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Tandemprogramm mit Geflüchteten: Vom Deutsch lernen bis zum gemeinsamen Kochen

Die ZHAW Soziale Arbeit begleitete zweieinhalb Jahre lang ein Pilotprojekt der Fachstelle Integration des Kantons Zürich. Die wissenschaftliche Evaluation zeigte, welche Faktoren zum Erfolg des Zürcher Tandemprogramms führen und wo es noch Entwicklungspotenzial gibt.

Zwei Frauen sitzen mit Kleinkind auf dem Spielplatz.
Ein entscheidender Faktor für den Erfolg eines Tandems ist das Matching. (Bild: AOZ)

In der Wohngemeinde anzukommen und sich in der neuen Lebenswelt zurechtzufinden, ist für geflüchtete Personen anspruchsvoll. Vielen fehlt ein soziales Netzwerk oder die Sprachkenntnisse, um ein solches aufzubauen. Um diese Menschen beim Ankommen zu unterstützen, hat die Fachstelle Integration des Kantons Zürich ein Tandemprogramm lanciert. Dabei begleiten ortsansässige Freiwillige die Geflüchteten im Alltag: Vom Ausfüllen amtlicher Formulare über gemeinsames Kochen bis hin zum Austausch darüber, was einem im Leben wichtig ist – ein solches Tandem kann viele Facetten haben.

Über die Wirkung von Tandemprogrammen gibt es bisher wenig Forschung. Deshalb hat die Fachstelle Integration des Kantons Zürich die ZHAW Soziale Arbeit beauftragt, das kantonale Tandemprogramm, das als Pilotprojekt von Juni 2021 bis Dezember 2023 lief, umfassend zu evaluieren. Das wissenschaftliche Team begleitete das Projekt während der gesamten Laufzeit und bot die Möglichkeit, Zwischenergebnisse zu diskutieren und Anpassungen vorzunehmen.

Herausfordernde Suche nach Freiwilligen

Das Programm wurde von fünf Organisationen in fünf verschiedenen Regionen des Kantons Zürich umgesetzt. Dabei zeigte sich, dass grössere Organisationen wie das Schweizerische Rote Kreuz (SRK), die Evangelisch-reformierte Landeskirche des Kantons Zürich in Kooperation mit der Caritas Zürich sowie die AOZ in ihrer jeweiligen Region bereits gut vernetzt waren und einfach Kontakt zu potenziellen Freiwilligen herstellen konnten, während kleinere Organisationen wie der Verein Prointegration und der Verband Schweizerischer Jüdischer Fürsorgen (VSJF) zunächst ihre Netzwerke aufbauen mussten.

Besonders positiv hervorzuheben sei die Flexibilität der Fachstelle Integration, die den fünf Umsetzungsorganisationen viel Spielraum bei der Ausgestaltung des Projekts gelassen habe, sagen Eva Mey und Sylvie Johner-Kobi, die das Evaluationsteam der ZHAW leiteten.

Eine besondere Herausforderung war die Rekrutierung geeigneter Freiwilliger. Zeitungsartikel und -aufrufe erwiesen sich als die effektivsten Methoden, um Freiwillige zu gewinnen. Ebenso positiv erwies sich eine gute Verankerung der Koordinator:innen in den Gemeinden. Der Krieg in der Ukraine hatte einen nicht unerheblichen Einfluss auf das Programm: «Er führte zwar dazu, dass sich überdurchschnittliche viele Freiwillige meldeten, aber gleichzeitig belastete er die Kapazitäten der Sozialdienste», sagt Sylvie Johner-Kobi, Forscherin und Dozentin der ZHAW.

