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ZHAW-Forschende trainieren Enzym, das Plastik zersetzt

Das Enzym «PETase» kann Plastik abbauen, ist aber nicht sehr produktiv. ZHAW-Forschende trainieren das Enzym deshalb mittels «gerichteter Evolution», damit es künftig zum Trinkwasseraufbereiten oder Biorecycling genutzt werden kann. Maschinelles Lernen und ein massgeschneiderter Roboter sollen dies nun zusätzlich beschleunigen.

Jährlich werden etwa 359 Millionen Tonnen Plastik produziert, von denen sich bis zu 200 Millionen auf Mülldeponien oder in der Umwelt ansammeln. Im Pazifik beispielsweise hat sich eine Insel aus Plastikabfall gebildet, die dreimal so gross ist wie Deutschland. Ein Enzym könnte zur Lösung dieses Umweltproblems beitragen: Im Jahr 2016 entdeckten japanische Forschende in der Bodenprobe einer PET-Recyclinganlage in Osaka ein Protein, das PET abbauen kann. Es stammt aus dem Bakterium Ideonella sakaiensis und ist mutmasslich als Reaktion der Natur auf die vielen Plastikabfälle entstanden. Das grosse Ausmass an Plastik in der Umwelt gibt es jedoch erst seit wenigen Jahrzehnten, wodurch die natürliche Evolution noch nicht genug Zeit hatte, eine perfekte Lösung zu entwickeln. Das Enzym PETase ist daher aktuell zu wenig produktiv, um im Kampf gegen Plastik einen relevanten Beitrag zu leisten. Dies möchte ein Forschungsteam um Rebecca Buller am ZHAW-Institut für Chemie und Biotechnologie in Wädenswil – mit sogenannter «gerichteter Evolution» und neu unterstützt von einem Roboter sowie maschinellem Lernen – ändern. «Die verbesserten Enzymvarianten könnten in der Trinkwasseraufbereitung angewendet werden, um Mikroplastik abzubauen. Auch ein Einsatz im Biorecycling von PET-Abfall ist denkbar», so Rebecca Buller.

Effizientere Enzyme dank «gerichteter Evolution»

Seit einigen Monaten beschäftigen sich die ZHAW-Forschenden intensiv mit der Entwicklung von «PETase»-Enzymen. Dabei nutzen sie das 2018 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnete Verfahren der «gerichteten Evolution». Dieses imitiert im Labor die Mechanismen der natürlichen Evolution, um ausgewählte Eigenschaften von Enzymen zu verbessern. Sean Hüppi vom ZHAW-Institut für Chemie und Biotechnologie wendet es im Rahmen seiner Doktorarbeit bereits erfolgreich für die «PETase»-Enzyme an und erklärt: «Indem wir den Bauplan des Enzyms umschreiben, können wir Varianten mit einem leicht anderen Aufbau herstellen.» So sind bereits mehrere Hundert Enzymvarianten entstanden. Zu diesen geben die ZHAW-Forschenden Mikroplastik und beobachten dann, welche Enzymvariante das Plastik am schnellsten abbaut. «Nach der ersten Evolutionsrunde sehen wir bereits eine mehrfache Verbesserung der Enzym-Aktivität», so Hüppi. Die effizientesten Enzyme dienen nun als Startbauplan für die Wiederholung des Vorgehens.

Massgeschneiderter Roboter und künstliche Intelligenz

Weltweit kommt die «gerichtete Evolution» zwar bereits bei einer Handvoll «PETase»-Forschungsprojekten zur Anwendung. Mit dem Einsatz eines neuartigen Roboters und künstlicher Intelligenz geht die ZHAW nun aber neue Wege. «Wir gehen davon aus, dass wir mit maschinellem Lernen sowie einer Automatisierungsplattform die Laborevolution der PETase nochmals deutlich beschleunigen werden», so Forschungsleiterin Rebecca Buller. Die spezialisierte Plattform für das Enzymscreening wurde von der Firma Tecan mit Sitz in Männedorf für die ZHAW hergestellt. Ab Oktober 2020 automatisiert sie Laborarbeit, die bisher von Hand gemacht wurde. Der Roboter kann einige Tausend verschiedene PETase-Varianten pro Woche herstellen und vermessen – eine Person benötigt dafür fast zehnmal so viel Zeit.

Zusätzlich nutzt die Forschungsgruppe für die Enzymentwicklung künstliche Intelligenz: die verwendeten Algorithmen machen auf Basis der im Labor gewonnenen Daten Optimierungsvorschläge für den Aufbau der Enzyme, also für die Abfolge der natürlichen Enzym-Bausteine, der Aminosäuren. Damit kann beispielsweise gezielt ermittelt werden, welche Aminosäuren im Enzym für den schnellen PET-Abbau eine tragende Rolle spielen. «Algorithmen stellen ganz andere kombinatorische Zusammenhänge her als Menschen», so Hüppi. Für die Entwicklung der Algorithmen und die Auswertung der Daten arbeitet die ZHAW eng mit der Forschungsgruppe von Andreas Krause am Institut für Maschinelles Lernen der ETH Zürich zusammen. Das Projekt wird im Rahmen des neuen Nationalen Forschungsschwerpunkts «Catalysis» gefördert.

Kontakt

Prof. Dr. Rebecca Buller, Fachstelle Biokatalyse und Prozesstechnologie, ZHAW-Departement Life Sciences und Facility Management, Tel. 058 934 54 38, E-Mail rebecca.buller@zhaw.ch   

Cornelia Sidler, Kommunikation, ZHAW-Departement Life Sciences und Facility Management, Tel. 058 934 53 66, E-Mail cornelia.sidler@zhaw.ch