20 Jahre Diversität in Schweizer Führungsgremien: Studie untersucht Einflussfaktoren und Auswirkungen
Für die wissenschaftliche Untersuchung von Diversitätsaspekten in Schweizer Führungsgremien führt das Institut für Financial Management der ZHAW School of Management and Law ein Forschungsprojekt durch. Die Studie analysiert die Entwicklung der Diversität in Verwaltungsräten und Geschäftsleitungen, ihre Einflussfaktoren sowie ihre Auswirkungen auf zentrale Leistungsindikatoren der Unternehmen.
Regulatorische Anforderungen und Relevanz
Diversität ist in der Schweiz gesellschaftlich verankert. Divers aufgestellte Teams werden als Mehrwert betrachtet, wobei Diversität hinsichtlich Geschlechter, Alter, Ausbildung, Herkunft etc. verstanden wird. Die geschlechterbezogene Diversität in Führungsgremien hat der Gesetzgeber auch regulatorisch aufgenommen. Mit dem Inkrafttreten von Art. 734f OR am 1. Januar 2021 gelten für börsenkotierte Unternehmen Richtwerte von 30 Prozent Frauen im Verwaltungsrat und 20 Prozent in der Geschäftsleitung. Die gesetzliche Berichterstattungspflicht zur Erreichung dieser Quoten greift im Hinblick auf den Verwaltungsrat ab dem Geschäftsjahr 2026 und auf die Geschäftsleitung ab dem Geschäftsjahr 2031. Wird eine Quote nicht erreicht, sind im Vergütungsbericht die Gründe dafür sowie Massnahmen zur Förderung von Frauen als dem weniger stark vertretenen Geschlecht darzulegen.
Während die regulatorischen Anforderungen klar definiert sind, gibt es bislang jedoch keine umfassende empirische Analyse, welche die tatsächliche Entwicklung der Diversität in Führungsgremien sowie ihre Determinanten und ökonomischen Auswirkungen aufzeigt. Insbesondere fehlen Studien, die diese Zusammenhänge innerhalb von Schweizer Unternehmen genauer untersuchen. Das Forschungsprojekt der ZHAW setzt hier an und liefert eine solide empirische Grundlage.
Einzigartige Datenbasis ermöglicht tiefgreifende Analyse
Das Projekt nutzt eine umfassende Datengrundlage, die durch eine Zusammenarbeit mit der guido schilling ag erschlossen wird. Der seit 2005 jährlich erscheinende schillingreport (www.schillingreport.ch) dokumentiert systematisch die Zusammensetzung und Charakteristika der Führungsgremien von Schweizer Unternehmen. Diese einzigartige Datenbasis mit detaillierten Merkmalen der Führungskräfte über 20 Jahre (2005 bis 2024) wird im Rahmen des Projekts erstmals mit finanziellen Unternehmenskennzahlen verknüpft.
Die Analyse erfolgt mit einer Kombination aus klassischen ökonometrischen Methoden (OLS-Regressionen) und modernen Machine-Learning-Ansätzen. Letztere ermöglichen insbesondere die Identifikation nicht-linearer Zusammenhänge und komplexer Interaktionseffekte zwischen verschiedenen Einflussfaktoren. Modelliert werden sowohl die Determinanten der Diversität als auch ihre Auswirkungen auf zentrale Leistungsindikatoren der Unternehmen.
Mehrwert für verschiedene Marktteilnehmer
Die Ergebnisse des Projekts sind für unterschiedliche Akteure von hoher Relevanz:
Für Unternehmen liefert die Studie fundierte Erkenntnisse über die Faktoren, die eine diverse Besetzung von Führungsgremien fördern oder hemmen. Diese Erkenntnisse können direkt in die Governance-Praxis einfliessen und bei der optimalen Zusammensetzung von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung helfen.
Für Investor:innen bietet das Projekt eine empirische Basis für die Beurteilung von Governance-Chancen und -Risiken im Rahmen der ESG-Kriterien. Die Ergebnisse ermöglichen präzisere Einschätzungen für strategische Anlageentscheidungen und tragen zur umfassenden Bewertung von Unternehmen bei.
Für die Politik schafft die Studie eine Datengrundlage zur Evaluation bestehender Regelwerke wie Art. 734f OR. Die Analyse gibt Aufschluss über die Wirksamkeit aktueller Vorgaben und liefert Hinweise für deren mögliche Weiterentwicklung.
Für die Öffentlichkeit bietet das Projekt transparente, faktenbasierte Einblicke in die Entwicklung der Diversität in Schweizer Führungsgremien und fördert damit die gesellschaftliche Diskussion über Chancengleichheit und verantwortungsvolle Unternehmensführung.
Das Forschungsprojekt trägt insgesamt dazu bei, die Wissensgrundlage zum Thema Diversität in Führungsgremien durch Fakten zu verbessern und liefert empirisch fundierte Handlungsempfehlungen für eine nachhaltige Governance-Praxis in der Schweiz.
Kontakt

Dr. Lucas Knust
Dozent am Institut für Financial Management
+41 (0) 58 934 40 16
lucas.knust@zhaw.ch