Psychische Gesundheitskompetenz von Lehr- und Betreuungspersonen
MHL-T
Beschreibung
Psychische Krankheiten im Kindes- und Jugendalter sind in den letzten Jahrzehnten zu einem der wichtigsten Themen der öffentlichen Gesundheit geworden. Für Betroffene bedeuten sie erhebliche Belastungen in allen Lebensbereichen. Die Studie untersucht die psychische Gesundheitskompetenz, die Einstellungen, Erfahrungen, Kompetenzen und das Wissen, von Lehr- und Betreuungspersonen in Bezug auf psychische Belastungen, Störungen und Erkrankungen bei Schülerinnen und Schülern (SuS). In der Schweiz gibt es bisher kaum Daten, um bedarfsgerechte Angebote entwickeln zu können.
Einleitung
In der Studie wurden im Schuljahr 2019/2020 alle in Winterthur tätigen Lehrpersonen sowie andere im Klassenkontext tätige pädagogische Fachpersonen (N = 1514) der obligatorischen Schulstufen online befragt. Die Teilnahmerate lag bei 38% (564 Personen). Die Zusammensetzung der Lehrpersonen war für die obligatorischen Schulstufen in Winterthur repräsentativ.
Methoden
Fast alle Befragten hatten in den letzten 12 Monaten mindestens eine Schülerin oder einen Schüler mit einer psychischen Belastung, Störung oder Erkrankung betreut oder unterrichtet, durchschnittlich waren es 4.7. Die Analysen zeigten Unterschiede nach Schulstufe und Schulfunktion. Ein Drittel der Befragten (34%) schätzte sich im Umgang mit belasteten SuS als erfahren oder sogar sehr erfahren ein, zwei Fünftel (42%) fühlten sich teilweise sicher und ein Viertel (23%) wenig oder gar nicht erfahren. Ältere Teilnehmende und solche, die in den letzten 12 Monaten mehr belastete SuS unterrichtet oder betreut haben, schätzten sich als erfahrener ein.Die Teilnehmenden nutzten am häufigsten persönliche Kontakte (98%), Internetseiten (91%) und Printmedien (90%), um sich über psychische Belastungen ihrer SuS zu informieren. Sie erkannten die Problematik betroffener SuS aber nicht nur aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen und Recherchen, sondern wurden auch oft von den Eltern (55%), von Arbeitskolleg*Innen (43%) und pädagogisch-therapeutischen Fachpersonen (35%) auf betroffene SuS angesprochen. Während sie in den Primarstufen eher von den Eltern angesprochen wurden, fand die Kommunikation auf den höheren Schulstufen öfters direkt mit den SuS statt.Während der Mehrheit der Befragten (71%) genügend geeignete Tools, Lehrmittel und Angebote zum Thema soziales Lernen zur Verfügung standen, sagte ein Drittel (32%), dass ihnen nicht genügend Tools, Lehrmittel und Angebote zum Thema psychische Gesundheit zur Verfügung standen. Den meisten Befragten fiel es daher schwer, das Thema psychische Gesundheit in den Schulalltag zu integrieren. In Bezug auf beide Themen wünschen sich die Teilnehmenden mehr Weiterbildungen sowie Unterstützung oder Empfehlungen von externen Fachpersonen. Die Analyse der Gesundheitskompetenz zeigte, dass die Befragten eine hohe subjektive Kompetenz äusserten, Informationen zu psychischer Gesundheit von SuS zu finden und zu verstehen, es ihnen jedoch schwerer fiel, zu beurteilen, ob die gefunden Informationen auch korrekt sind. Erstmals wurde in der Schweiz auch die psychische Gesundheits- und Handlungskompetenz von Lehr- und Betreuungspersonen, anhand der Einstellung, der Erfahrung und dem Wissen der Teilnehmenden in Bezug auf die psychische Gesundheit der SuS untersucht. Konkret wurden verschiedene Dimensionen zum Verhalten und zu Handlungsoptionen für konkrete Situationen und beispielhafte Kontexte mit psychisch belasteten SuS erfasst. Die meisten Befragten verfügten allgemein über eine hohe psychische Handlungskompetenz, zeigten aber punktuelle Wissenslücken betreffend konkreten Störungsbildern (z. B. Suizidalität), abhängig von der Schulstufe und dem Alter der Befragten.Eine qualitative Auswertung zeigte, dass es aus der Perspektive der Befragten nebst medizinischer und schulischer Unterstützung notwendig wäre, die Gesundheitsressourcen der SuS zu stärken.
Ergebnisse
Die Studienerkenntnisse legen nahe, dass Schulprogramme im Bereich psychische Gesundheit nicht nur auf struktureller, sondern auch auf individueller Kompetenzebene ansetzen müssten. Zusammen mit den Winterthurer Schulbehörden werden in einem weiteren Schritt konkrete Handlungsempfehlungen formuliert.
Fazit
Eckdaten
Co-Projektleitung
Dr. Kurt Albermann, Prof. Dr. Julia Dratva, Dominik Robin
Projektpartner
Stadt Winterthur / Zentralschulpflege; Kantonsspital Winterthur KSW
Projektstatus
abgeschlossen, 05/2019 - 04/2021
Institut/Zentrum
Institut für Public Health (IPH)
Drittmittelgeber
Öffentliche Hand (ohne Bund)
Weiterführende Dokumente und Links
Publikationen
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Measuring mental health action competencies in school teachers : internal and external validity evidence
2024 Kerry, Matthew J.; Robin, Dominik; Albermann, Kurt; Dratva, Julia
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Teachers’ mental health literacy and action competencies
2024 Dratva, Julia; Kerry-Krause, Matthew J.; Albermann, Kurt; Robin, Dominik
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Schulprogramme zur Förderung der psychischen Gesundheit : die psychische Gesundheitskompetenz von Lehrpersonen als wichtiger Umsetzungsfaktor
2023 Robin, Dominik; Albermann, Kurt; Dratva, Julia
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Psychische Gesundheitskompetenz von Lehr- und Betreuungspersonen : eine Befragung von Lehr- und Betreuungspersonen im Hinblick auf psychische Belastungen, Störungen und Erkrankungen von Schülerinnen und Schülern in Winterthur
2021 Robin, Dominik; Messerle, Natalie; Mehdiyeva, Ramila; Albermann, Kurt; Dratva, Julia