Professionelle Begleitung

Die durchschnittliche Dauer der Tandems betrug acht Monate. Bei den meisten stand das soziale Miteinander im Mittelpunkt, was auch der Zielsetzung des Programms entspricht. Insgesamt konnten in den 31 Monaten des Pilotprojekts 727 Tandems realisiert werden. Das ist zwar nur gut die Hälfte der geplanten 1347. Trotzdem kann es als Erfolg gewertet werden. Denn: «Eine professionelle Begleitung der einzelnen Tandems ist sehr wichtig, damit das Tandem zu einer guten Erfahrung wird. Eine solche Begleitung braucht eben Zeit. Qualität ist deshalb wichtiger als Quantität», so die ZHAW-Forscherin und -Dozentin Eva Mey.

Zuständig für die professionelle Begleitung der Tandems sind sogenannte Koordinator:innen. Zu ihren Aufgaben gehören neben der Rekrutierung von Freiwilligen und geflüchteten Personen das Screening von Interessierten, das Matching von Freiwilligen und Geflüchteten, die darauffolgende Begleitung der Tandems sowie die Verantwortung dafür, dass ein Tandem für alle Beteiligten gut abgeschlossen wird.

Gutes Matching ist entscheidend

Insbesondere das Matching ist ein zentraler Punkt für den Erfolg eines Tandems. Die Evaluation der ZHAW zeigt: Es ist wichtig, dass die Bedürfnisse und Erwartungen von geflüchteter und freiwillig tätiger Person, aber auch deren Voraussetzungen in der Lebenssituation optimal zusammenpassen. Dazu gehören Faktoren wie die zur Verfügung stehende Zeit, die Erwartungen an die Funktion und die Inhalte des Tandems, also ob es eher um eine emotionale Unterstützung geht oder ob das Tandem eher eine funktionale Bedeutung haben soll wie Deutschkenntnisse zu verbessern oder für eine bevorstehende Prüfung zu lernen.

Den Koordinator:innen kommt eine entscheidende Bedeutung zu, um diese Passung durch transparente Information, Schulung und Sensibilisierung der Beteiligten herzustellen und aufrechtzuerhalten. Angesichts der häufig von Ohnmachtserfahrungen und Vulnerabilität geprägten Lebenssituation von geflüchteten Personen ist die professionelle Begleitung der Tandems und insbesondere auch der Freiwilligen besonders wichtig.

Positive Wirkungen und Entwicklungspotenzial

Die Evaluation hat gezeigt, dass Tandembeziehungen vielfältige positive Wirkungen entfalten können. Dazu gehören emotionale Unterstützung, Hilfe bei administrativen Tätigkeiten, bessere Orientierung in der Wohngemeinde und die Förderung des sozialen Zusammenhalts.

Insgesamt hat sich das Tandemprogramm des Kantons Zürich als wertvolle Initiative für die Unterstützung im Integrationsprozess und die Förderung des gesellschaftlichen Zusammenlebens erwiesen. Die fachliche Qualität und die strukturellen Rahmenbedingungen bieten eine gute Grundlage, um den Erfolg des Programms auch in Zukunft zu sichern.

Auf der Grundlage der Evaluation wurden fünf Entwicklungsfelder und zwölf Empfehlungen für das Tandemprogramm formuliert. Dazu gehören eine proaktivere Rolle der Fachstelle Integration im Qualitätsmanagement, die Förderung sozialarbeiterischer Kompetenzen der Koordinator:innen, die Weiterentwicklung von Weiterbildungsangeboten für freiwillig Tätige sowie die verstärkte Nutzung von Synergien bei der Gewinnung von Freiwilligen.

Kontakt

/ Prof. Dr. Sylvie Johner-Kobi, Institut für Vielfalt und gesellschaftliche Teilhabe, ZHAW Soziale Arbeit, Tel. 058 934 88 48, E-Mail sylvie.johner-kobi@zhaw.ch

/ Prof. Dr. Eva Mey, Institut für Vielfalt und gesellschaftliche Teilhabe, ZHAW Soziale Arbeit, Tel. 058 934 88 89 26, E-Mail eva.mey@zhaw.ch

/ Regula Freuler, Kommunikation und Marketing, ZHAW Soziale Arbeit, Tel. 058 934 88 25, E-Mail kommunikation.sozialearbeit@zhaw.ch