Veranstaltungsrückblick «Dienst nach Vorschrift? Ermessen in der Sozialhilfe»
Entgegen aller Vorurteile nutzen Sozialarbeitende selten ihren ganzen Ermessenspielraum. Warum das so ist, loten wir mit Fachpersonen der Sozialhilfe aus.
Medien- und Stammtischdebatten zum Thema Sozialhilfe erwecken den Eindruck, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter würden die gesetzlichen Möglichkeiten bis auf den hintersten Rappen ausschöpfen. Die Realität sieht anders aus: Sozialarbeitende nutzen ihren Ermessensspielraum häufig nicht. Ist dies ein Ergebnis sorgfältiger Erwägungen? Oder Angst vor der Verantwortung? Vorauseilender Gehorsam? Politischer Zeitgeist?
In der Veranstaltung vom 2. November 2021 haben wir den Ermessenspielraum aus fachlicher, juristischer und ethischer Sicht ausgelotet. Zu Gast waren der Ombudsmann der Stadt Zürich, der Leiter des Fachressorts wirtschaftliche Sozialhilfe bei der Stadt Zürich und eine Sozialarbeiterin aus Winterthur.
Dies war eine Veranstaltung des Instituts für Sozialmanagement und der Fachgruppe Existenzsicherung.
Handlungsmöglichkeiten aus Teilnehmendensicht
Die Veranstaltung ist auf grossen Anklang gestossen. Die im Themeneinstieg von den Podiumsgästen ausgeführte Ausgangslage rund um Ermessen in der Sozialhilfe wurde durch eine Publikumsbefragung ergänzt: Problematische Aspekte des Ermessens in der wirtschaftlichen Sozialhilfe zeigen sich dergemäss häufig auf struktureller Ebene: Zeitdruck, komplexe Dokumentations- und Regelwerke, aber auch wenig Raum zur gemeinsamen Entwicklung von Haltungen oder fehlende Zeit zum Üben erschweren Sozialarbeitenden das eigentlich hochinteressante Ermessen im Individualfall. Die Veranstaltungsteilnehmenden priorisierten entsprechend sowohl Verbesserungsmassnahmen auf organisationaler wie auch auf der Ebene der Ausbildung und Weiterbildung: Ermessen soll und darf Spass machen und organisationale Rahmenbedingungen müssen so gestaltet werden, dass Sozialarbeitende das Handwerk des Ermessens üben und reflektieren können. Schliesslich obliegt es der Hochschule, der gesetzlichen Sozialen Arbeit mehr Gewicht zu geben und Lust auf die alltägliche berufliche Auseinandersetzung im Spannungsfeld der wirtschaftlichen Sozialhilfe zu schaffen.
Ab 2022 plant die ZHAW Soziale Arbeit einen regelmässigen Fachaustausch mit der Praxis zum Thema Existenzsicherung. Interessierte melden sich bitte unter der folgenden E-Mail-Adresse: netzwerkexistenzsicherung.sozialearbeit@zhaw.ch
Video-Aufzeichnung
Veranstaltungsreihe «Um 6 im Kreis 5»
Die ZHAW bietet Fachpersonen der Sozialen Arbeit neue Impulse für ihre Praxis. Im Rahmen von Vorträgen und Diskussionen erhalten Sie die Gelegenheit zum fachlichen Austausch.