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Mediennutzung von Schweizer Jugendlichen: Bestimmte Formen könnten das Wohlbefinden beeinflussen

Die meisten Jugendlichen in der Schweiz fühlen sich gesund. Jedoch leiden viele unter gesundheitlichen Beschwerden wie Kopf- und Rückenschmerzen, Müdigkeit oder Konzentrationsschwierigkeiten. Dies zeigt der neuste JAMESfocus-Bericht der ZHAW und Swisscom.

Neun von zehn Jugendlichen in der Schweiz fühlen sich gesund oder bewerten ihren Gesundheitszustand gar als ausgezeichnet. Trotzdem berichten viele Jugendliche über regelmässige gesundheitliche Beschwerden. Dies zeigt der aktuelle JAMESfocus-Bericht der ZHAW Fachgruppe Medienpsychologie und Swisscom. Die Forschenden untersuchten den Zusammenhang zwischen Mediennutzung und der Gesundheit von 12- bis 19-jährigen Jugendlichen in der Schweiz. Über die Hälfte der Jugendlichen ist regelmässig müde (53 Prozent täglich oder mehrmals pro Woche). Gut ein Fünftel hat regelmässig Konzentrationsprobleme, ist gereizt, hat schlechte Laune oder ist nervös. Somit treten psychische Beschwerden etwas häufiger auf als körperliche. Etwas weniger als ein Fünftel wird regelmässig von Rücken- oder Kopfschmerzen geplagt. Auch um die Schlafqualität steht es nicht besonders gut: So berichten 21 bzw. 16 Prozent von regelmässigen Einschlaf- oder Durchschlafproblemen.

Mediennutzung und Gesundheit

Die Forschenden vermuten einen Zusammenhang zwischen bestimmten Formen der Mediennutzung und den von Jugendlichen berichteten gesundheitlichen Beschwerden. Die Ergebnisse zeigen, dass zum Beispiel ein kleiner Zusammenhang zwischen der Internetnutzungsdauer und häufigen körperlichen Beschwerden besteht. «Wer Bildschirmmedien intensiv nutzt, bewegt sich oft weniger und langes Sitzen in ungünstigen Positionen oder repetitive Bewegungsabläufe können zu Rücken- und Nackenschmerzen oder Augenbeschwerden führen», sagt der ZHAW-Medienpsychologe Gregor Waller. Weiter fanden die Forschenden einen Zusammenhang zwischen negativen Medienerfahrungen und dem psychischen Wohlbefinden. Jugendliche, die belastende Erfahrungen mit Cybermobbing oder -grooming gemacht haben, berichten häufiger von psychischen Beschwerden und von Schlafproblemen.

In der Studie fanden sich zudem Hinweise, dass die intensive Nutzung sozialer Netzwerke mit psychischen Beschwerden und Schlafproblemen in Zusammenhang stehen könnte. «Die Eltern müssen genau hinschauen: Kinder, die sich zurückziehen, müde wirken oder nicht mehr richtig essen, sollten auch auf ihre Medienerfahrungen angesprochen werden, sagt Michael In Albon, Jugendmedienschutz-Beauftragter bei Swisscom. Die Befunde legen denn auch nahe, dass nicht die reine Nutzungsdauer ausschlaggebend ist für die psychische Gesundheit und die Schlafqualität von Jugendlichen, sondern dass inhaltliche Aspekte der Mediennutzung eine grössere Rolle spielen. «Die Ergebnisse geben Einblicke in mögliche Zusammenhänge», erklärt Waller. «Da es sich um eine Querschnitt-Studie handelt, können Ursache und Wirkung nicht eindeutig nachgewiesen werden. Es kann sein, dass die Mediennutzung gesundheitliche Beschwerden hervorruft – oder aber umgekehrt, dass die Gesundheit die Mediennutzung beeinflusst».

«Es kann sein, dass die Mediennutzung gesundheitliche Beschwerden hervorruft – oder aber umgekehrt, dass die Gesundheit die Mediennutzung beeinflusst.»

Gregor Waller, Medienpsychologe und Co-Leiter Fachgruppe Medienpsychologie

Positive Gesundheitsaspekte

Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass gewisse Freizeitaktivitäten einen positiven Einfluss auf die Gesundheit haben können. So fanden die Forschenden einen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von familiären Unternehmungen und der Schlafqualität. Jugendliche, die häufiger Zeit mit der Familie verbringen, scheinen weniger häufig Ein- oder Durchschlafprobleme zu haben. «Wer gemeinsam mit der Familie Zeit verbringt und beispielsweise Gesellschaftsspiele spielt, profitiert von der sozialen Unterstützung und pflegt oder verbessert die Beziehung zu den Eltern», sagt Waller. Dies wirkt sich positiv auf das Wohlbefinden aus.

Unterschiede bei Geschlechtern und Lebensumständen

Mädchen berichten häufiger von psychischen und körperlichen Beschwerden als Jungen. Am deutlichsten zeigt sich dies bei den Kopfschmerzen: rund 23 Prozent der Mädchen leiden regelmässig daran, während bei den Jungen nur acht Prozent davon betroffen sind. Zudem haben Mädchen häufiger Schulter- oder Bauchschmerzen. Die Geschlechts-Unterschiede könnten mit biologischen oder auch psychosozialen Faktoren erklärt werden. «Mädchen sind durch ihre Sozialisation häufig offener und aufmerksamer gegenüber ihrem psychischen und körperlichen Wohlbefinden», sagt Waller. Ausserdem können körperliche Entwicklungs- und Reifungsprozesse, die in der Pubertät stattfinden, eine Rolle spielen.
Weiter sind auch die die sozialen und finanziellen Lebensumstände (sozioökonomischer Status) wichtig: Die Ergebnisse zeigen, dass Jugendliche aus Familien mit eher tiefem sozioökonomischem Status häufiger von Gereiztheit und schlechter Laune berichten und sich allgemein weniger gesund fühlen.

JAMES-Studie und JAMESfocus-Bericht

Seit 2010 werden in der JAMES-Studie von der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften im Auftrag von Swisscom alle zwei Jahre über 1000 Jugendliche im Alter von 12 bis 19 Jahren in den drei grossen Sprachregionen der Schweiz zu ihrem Medienverhalten befragt. Die JAMESfocus-Reihe nutzt die Daten der JAMES-Studie und analysiert vertieft weitere Aspekte. In der JAMESfocus-Reihe 2019/2020 sind nebst diesem die Berichte «Digitale und audiovisuelle Medien im Unterricht» sowie «News und Fake News» erschienen.

Kontakt

ZHAW Departement Angewandte Psychologie, +41 58 934 84 08, tanja.vonrotz@zhaw.ch

Swisscom AG, Mediendienst, 3050 Bern, +41 58 221 98 04, media@swisscom.com