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Architektur, Gestaltung
und Bauingenieurwesen

Typus Terrassenhaus

Untersuchung einer in Verruf geratenen Haustypologie

Masterthesis Stefan Hausherr
Frühlingssemester 2022

Dozierende Vorbereitung und Durchführung: Ingrid Burgdorf, Marc Loeliger, Andreas Sonderegger
Koreferenten: Franz Romero, Marco Graber
Fachexperten: Stefan Rotzler, Bertram Zehnder

Vorwort der Dozierenden

Aufgrund ihrer Topographie weist die Schweiz einen beträchtlichen Anteil Bauland in Hanglage auf. Während die bebauten Hänge herkömmlich oft eine lockere, durchgrünte Bebauungsstruktur mit Einzelhäusern aufweisen, stellt sich für die zukünftige Entwicklung die Frage nach den Bebauungsstrukturen einer verdichteten Bauweise. Im Gegensatz etwa zu Italiens mediterranen Städten in Hanglage wie Genua oder Camogli, verbreiten sich in der Schweiz vor allem Terrassenhaussiedlungen, welche sich seit  den 60er Jahren mit der Einführung des Stockwerkeigentumgesetzes entwickelt haben. Dank der idealen Schlüsselparameter zur optimierten Konsumation der Aussicht und Maximierung der Privatinteressen ist diese Bebauungstypologie ein äusserst fruchtbares Betätigungsfeld für Investoren, was die Schweiz heute schon vielerorts nachteilig geprägt hat. Mit der einseitigen Fokussierung auf den Ausblick und weniger auf den Anblick dieser Siedlungen resultieren aufgrund der austauschbaren Typologie oftmals gesichts- und beziehungslose Ortsansichten. 

Die Masterthesis von Stefan Hausherr sucht am Beispiel eines exemplarischen Entwurfs in Ennetbaden, den Typus des Terrassenhauses auf sein Potential als zukunftsfähige Bebauungsstruktur auszuloten, wobei besonderer Wert auf den Aspekt des ressourcen-schonenden Bauens gelegt wird. 

Zunächst werden aus einer Analyse repräsentativer Beispiele spezifische Entwurfs-hypothesen abgeleitet und der Recherche zugrundegelegt. Mit dem Ziel einer substantiellen Durchgrünung zur guten Einbindung in das Landschaftsbild sowie einer Minimierung der Eingriffe in die Topographie erweist sich die Referenz der Zitronengärten am Gardasee als Befreiungsschlag, indem das prägnante Gleichmass der steinernen Pfeiler einen Zwischenzustand zwischen Bebauung und Garten darstellt. In Übertragung dieses Prinzips auf die Situation in Ennetbaden wird der Hang anstelle einer Baugrube terrassiert und mit einer vorgelagerten Aussenraumschicht aus Pergolen, Terrassen und Gärten die landschaftliche Kontinuität gewährleistet. Das Staccato vertikaler Betonpfeiler bildet zugleich die Tragstruktur und wird durch eine sekundäre Struktur aus Metallträgern sowie einer Holzelementbauweise für die räumlichen Abschlüsse ergänzt. Dank der Terrassierung des Hanges kann das Verhältnis von der Überbauung zur Topographie minimiert werden – die Böschungen kommen je nach Neigung ohne Hangsicherung aus oder können relativ einfach mit Spritzbeton gesichert werden. Die Wände und Decken werden vom Erdreich gelöst, womit die Abdichtung gegen Feuchtigkeit entfällt und diese in Leichtbauweise errichtet werden können, was die Anforderungen an die Fundation reduziert. Auch wird dank der Systemtrennung der vorfabrizierten Bauteile eine einfache Wiederverwendung gefördert.

Die dargelegte Entwurfsrecherche wird mit beeindruckendem Engagement geführt, wobei sich die Arbeit am Modell als besonders wertvoll erwiesen hat. Es resultiert ein Projektvorschlag, welcher mit der Einbettung in die Landschaft und Topographie, der Durchlässigkeit und räumlichen Qualität der Erschliessung als Grundlage für vielfältige Begegnungsmöglichkeiten, mit den sorgfältig konzipierten Grundrissen und Wohnungstypologien und last but not least einer angemessenen und nachhaltigen Bauweises glaubhaftes Potential nachweist.

Es zeigt sich, dass der Bebauungstypus des Terrassenhauses ohne viel Aufwand verbessert werden könnte. Die Aspekte des ressourcenschonenden Bauens haben den Gebäuden hinsichtlich der Referenz der Zitronengärten eine willkommene Leichtigkeit und Ephemerität verliehen, welche der landschaftlichen Einpassung zugute gekommen ist. Die beeindruckende Arbeit ist ein wünschbarer Modellfall, welcher in der Schweiz für das Bauland an Hanglage Schule machen könnte, aber in jeden Fall einen inspirierenden Diskussionsbeitrag für das verdichtete Bauen am Hang darstellt.