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Nur jeder Vierte führt Symptomkontrolle nach Zeckenstich durch

Die dritte und letzte Symptomkontrolle 28 Tage nach einem Zeckenstich führen nur noch 25 Prozent der Betroffenen durch. Das zeigen Auswertungen der ZHAW-App «Zecke». Die Forschenden, welche die App entwickelt haben, sehen hier noch viel Präventionspotenzial.

Seit 2015 unterstützt die ZHAW-App «Zecke» Betroffene bei einem Zeckenstich. Fünf Tage nach dem Eintrag im sogenannten «Tagebuch» hilft die App mit dem ersten Kontrollaufruf, die Körperstelle des Zeckenstichs wiederzufinden und diese mit dem Symptombeschrieb abzugleichen. Ein Borreliose-Symptombild gibt einen Anhaltspunkt, um zwischen einer Hautirritation oder Eiterung und der typischen, mit Borreliose einhergehenden, Wanderröte unterscheiden zu können. Dem App-Aufruf zur ersten Kontrolle nach fünf Tagen folgen 36 Prozent aller App-Userinnen und -User. Die dritte und letzte Symptomkontrolle nach 28 Tagen führen noch 25 Prozent durch. «Diese Resultate zeigen, dass in der konsequenten Symptomkontrolle noch viel Präventionspotenzial steckt», erklärt App-Mitentwickler und ZHAW-Zeckenforscher Werner Tischhauser. Denn mit regelmässig durchgeführten Zecken-Checks am Abend und Symptomkontrollen habe es jede Nutzerin und jeder Nutzer selber in der Hand, das Risiko für zeckenübertragbare Krankheiten zu minimieren.

Datenerfassung meistens am Abend

Seit Lancierung der ZHAW-App «Zecke» im Jahr 2015 wurden nahezu 20 000 Zeckenstiche in der App erfasst. Wann die Stiche erfasst werden, zeigt eine aktuelle Erhebung der Forschenden am ZHAW-Departement Life Sciences und Facility Management. Die Auswertung der Daten belegt, dass die Zahl der eintreffenden Zeckenstichmeldungen am Morgen deutlich ansteigt und bis
17 Uhr ungefähr auf demselben Niveau bleibt. Zwischen 17 und 23 Uhr kommt das Tagebuch der Präventions-App besonders oft zum Einsatz, wenn 45,5 Prozent aller Zecken nach Entdeckung und Entfernung erfasst werden. Tischhauser sieht die Gründe dafür im menschlichen Verhalten: «Der abendliche Anstieg kann mit der Dusche nach einer Outdoor-Aktivität erklärt werden. Für den Anstieg am Morgen ab 6 Uhr könnten während der Morgentoilette entdeckte Zeckenstiche des Vortages verantwortlich sein.» Bei den Zeiten handelt es sich immer um den Zeitpunkt der Erfassung in der App. Der effektive Zeckenkontakt kann Stunden bis Tage vorher passiert sein. Der Tagesverlauf von registrierten Zeckensichtungen ist mit demjenigen der registrierten Zeckenstiche vergleichbar. Bei einer Zeckensichtung handelt es sich um eine frei herumkrabbelnde Zecke auf Haustieren, Kleidung oder Haut.

Mit Data Science für Public Health

Im Rahmen der Förderung des Themas «Health Research Hub» am ZHAW-Departement Life Sciences und Facility Management werden in den nächsten zwei Jahren App-Zeckendaten analysiert und für die Entwicklung eines dynamischen-räumlichen Zecken-Risikomodells verwendet. Der interdisziplinäre Lösungsansatz beinhaltet die Anwendung geografischer Informationssysteme, Data Science, Artificial Intelligence und Expertise der Zeckenbiologie und -prävention. Tagesaktuelle Visualisierungen der Zeckensituation sowie Prognosen sollen helfen, das Risiko für zeckenübertragene Krankheiten zu verringern und beispielsweise Lehrpersonen bei der Planung einer Waldprojektwoche unterstützen.

Nur jeder zweite Stich wird entdeckt

Zecken tun für eine Blutmahlzeit alles, dass ihr Stich vom Wirt, ob Tier oder Mensch, nicht bemerkt wird. Sie injizieren ein lokales Betäubungsmittel und einen entzündungshemmenden Stoff in die Stichstelle. Der so zugefügte Gerinnungshemmer sorgt dafür, dass das Speichel-Blut-Gemisch in der Sauggrube für die Blutmahlzeit flüssig bleibt. Diese raffinierten Mittel führen dazu, dass nur die Hälfte aller Zeckenstiche bemerkt werden. Um aber mögliche Symptome einer Borreliose zuordnen zu können, muss die Zecke entdeckt werden. «Konsequent durchgeführte Kontrollen helfen die Präventionswirkung deutlich zu erhöhen», erklärt Tischhauser.

Allgemeine Handlungstipps, Follow-up eines Zeckenstichs

Kommt es zu einem Stich, soll die Zecke rasch entfernt werden, um die Übertragung der Borrelien (Bakterien) zu verhindern. Ein Arztbesuch ist aufgrund eines Stiches nicht nötig. Erst wenn die kreisrunde Wanderröte um den Stich herum erscheint oder grippeartige Symptome auftreten, ist der Arztbesuch sinnvoll. Grippale Symptome können aber nicht nur bei einer Borreliose, sondern auch bei einer FSME-Infektion (Frühsommer-Meningoenzephalitis) auftreten. FSME ist eine durch das FSME-Virus ausgelöste Erkrankung, die eine Gehirn- und Hirnhautentzündung auslösen kann. Statistisch betrachtet muss man wegen eines Zeckenstichs aber keine Angst haben. Aus drei Prozent aller Zeckenstiche resultiert eine Borreliose, bei weniger als einem Prozent findet eine FSME-Infektion statt. Die Borrelien gelangen von der Zecke mit einer zeitlichen Verzögerung von rund 16 Stunden auf den Wirt, FSME-Viren werden sofort übertragen. Im Gegensatz zur FSME-Schutzimpfung existiert eine solche für die Borreliose nicht. Das Erkennen des Zeckenstichs und möglicher Borreliose-Symptome in der frühen Phase ist deshalb besonders wichtig.

Kontakte

Fachkontakt:

Werner Tischhauser, Wissenschaftlicher Mitarbeiter Forschungsgruppe Phytomedizin, ZHAW Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen, Telefon 058 934 56 77, E-Mail zecken.iunr@zhaw.ch

Medienverantwortliche:

Cornelia Sidler, Media Relations ZHAW Departement Life Sciences und Facility Management, Telefon 058 934 53 66, E-Mail cornelia.sidler@zhaw.ch