Deckensysteme mit Beton – nachhaltig konstruieren
Betondecken prägen die Bautätigkeit in der Schweiz. Der hohe Energieverbrauch und die beträchtlichen CO2-Emissionen stellen den grossflächigen Einsatz heute infrage. Die Forschungsarbeit zeigt auf, wie mit den aktuellen Möglichkeiten materialeffizientere Betondecken mit einem deutlich reduzierten ökologischen Fussabdruck hergestellt werden können.
Beschreibung
Betondecken prägen die Bautätigkeit in der Schweiz seit Jahrzehnten. Die vor Ort ausgeführte Stahlbetonkonstruktion leistet dabei auf verschiedenen Ebenen hervorragende Dienste. Durch die Kombination von druckfestem Beton und zugfestem Stahl werden Deckenkonstruktionen möglich, die über Anpassung der Dimensionierung und des Bewehrungsgehalts an unterschiedliche Spannweiten angepasst werden und diese stützenfrei überspannen. Die Herstellung mittels Giessverfahren erlaubt die Ausbildung unterschiedlichster Geometrien sowie den einfachen kraftschlüssigen Anschluss an vertikale lastabtragende Bauteile; Haustechnik kann so effizient und zeitsparend eingelegt werden.
Stahlbetondecken verfügen über eine hohe Feuerwiderstandsdauer sowie ein hohes Wärmespeichervermögen. Aufgrund ihrer hohen Dichte sind sie zudem beim Schallschutz beliebt, da sie kaum in Schwingung versetzt werden. Die häufige Anwendung in der lokalen Bauwirtschaft hat zu einer enormen Effizienz in der Ausführung und damit zu niedrigen Erstellungskosten geführt. Die Überdimensionierung von Decken zur Aufnahme von technischen Installationen und der steigende Materialeinsatz wurden aus wirtschaftlicher Perspektive lange kaum hinterfragt. Mit der unbestrittenen Notwendigkeit von nachhaltigen Bauweisen gerät die Betondecke unter Druck: Der hohe Energieverbrauch und die beträchtlichen CO2-Emissionen bei der Herstellung sowie die Forderung nach der Rückbaubarkeit von Gebäuden stellen den grossflächigen Einsatz von Betondecken infrage.
Zur Erreichung der Pariser Klimaziele werden im Bausektor leistungsfähige sowie material- und energieoptimierte Konstruktionen benötigt. Der Einsatz treibhausgasoptimierter Konstruktionen gründet auf fundiertem, spezifischem Basiswissen zu Materialeigenschaften und Konstruktionsprinzipien sowie der Ökobilanz der verwendeten Materialien. Die bisherige Betrachtung der Ökobilanz einzelner Materialien wird abgelöst durch die Bilanzierung gefügter Konstruktionen am Bauobjekt. Durch die ganzheitliche Betrachtung können entscheidende Aspekte wie Materialkombinationen und Abhängigkeiten sowie die Leistungsfähigkeit der ganzen Konstruktion miteinbezogen werden. Diese befähigt Architekturschaffende nachhaltige Konstruktionen zu entwerfen und damit ökologische Verantwortung bei der Gebäudekonzeption wahrzunehmen.
Im Hochbau sind Geschossdecken die volumenaufwändigsten und CO2-intensivsten Bauteile. Ihre Anforderungen bezüglich Tragfähigkeit, Brandschutz, Bauphysik und Haustechnik sind in der Vergangenheit kontinuierlich gestiegen, was zu zunehmend dickeren Betondecken geführt hat, mit hohem Anteil an grauer Energie und entsprechenden CO2-Emissionen bei der Herstellung. Es ist eine Verdoppelung der Deckenstärke innerhalb der letzten 50 Jahre zu beobachten, welche nicht der Statik, sondern der vielen Haustechnikeinlagen und dem Schallschutz geschuldet ist. Verstärkt durch bis anhin günstige Rohstoffpreise bei hohen Lohnkosten haben sich zeitsparende Lösungen gegenüber materialeffizienten durchgesetzt.
Durch gezielte Systemtrennung und wohlüberlegtem Einsatz von Material und Konstruktion ist heute ein optimierter Einsatz von Betonkonstruktionen möglich. Mit den aktuellen Normen und Entwicklungen sowie konstruktiven Möglichkeiten können materialeffizientere Betondecken mit einem deutlich reduzierten ökologischen Fussabdruck hergestellt werden. Diese Möglichkeiten werden anhand dieser Forschungsarbeit aufgezeigt.
Das Vorgehen in der Forschungsarbeit erfolgt in zwei Schritten. In einem ersten Schritt werden Betonflachdecken und Betonverbunddecken anhand von 6 Deckenkonstruktionen aus der Praxis untersucht und deren Eigenschaften bezüglich heute geltender Anforderungen analysiert sowie deren Ökobilanzen berechnet. Bei der Analyse der Deckensysteme werden folgende Kriterien untersucht: Nutzung, Tragfähigkeit, Erfüllung von Brand- und Schallschutzanforderungen, Dauerhaftigkeit, mögliche Wiederverwendung von Konstruktion und Material sowie verursachte Umweltbelastung, Graue Energie und CO2-Emissionen. In einem zweiten Schritt werden die Erkenntnisse ausgewertet und Verbesserungspotentiale hinsichtlich deren Ökobilanz aufgezeigt.
Eckdaten
Projektleitung
Stellv. Projektleitung
Projektteam
Projektpartner
cemsuisse Verband der Schweizerischen Cementindustrie
Projektstatus
laufend, gestartet 01/2024
Institut/Zentrum
Institut Konstruktives Entwerfen (IKE); Institut Bautechnologie und Prozesse (IBP)
Drittmittelgeber
cemsuisse Verband der Schweizerischen Cementindustrie
Projektvolumen
85'000 CHF