Material- und Verfahrenstechnik und sein Wissen über Wirtschaftlichkeit, das ihm das Studium an der ZHAW School of Engineering vermittelt hat, werden ihn dabei unterstützen.