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Vom Formular zum Dialog: Neue Wege der Auftragserteilung in der Finanzbranche

Beschreibung

Formulare bestimmen die Kommunikation zwischen Frontoffice und Backoffice in Banken. Für Kundenberater ist dies herausfordernd, da sie mit dem Kunden in einer dynamischen und gering strukturierten Interaktionsbeziehung stehen, während das Backoffice transaktionsorientiert und in hohem Masse formalisiert arbeitet. Die Transformationsleistung erbringt der Kundenberater. Kundenanliegen müssen verstanden, der auszulösende Geschäftsfall erkannt, das richtige Formular gefunden, ausgefüllt und zur Verarbeitung an die richtige Stelle im Backoffice weitergeleitet werden. Gelingt dies nicht, unvollständig oder fehlerhaft oder treten im Prozessverlauf Rückfragen auf, kommen unstrukturierte E-Mails, Telefonate oder persönliche Gespräche zum Einsatz. Banken haben sich mit dieser Situation arrangiert, Formulare sind Teil der Kultur. Optimierungs- und Digitalisierungsbemühungen konzentrieren sich bis heute auf die Bereitstellung und Verarbeitung von Formularen im Prozess, ohne das Konzept „Formular“ grundlegend zu hinterfragen. Die Vielfalt der schwach strukturierten Kundenanliegen liefert zudem häufig keine überzeugenden Business Cases für klassische Prozessautomatisierung oder die Entwicklung einzelner Schnittstellen und Anwendungen für Front-End-Eingaben im Kernbankensystem.An diesem Punkt setzt die im Rahmen dieses Forschungsprojektes entstandene prototypische Lösung auf. Mit ihr wird das Formular-Paradigma zwischen Kundenberater und Backoffice durchbrochen und die Grundvoraussetzung für weitere Digitalisierungsschritte geschaffen. An die Stelle der Formulare tritt ein Dialoganwendung, die den Kundenberater befähigt, in möglichst wenigen Dialogschritten, den relevanten Geschäftsfall auszuwählen, die minimal notwendigsten Instruktionen zu hinterlegen und einen Auftrag auszulösen. Die validierten Aufträge werden an die korrekte Stelle im Backoffice disponiert und manuell mutiert. Für zwei Auftragstypen können die Aufträge mittels Robotic Process Automation (RPA) durchgängig automatisiert front-to-back abgewickelt werden.Die prototypische Lösung wurde im Rahmen eines human-zentrischen Vorgehens vom Forschungspartnerin ZHAW mit dem Hauptumsetzungspartner Synpulse Schweiz AG und der Pilotumsetzungspartnerin St. Galler Kantonalbank in einem iterativen Prozess erarbeitet und getestet. Contextual Inquiries mit Backoffice-Mitarbeitenden, Kundenberatern und Kundenberater-Assistenten unterschiedlicher Profile lieferten die Grundlagen für das Dialogdesign. Die untersuchten Geschäftsfälle konnten auf der Grundlage der mit den Kundenberatern und Assistenten identifizierten Problemszenarien auf granulare Anwendungsfälle heruntergebrochen und prototypisch umgesetzt werden. Die aus den Contextual Inquiries abgeleiteten übergeordneten Akzeptanzkriterien (Schnelligkeit, reduzierte Komplexität, Transparenz) und die darauf ausgerichteten Interaktionsmuster konnten bei den Testings mit Kundenberatern und Assistenten validiert werden.Die Herausforderung ein konfigurierbares und erweiterbares Produkt zu schaffen, stand im Fokus der zweiten Iteration. Während die erste Iteration auf die Identifikation geeigneter Interaktionsmuster ausgerichtet war, wurde der Prototyp im Rahmen der zweiten Iteration in eine für die Bank konfigurierbare Lösung verwandelt. Im Rahmen eines Enduser-Testings mit dem Backoffice gelang es, eine neue Variante eines bestehenden Anwendungsfalls abzubilden sowie einen neuen Anwendungsfall zu erstellen. Mit der Konfigurierbarkeit der Lösung wurde nicht nur die Grundlage für ein marktfähiges Produkt und somit die Realisierung des Business Cases des Hauptumsetzungspartners geschaffen, sondern auch ein Application Framework für semistrukturierte Dialoganwendungen. Das Framework ist auf andere Domänen übertragbar und ermöglicht Entwurf und Prototyping semistrukturierter Dialoganwendungen im Kontext angewandter Forschung & Entwicklung.Die abschliessende Iteration konzentrierte sich auf den Proof of Value im Sinne einer durchgängigen Automatisierung. Auch wenn die Relevanz der Lösung für die Zielgruppe kleiner und mittlerer Banken bereits mit der intuitiven und schnellen Erstellung eines vollständigen, korrekt disponierbaren und manuell ausführbaren Auftrags gegeben ist, stellt die automatisierte Ausführung des Auftrages mittels Robotic Process Automation (RPA) ein Zusatznutzen dar. Auch mit Blick auf eine mögliche Erweiterung der Lösung in Richtung Endkunden, die so einfache Aufträge ohne Einbezug des Kundenberaters auslösen könnten, ist diese Durchgängigkeit inklusive Echtzeitfeedback zum ausgeführten Auftrag interessant.

Eckdaten

Projektleitung

Andreas Barattiero, Raphael Bianchi, Elke Brucker-Kley, Marc Mallepell

Stellv. Projektleitung

Andri Färber

Co-Projektleitung

Projektpartner

Synpulse Schweiz AG; St.Galler Kantonalbank AG

Projektstatus

abgeschlossen, 11/2017 - 02/2019

Institut/Zentrum

Institut für Wirtschaftsinformatik (IWI)

Drittmittelgeber

KTI-Projekt / Projekt Nr. 27130.1 PFES-ES

Projektvolumen

280'000 CHF