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Soziale Arbeit

Bildungschancen für junge Menschen in Tansania

Bachelorstudentin Denise Bolli berichtet von ihrem Praktikum in Ostafrika – eine Erfahrung, die sie beruflich wie persönlich prägte.

Durch ihre Arbeit mit jungen Frauen gewann Denise Bolli ein tieferes Verständnis für die komplexen sozialen und strukturellen Probleme junger Menschen in Tansania. (Artwork: Susann Massute)

Von Denise Bolli 

Arusha liegt im Norden Tansanias. Die Stadt mit gut einer halben Million Einwohner:innen ist für Reisende ein beliebter Ausgangspunkt, um den Kilimandscharo zu besteigen oder den Nationalpark Serengeti zu besuchen. Beim ersten Eindruck mag einem die Stadt chaotisch erscheinen – für mich stand sie am Beginn einer Reise, die mich beruflich und persönlich stark prägte. 

Vier Monate lang arbeitete ich dort mit der Organisation Vision for Youth. Während meines Praktikums nahm ich an einer Vielzahl von Projekten teil, deren Ziel es ist, benachteiligte Kinder und Jugendliche zu unterstützen und ihnen eine nachhaltige Zukunft zu ermöglichen. 

Die Angebote der Organisation sind vielfältig. In der Zeit meines Praktikums verteilten wir zum Beispiel neue Schuluniformen und Lehrmaterialien, die gesponsert wurden. Bei einem anderen Angebot schulten wir junge Frauen darin, Hygieneprodukte optimal anzuwenden. Was auch immer es war: Bei jeder Aufgabe lernten nicht nur die jungen Menschen etwas, sondern auch ich – für meine Zukunft als Sozialarbeiterin. 

Begegnung mit einer «Kämpferin»

In Tansania gibt es eine starke kulturelle Tradition der gegenseitigen Unterstützung und Solidarität: Man hilft einander und erfüllt die Bedürfnisse der Gemeinschaft. Dementsprechend steht die Community auch im Mittelpunkt der Sozialen Arbeit. Ein wichtiger Fokus liegt auf der Bildung und dem Empowerment benachteiligter Gruppen, insbesondere von Frauen und Kindern. 

Ich denke da an Neema. Wir lernten uns kennen, als sie 16 Jahre alt und bereits alleinerziehende Mutter einer kleinen Tochter war. Mit 15 war sie ungewollt schwanger geworden. Die talentierte Schülerin mit grossen Zukunftsträumen verliess vorzeitig die Schule. Neema ist keine Ausnahme: Viele tansanische Mädchen und junge Frauen werden aufgrund unzureichender Aufklärung und eines begrenzten Zugangs zu Verhütungsmitteln schwanger. Oft führt dies zu Schulabbrüchen und mündet in einen Zyklus von Armut und Abhängigkeit. 

Aber Neema war auch eine Kämpferin. Trotz schwieriger Umstände fand sie den Mut, unterstützt von Sozialarbeitenden, ihren Schulabschluss nachzuholen. Durch die Bekanntschaft mit Neema gewann ich ein tieferes Verständnis für die komplexen sozialen und strukturellen Probleme junger Menschen in Tansania. Mitzuerleben, wie die junge Frau ihre Hoffnung auf eine bessere Zukunft nicht verlor, war für mich eine bewegende Erfahrung. Es ermutigte mich, mich intensiv für die Belange junger Menschen einzusetzen und ihre Stimmen in den Mittelpunkt meiner zukünftigen Arbeit als Sozialarbeiterin zu stellen. 

Heimweh und grüssende Elefanten

So bereichernd und aufregend ein Praktikum im Ausland auch ist, lässt sich eine Erfahrung nicht wegreden, die viele Reisende machen: die Einsamkeit. Familie und Freund:innen sind fern, und wegen der Sprache bleibt man in vielen Situationen Zaungast. In Tansania wird hauptsächlich Swahili gesprochen – ich verstand kein Wort. Selbst auf dem Markt Obst zu kaufen, konnte in ein aufwendiges Prozedere münden. Gerade wenn ich abends im Bett lag, sehnte ich mich oft nach vertrauten Gesichtern und vertrauten Gesprächen. 

Dem gegenüber stand die umwerfende Natur. Der Höhepunkt in dieser Hinsicht war zweifellos die Morgenfahrt durch den Ngorongoro-Krater, der sich am Rande der Serengeti befindet. Als wir in den Krater fuhren, lag über der Landschaft eine unglaubliche Ruhe, während die Elefanten uns zu grüssen schienen und die ersten Sonnenstrahlen langsam den Horizont erhellten.