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Soziale Arbeit

Chatbot EMA stösst auf grosse Nachfrage

Der im ZHAW-Projekt Safety for Refugees in Switzerland entwickelte Chatbot zeigt, dass ein digitales Tool bestehende Angebote niederschwellig ergänzen kann.

ASYL, UKRAINE RUSSLAND KRIEG,
Zum Thema Wohnen haben Nutzer:innen des Chatbots am meisten Fragen: Aus der Ukraine geflüchtete Familien ziehen in eine Unterkunft bei Lausanne ein. (Pully, 30. März 2022) (Bild: Jean-Christophe Bott/Keystone)

Im Zuge des Ukraine-Kriegs, der seit 2022 andauert, sieht sich die Schweiz mit einer signifikanten Zahl von Geflüchteten konfrontiert, die dringend Unterstützung benötigen. Bei offiziellen Schweizer Websites mit Hilfsangeboten gibt es allerdings oftmals eine Sprachbarriere. Mit dem Ziel, ukrainischen Geflüchteten schnellen und unkomplizierten Zugang zu wichtigen Informationen und Unterstützung zu bieten, initiierte die ZHAW das Projekt Safety for Refugees in Switzerland mit einer mehrsprachigen Informations- und Beratungsplattform.

Wohnen beschäftigt am meisten

Ein wesentlicher Bestandteil des Projekts, das in Kooperation mit dem Departement Soziale Arbeit und der School of Engineering entstand, war die Entwicklung des Chatbots EMA, ein Akronym von «Empowerment Means All». EMA wurde in Ukrainisch, Russisch, Deutsch und Englisch konzipiert und bietet Informationen zu einer Vielzahl von Themen, darunter Wohnen, Arbeit und rechtliche Fragen. 

Der Chatbot wurde Anfang April 2023 livegeschaltet. Nun wurde das Nutzer:innen-Verhalten der ersten drei Monate ausgewertet. Das Ergebnis ist erfreulich: EMA wurde in diesem Zeitraum über 1100 Mal genutzt. Das heisst, sowohl Nachfrage als auch Akzeptanz des Angebots sind hoch. Die Analyse zeigt auch, wo der grösste Informationsbedarf besteht. So stand bei der Hälfte der eingegangenen Problembeschreibungen das Thema Wohnen im Zentrum. Wohnen ist also ein wichtiger Aspekt, was die soziale Integration und das Empowerment der Geflüchteten betrifft. 

Meldungen von feindlichem Umgang

In mehreren Fällen wurden eingangs Konflikte sowie Streit in Kombination mit «Wohnen» als Einstiegsthemen genannt. Die meisten dieser Schilderungen beinhalteten auch Beschreibungen über psychische oder physische Gewalterlebnisse. Auch sehr häufig ging es um die Themen Arbeit und Behörden. Dabei ging es um Unklarheiten bis hin zu Differenzen.

Es trafen zudem Anfragen ein, in welchen Menschen schilderten, dass sie über zu wenig Geld oder zu wenig Essen verfügen. Ebenso wandten sich Nutzende mit allgemeinen Fragen wie etwa «Deutsch lernen» oder «Rechte und Pflichten bei Aufenthaltsstatus S» an den Chatbot.

Es handelt sich dabei um Fragen, die auch der persönlichen Sozialberatung oder einer Erstinformations- oder Integrationsfachstelle statt einem Chatbot wie EMA hätten gestellt werden können. In diesen Fällen triagierte der Chatbot zur Wohngemeinde beziehungsweise zur Sozialberatung der nutzenden Person. In diesem Direktkontakt mit Sozialarbeitenden schilderten Schutzsuchende mehrfach psychische und physische Gewalterfahrungen, Behindertenfeindlichkeit und Rassismus sowie groben Umgang seitens Betreuenden in Gemeinschaftsunterkünften. Es war die Rede von Mobbing, Nötigung, Drohung, Anpacken und Herumschubsen.

Chatbot mit Entwicklungspotenzial

Die Nutzer:innen schätzten insbesondere die niederschwellige Zugänglichkeit und die Anonymität, die ein digitales Dialogsystem wie der Chatbot bietet. Trotz des Erfolgs von EMA wurden im Verlauf des Projekts aber auch die Grenzen digitaler Unterstützung deutlich. In komplexen Fällen, die individuelle Beratung und persönliche Betreuung erfordert hätten, stiess der Chatbot an seine Grenzen. Das zeigt, dass ein Chatbot vor allem dazu dient, sich nicht verändernde Informationen effizient zu vermitteln. Für eine optimale Unterstützung muss er jedoch mit Angeboten persönlicher Interaktion kombiniert werden. 

Bei der Analyse des Projekts wurden auch Entwicklungspotenziale ausgelotet. So könnte man einen solchen Chatbot mit weiteren Themengebieten ausbauen, um zugewanderten Menschen eine Übersicht zum Leben in der Schweiz zu verschaffen. Von Praxispartner:innen des Projekts wurde mehrfach der Wunsch geäussert, dass dies auf der Admin-Seite des Bundes zugänglich sein sollte. Auch wäre ein solcher Einsatz zur Sicherstellung des Informationstransfers zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden für Fachpersonen denkbar.