Pflegehotel St.Johann
Weiterentwicklung der Versorgungsqualität im Pflegehotel St. Johann am Beispiel des Einzugs (Swiss Admission into Nursing Home Study, SANS)
Der Einzug in ein Pflegeheim ist für die Betroffenen eines der stressreichsten und kritischsten Lebensereignisse. Dies vor allem, weil bei bereits eingeschränkter Gesundheit eine Anpassung an die neue Umgebung, neue Abläufe und andere Personen erfolgen soll. Ein Forschungsprojekt des Instituts für Pflege der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften geht daher der Frage nach: Wie können Seniorinnen und Senioren, aber auch deren Angehörige bei der Eingewöhnung an eine Pflegeeinrichtung unterstützt werden?
Hintergrund
Als Risikofaktoren für einen Einzug ins Heim gelten: Demenz, kognitive Einschränkungen, psychische Störungen, zunehmendes Alter, soziale Isolation beziehungsweise nicht ausreichende soziale Unterstützung und nicht ausreichende ökonomische Ressourcen. Die Anpassung an die neue Lebensumgebung Heim kann Personen überfordern. Die Folgen können Angst, Unsicherheit, Schlafstörungen, Frustration, Gewichtsveränderungen, Stürze, Rückzugsverhalten, Verlust des Selbstwertes und kognitive Beeinträchtigungen sein.
Thiele spricht deshalb auch beim Eintritt ins Pflegeheim von einer Orientierungs-, Emotions-, Beziehungs- und Integritätskrise, die North American Nursing Diagnosis Association (NANDA) vom Relokationssyndrom. Beide bezeichnen das Gefühl von Machtlosigkeit, das Fehlen eines angemessenen Unterstützungssystems und eine geringe oder fehlende Vorbereitung auf den Umzug als für die Krise verantwortlich.
Zwar sollen Begrüssungsrituale und routinemässige Abläufe auf Seiten der Institution den Betroffenen Sicherheit vermitteln. Doch zur Bewältigung der akuten Krise reichen solche Massnahmen in der Regel nicht aus. Denn der Einzugsprozess ist vielschichtig und unterliegt kulturellen, sozialen, gesetzlichen und fachlichen Einflüssen. Deshalb müssen die betagten Personen, ihre Familien, die Mitarbeitenden im Pflegeheim und die gesetzlichen Rahmenbedingungen in die Betrachtungen einbezogen werden.
Ziel
Die Studie soll aufzeigen, welche individuell angepassten Massnahmen die Senioren und ihre Angehörigen beim Einzug ins Pflegeheim unterstützen können.
Forschungsfragen
- Wie erleben die Senioren und ihre Familien den Einzug ins Pflegehotel St. Johann und die damit verbundenen sozialen Veränderungen?
- Welche Arten von Unterstützung erhalten die Senioren und ihre Familien in der Bewältigung des Einzugs ins Pflegehotel St. Johann?
- Wie wird der Einzug ins Pflegehotel St. Johann von den Mitarbeitenden derzeit gestaltet?
- Welche individuellen und umgebungsbedingten Faktoren spielen bei der Entscheidung zum Einzug eine Rolle?
- Ist die Adaptions-Skala von Chao et al. in der deutschen Version reliabel, valide und praktikabel, um den Adaptionsprozess nach Eintritt in ein deutschsprachiges Heim aus Sicht der SeniorInnen zu messen?
- Wie hoch ist die gemessene Betreuungsqualität (Nursing Home Care Index, NCI)?
Methode und Durchführung
Die Studie findet im Pflegehotel St. Johann, Basel und in sechs anderen Heimen im Kanton Zürich statt. Im Pflegehotel St. Johann werden insgesamt 68 Einzel- beziehungsweise Gruppeninterviews mit den Senioren, deren Angehörigen und Mitarbeitenden geführt. Zusätzlich füllen 100 Mitarbeitende einen Fragebogen zur Messung der Betreuungsqualität, NCI, aus. Dieser Fragebogen enthält 16 Fragen zu den Bereichen Selbstbestimmung, emotionales Wohlbefinden und soziale Teilhabe. Im Rahmen einer Qualifikationsarbeit zum Master of Science in Pflege an der ZHAW werden weitere 100 Senioren zu ihrem Adaptionsprozess befragt.
Bei der Auswertung kommt eine Kombination von qualitativen und quantitativen Forschungsmethoden (Mixed-Method-Design) zum Einsatz. Die Forschungsfragen 1, 2 und 4 werden mittels Einzel- und Paarinterviews von Senioren und Angehörigen des Pflegehotels St. Johann untersucht. Forschungsfrage 3 wird durch Einzel- und Gruppeninterviews der Mitarbeitenden des Pflegehotels beantwortet. Die Forschungsfragen 1 bis 4 werden qualitativ durch den Grounded-Theory-Ansatz ausgewertet. Die Validierung der Adaptionsskala von Chao et al., Forschungsfrage 5, wird via Faktorenanalyse vorgenommen. Forschungsfrage 6, die Messung der Betreuungsqualität, wird durch uni, bi und multifaktorielle Analysen beantwortet.
Nutzen der Untersuchung
Mit dem in der Studie entwickelten Qualitätsmodell können Institutionen ihre Handlungen und Abläufe überprüfen und gegebenenfalls anpassen.
Projektleitung
Dr. Andrea L. Koppitz, RN
Andrea Koppitz ist diplomierte Pflegefachperson mit jahrelanger klinischer Erfahrung in der Langzeitversorgung. Neben zahlreichen Weiterbildungen, insbesondere in Palliative Care, IFF Wien, und in der Qualitätssicherung schloss sie ihr Doktorat in Pflegewissenschaft an der Universität Witten/Herdecke, Deutschland, 2009 ab. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Palliative Care, Transitionen bei chronischen Erkrankungen und PatientInnenendukation in der geriatrischen Langzeitpflege.
Projektorganisation
Projektname: SANS, Swiss Admission into Nursing home Study
Projektleitung: Prof. Dr. Andrea L. Koppitz, RN
Projektdauer: 2012 –2014 (15 Monate)
Projektteam:
- Prof. Dr. Lorenz Imhof, PhD, RN
- Prof. Dr. Heidi Petry
Website: www.zhaw.ch/gesundheit/pflegehotel
Finanzierung: Pflegehotel St. Johann Age Stiftung
Projektstand: Realisation
Projektpartner
Publikationen und Berichte
Medienmitteilungen
- 12. Januar 2015, Medienmitteilung
Einzug ins Pflegeheim besser begleiten(PDF 288,6 KB) - 21. März 2013, Medienmitteilung
Einzug in ein Heim - ein kritischer Schritt wird untersucht(PDF 237,0 KB)
Fachartikel/ Präsentationen
- Dezember 2014, Fachzeitschrift Curaviva, Fachartikel
Im ersten Jahr nach dem Heimeintritt ist die Sterberate merklich höher(PDF 334,7 KB) - November 2014, Bulletin Departement Gesundheit, ZHAW
Die Anfangszeit im Pflegeheim besser begleiten - 2013, Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, Fachartikel
Koppitz, A.; Dreizler, J.; Hediger, H.; Voss, J.; Imhof, L. (2013). Betreuungsindex in Pflegeheimen: Entwicklung und Validierung eines neuen Instruments zur Beurteilung von Betreuungsqualität in Pflegeheimen. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, 46. 532-542.(PDF 614,9 KB) - 15. März 2013, Basellandschaftliche Zeitung
Barriere vor Heimeinzug brechen(PDF 266,4 KB)