Ergänzungsleistungen: Was man bereits vor der Reform tun sollte
Am 1. Januar 2021 treten die neuen Bestimmungen der Ergänzungsleistungen zur AHV/IV in Kraft. Zwei Dinge empfiehlt es sich, noch im laufenden Jahr zu prüfen.
von Uwe Koch
Bald ist es soweit: Sechs Jahre, nachdem Bundesrat und Parlament sich mit der vierten grossen Revision der Ergänzungsleistungen (EL) zur AHV und IV auseinanderzusetzen begannen, tritt die Reform in Kraft. Ab 1. Januar 2021 gelten die neuen Bestimmungen, die allerdings durch eine dreijährige Übergangsfrist abgefedert werden.
Bereits vor dem Termin – das heisst, in den nächsten Wochen – sollte man sich vor allem mit zwei Bereichen der Reform auseinandersetzen: mit den Krankenkassenprämien und dem Zeitpunkt, zu dem man EL anmeldet.
Franchise jetzt senken
Die Prämie für die obligatorische Krankenversicherung wird bei der Berechnung der Ergänzungsleistungen als Ausgabe berücksichtigt. Nach dem geltenden Recht wird ein Pauschalbetrag in der Höhe der kantonalen oder regionalen Durchschnittsprämie angerechnet. Personen, die bei einer günstigen Krankenkasse versichert sind oder eine hohe Franchise gewählt haben, profitieren von dieser Regelung. Sie können das ihnen zur Verfügung stehende Budget um über hundert Franken im Monat aufbessern.
Allerdings tragen sie auch das Risiko, wenn hohe Krankheitskosten anfallen, da über die EL nur maximal Fr. 1000.- Kostenbeteiligung vergütet werden können. Ab 2021 wird bei der EL-Berechnung nämlich nur noch die tatsächliche Krankenversicherungsprämie berücksichtigt, sofern diese unter der Durchschnittsprämie liegt. Jene EL-Berechtigten, die eine hohe Franchise gewählt haben, sollten diese spätestens per Ende November 2020 auf das gesetzliche Minimum von Fr. 300.- senken.
Höhe der Leistungen
Die in der Reform beschlossenen Änderungen wirken sich in der Regel auf die Höhe der ausgerichteten Ergänzungsleistungen aus. Einige Änderungen haben einen positiven Effekt. Hierzu zählt vor allem die Erhöhung der Mietzinsmaxima. Insbesondere bei Mehrpersonenhaushalten in den Städten und der Agglomeration können bis zu 50 Prozent höhere Mietkosten berücksichtigt werden (siehe Whitepaper).
Ein Teil jener Menschen, welche EL beziehen, würde jedoch wegen der Reform weniger Leistungen erhalten als bisher oder den EL-Anspruch sogar ganz verlieren. Dies betrifft im Wesentlichen Personen mit höheren Vermögenswerten. Bei der Berechnung der EL wird ein Anteil des Vermögens, der über einem Freibetrag liegt, als Einkommen angerechnet. Dieser Freibetrag wird auf Fr. 30'000.- bei Alleinstehenden beziehungsweise Fr. 50'000.- bei Ehepaaren reduziert.
Anmeldung vor dem 31. Dezember sinnvoll
Stärker ins Gewicht fällt aber die Einführung einer Vermögensschwelle. Rentnerinnen und Rentner mit einem Vermögen über Fr. 100'000.- und Ehepaare mit einem Vermögen über Fr. 200'000.- haben keinen Anspruch auf EL. Erst wenn deren Vermögenswerte diese Schwelle unterschreiten, wird ein EL-Anspruch berechnet.
Damit sich diese Personen auf die neue Regelung einstellen können, gilt eine Übergangsfrist von drei Jahren. Bis Ende 2023 werden ihre EL noch nach dem bisherigen Recht berechnet. Dies gilt auch für die Fälle, in denen die EL erst nach dem 1. Januar 2021 verfügt und ausbezahlt werden, sofern der Beginn des EL-Anspruchs vor diesem Datum liegt.
Für die Beratung bedeutet dies, dass eine Anmeldung im Zweifelsfall vor dem 31. Dezember 2020 vorgenommen werden sollte, auch wenn möglicherweise nur ein kleiner Anspruch auf EL besteht. Die EL-Stelle muss per 1. Januar 2021 zwei Berechnungen vornehmen. Ergibt die Berechnung, dass der Anspruch nach neuem Recht höher ist, kommt dieses zur Anwendung.
Bei einem tieferen Anspruch bleiben die alten Bestimmungen bis Ende 2023 gültig. Dies aber nur, wenn veränderte wirtschaftliche oder persönliche Verhältnisse nach dem neuen Recht nicht zu einem höheren EL-Anspruch führen. Die EL-berechtigte Person kann demnach nur gewinnen, wenn sie sich noch dieses Jahr anmeldet beziehungsweise angemeldet wird.