Faire Staatswirtschaft: Analyse der Wettbewerbsbedingungen und Regelungsinstrumente de lege lata und de lege ferenda
Beschreibung
Die Frage, welche Voraussetzungen das öffentliche Recht vorzusehen hat, um eine faire wirtschaftliche Betätigung des Staates zu gewährleisten, ist durch den Entscheid des Bundesgerichts betreffend Glarnersach (BGE 138 I 378 ff.) in den Fokus von Wissenschaft, Politik und breiter Öffentlichkeit gerückt. In der Lehre und Rechtsprechung besteht heute weitgehend – von gewissen Einzelfragen abgesehen – Einigkeit, dass die staatliche Wirtschaftstätigkeit in Konkurrenz zu Privaten grundsätzlich zulässig ist, sofern sie sich auf eine gesetzliche Grundlage stützen kann; die wirtschaftliche Betätigung des Staates muss sodann im öffentlichen Interesse liegen sowie verhältnismässig und wettbewerbsneutral ausgestaltet sein. Aus verfassungsrechtlicher Sicht wird dabei insbesondere dem Grundsatz der Wettbewerbsneutralität besondere Bedeutung eingeräumt. Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen lassen einen erheblichen Interpretationsspielraum offen. Wenn der Staat in Konkurrenz zu Privaten am Wettbewerb teilnimmt, ist er gegenüber privaten Unternehmen häufig sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht privilegiert (z.B. Steuerbefreiung, Darlehen zu Vorzugsbedingungen, Staatsgarantie, kostengünstig verfügbare eigene Infrastruktur, Quersubventionierung etc.), ohne dass diese Vorzugsstellung zwingenderweise verfassungswidrig ist. Verschiedene Autoren sind sich darin einig, dass private Wirtschaftsteilnehmer weder durch die Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 i.V.m. Art. 94 BV) noch durch das Wettbewerbsrecht wirksam gegen derartige Wettbewerbsvorteile geschützt sind. Mit Blick auf die zumindest potenziell wettbewerbsverzerrenden Wirkungen staatlicher Wirtschaftstätigkeit fragt sich, ob die genannten verfassungsrechtlichen Schranken genügen, um faire Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten. Diese Frage lässt sich nicht ohne eine Analyse der Rahmenbedingungen beantworten. In den bisherigen Publikationen ist eher selten untersucht worden, wie sich die staatliche Wirtschaftstätigkeit auf die Wettbewerbsverhältnisse auswirkt und inwiefern die Vorteile geeignet sind, den Wettbewerb zu verfälschen. Das vorliegende Forschungsvorhaben will deshalb in einem ersten Teil die Rahmenbedingungen untersuchen. Mit Hilfe dieser Analyse sind in einem zweiten Teil die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen – unter Berücksichtigung des Völker- und Europarechts – kritisch zu hinterfragen und es sind gegebenenfalls neue Regelungsinstrumente de lege ferenda vorzuschlagen.
Eckdaten
Projektleitung
Projektteam
Dr. Phil Baumann, Natascha Boucher-Kind
Projektstatus
abgeschlossen, 10/2015 - 09/2019
Institut/Zentrum
Institut für Regulierung und Wettbewerb (IRW)
Drittmittelgeber
SNF-Projektförderung / Projekt Nr. 159641
Projektvolumen
350'000 CHF