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Faire Wohn- und Arbeitsbedingungen für Sexarbeiter:innen in der Stadt Zürich

Beschreibung

Ausgangslage

In der Sozialarbeitsforschung werden Vulnerabilität und Resilienz nicht ausschliesslich als individuelle Eigenschaft einer Person verstanden, vielmehr interessieren die Lebensbedingungen und Strukturen, die zu besonderer oder erhöhter Verletzlichkeit führen. Was die Lebenslagen von Sexarbeiter:innen anbelangt, gibt es eine starke Wechselwirkung zwischen Finanzen, Wohnverhältnissen, Arbeitsort, sozialem Netz, persönlicher Autonomie und Gesundheit. Wenn beispielsweise Mieten den finanziellen Druck erhöhen, kann dies dazu führen, dass Sexarbeitende bei der Arbeit höhere Risiken eingehen, Gesundheitspräventionsmassnahmen missachten oder eher Opfer von Gewalt und Druckausübung werden. Bislang wenig erforscht ist, welche Organisationsformen von Sexarbeit die Vulnerabilität reduzieren. Politisch wird auf grundsätzlicher Ebene darüber gestritten, ob die Prohibition oder eine liberale Regulierung Ausbeutung und Vulnerabilität befeuern oder nicht. Dabei würde ein Blick in die Vulnerabilitätsforschung zeigen, dass dies weniger eine Frage der Modelle und Systeme ist, sondern ihrer konkreten Umsetzung. Aufgrund dieser Überlegung sollen im vorliegenden Forschungs- und Entwicklungsprojekt mögliche Organisationsformen von Sexarbeit entworfen werden, die die Wohn- und Arbeitsbedingungen von Sexarbeiter:innen so gestalten, dass wesentliche Vulnerabilitätsfaktoren entschärft werden und dass der von den Wohn- und Arbeitsbedingungen in der Stadt Zürich ausgehende finanzielle, rechtliche und soziale Druck insgesamt tief ist. Die grundsätzliche Armut und prekäre Lebenslage vieler Sexarbeiter:innen wird dadurch nicht behoben, es sollen aber wesentliche Belastungen wegfallen und Entlastungen erfolgen.

Ziele

Ziel dieses Forschungsprojekts ist es herauszufinden, welche Wohn- und Arbeitsformen für Sexarbeiter:innen in der Stadt Zürich geeignet wären, um

  • eine möglichst selbständige und selbstbestimmte Ausübung der Sexarbeit zu ermöglichen,
  • bestehende Abhängigkeits- oder Ausbeutungsverhältnisse zu beseitigen oder wenigstens zu entschärfen,
  • gesundheitliche, soziale, finanzielle und rechtliche Risiken zu verringern,
  • den Zugang zu sozialer, medizinischer, finanzieller und juristischer Unterstützung zu erleichtern,
  • möglichst keine neuen Abhängigkeiten zu schaffen und
  • Selbstwirksamkeit zu erfahren.

Konkret sollen mehrere Varianten möglicher Wohn- und Arbeitsformen beschrieben und nach einem noch zu erarbeitenden Kriterienkatalog bewertet werden. Denkbar sind ein selbstverwaltetes Bordell, preisgünstige Wohn- und Arbeitsorte mit oder ohne Betreuung oder Begleitung und vieles mehr. Bereits ausgeschlossen wird hingegen die Realisierung eines staatlich betriebenen Bordells, weil sich der Gemeinderat der Stadt Zürich 2016 dagegen ausgesprochen hat. Die Beschreibung dieser Varianten soll nicht ausschliesslich, aber insbesondere folgende Themen abdecken:

  • Zielgruppe(n) und Zielsetzungen
  • Angebot und Leistungen
  • Organisationsform und Betriebskonzept
  • Umfang, Grösse
  • möglicher Ort
  • Sicherheit
  • Zu erwartende Kosten, Finanzierungsformen

Das Ergebnis wird in Berichtsform festgehalten und dient als Entscheidungsgrundlage für das weitere Vorgehen, z.B. für das Ausarbeiten eines Pilotprojekts.

Vorgehen

Vorstudie

  • Literaturrecherche
  • Telefonische Befragung von Beratungsstellen in anderen Schweizer Städten und im Ausland
  • Befragung von Sexarbeiter:innen

Auswertung und Aufbereitung der Vorergebnisse Das Forschungsteam trägt alle Ergebnisse zusammen, erfasst sie in einer Auswertungssoftware, wertet die Ergebnisse aus und bildet Hypothesen. Ergebnisse und Hypothesen werden aufbereitet und allen Beteiligten zur Verfügung gestellt. Vier Expert:innen Workshops Die Varianten für mögliche zukünftige Wohn- und Arbeitsformen für Sexarbeiter:innen werden in einer Serie von vier Expert:innen-Workshops erarbeitet.Die Teilnehmenden erhalten die Ergebnisse der Vorstudie und der vorhergehenden Workshops schriftlich zugestellt, mit der Bitte sie zu studieren und gegebenenfalls auch in der Organisation zu diskutieren. In den halbtägigen Workshop soll erstens alles in der Stadt Zürich vorhandene Expert:innenwissen zusammengetragen, zweitens sollen mögliche zukünftige Wohn- und Arbeitsformen skizziert werden. Abweichungen und Widersprüche sollen dabei ausgeräumt und ein konsensuales Ergebnis gefunden werden. Ist dies nicht möglich, werden die Abweichungen beschrieben und begründet.

Eckdaten

Projektleitung

Projektpartner

ProCoRe - Das nationale Netzwerk für die Rechte von Sexarbeitenden

Projektstatus

laufend, gestartet 01/2024

Institut/Zentrum

Institut für Sozialmanagement (ISM)

Drittmittelgeber

Stadt Zürich / Soziale Einrichtungen und Betriebe SEB