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Sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen: Vereine wünschen sich mehr Unterstützung bei der Prävention

Sport- und Freizeitvereine im Kanton Zürich messen der Prävention sexueller Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen grosses Gewicht bei. Dennoch gibt es Verbesserungspotenzial, wie eine Studie der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften zeigt.

Bei der Prävention sexualisierter Gewalt bei Kindern und Jugendlichen bieten Sport- und Freizeitvereine grosses Potenzial. Wie eine im Kanton Zürich durchgeführte Erhebung der ZHAW zeigt, bestehen bei Sportvereinen, Jugendverbänden sowie der offenen Kinder- und Jugendarbeit in der Präventionsarbeit jedoch Raum für Verbesserungen und ein Bedarf nach mehr Unterstützung. Die Mehrheit von rund 400 befragten Mitarbeitenden von Sportvereinen, Jugendverbänden sowie der offenen Kinder- und Jugendarbeit gaben an, dass die Prävention sexualisierter Gewalt in ihrer Institution ein relevantes Thema sei. «Dabei schätzten sie ihre Fähigkeit, Informationen zur Prävention zu finden, zu verstehen und anzuwenden, als hoch ein», sagt Studienleiter Frank Wieber vom ZHAW-Institut für Public Health. Diese positive Selbsteinschätzung sei erfreulich, reiche aber nicht aus, um sexualisierte Gewalt zu verhindern. So hätten Teilnehmende in der Umfrage von Verdachts- oder Vorfällen sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen in ihrer Institution berichtet: Bei den Sportvereinen gaben rund 6.2 % der Teilnehmenden solche Fälle an, bei den Jugendverbänden 21.2 % und bei der offenen Kinder- und Jugendarbeit 40.5 %.

Massnahmen werden zu wenig umgesetzt

«Die Prävention wird zwar als wichtig erachtet, es bestehen aber teilweise blinde Flecken sowie eine mangelnde Umsetzung konkreter Massnahmen», bilanziert Wieber. Bei 16 von 18 abgefragten konkreten Präventionsmassnahmen gab nur rund die Hälfte der Studienteilnehmenden an, dass ihre Institution diese umsetzt. Zu den Massnahmen gehört beispielsweise, dass der Schutz vor sexualisierter Gewalt in den Statuten festgelegt ist oder die Mitarbeitenden regelmässig zum Thema geschult werden. Die am häufigsten umgesetzte Massnahme sei das Weiterleiten von Betroffenen oder von Verdachts- und Vorfällen an eine externe Beratungsstelle, am seltensten werde ein Privatauszug (früher: Strafregisterauszug) von neuen Mitarbeitenden verlangt, so Wieber. «Bei der Umsetzung von Massnahmen besteht bei etwa der Hälfte der befragten Organisationen noch erhebliches Verbesserungspotenzial.» Erklärt wird das Fehlen von Präventionsmassnahmen einerseits damit, dass zwar ein Grossteil, aber nicht alle befragten Institutionen das Thema als relevant ansehen. «Darüber hinaus fehlen in den zumeist ehrenamtlich betriebenen Vereinen und Verbänden oftmals die Ressourcen, um konkrete Massnahmen umzusetzen», erläutert Wieber.

Grosser Bedarf nach Fachstelle

Die Erhebung ergab weiter, dass in den drei Bereichen – Sportvereine, Jugendverbände, offene Kinder- und Jugendarbeit – ein deutlicher Bedarf nach mehr Unterstützung bei der Erarbeitung und Umsetzung präventiver Massnahmen besteht. Eine Mehrheit der befragten Organisationen wünscht sich eine Fachstelle im ausserschulischen Bereich, welche die Vereine etwa mit Beratungen, beim Erstellen von Schutzkonzepten oder mit Informationsmaterialen unterstützt. Eine solche Fachstelle könnte bestehende Organisationen ergänzen, wie etwa den Verein VERSA, der im Sportbereich seit knapp 20 Jahren aktiv ist. «VERSA und andere Präventionsorganisationen sind ehrenamtlich organisiert und verfügen insbesondere für die Beratung oder die Aufarbeitung von Verdachtsfällen nur über begrenzte Ressourcen», sagt Wieber. Zudem biete der in allen Bereichen bestehende Bedarf grosses Potenzial für eine engere Zusammenarbeit und für Synergien zwischen den bestehenden Präventionsorganisationen.

Kinder und Eltern sensibilisieren

Handlungsbedarf macht die Studie des Weiteren bei der Sensibilisierung von Kindern und Jugendlichen aus. «Hier bräuchte es mehr Aufklärungsarbeit, beispielsweise dazu, was einen Übergriff darstellt», so Wieber. Auch bei den Eltern bestehe Potenzial, das Wissen über sexualisierte Gewalt zu erhöhen. Dies zeigt eine ebenfalls im Rahmen der Studie durchgeführte Befragung von 580 Eltern: Rund die Hälfte schätzte das eigene Wissen zwar als eher oder sehr stark ausgeprägt ein, die andere Hälfte beurteilte es jedoch als eher gemischt oder gering.

Die Studie wurde vom Verein zur Verhinderung sexueller Ausbeutung von Kindern im Sport (VERSA), dem Zürcher Stadtverband für Sport (ZSS), dem Zürcher Kantonalverband für Sport sowie von okaj Zürich in Auftrag gegeben.

Kontakt

  • Frank Wieber, Institut für Public Health, ZHAW-Departement Gesundheit, Tel. 058 934 43 47, E-Mail frank.wieber@zhaw.ch
  • Hermann Schumacher, Präsident Verein zur Verhinderung sexueller Ausbeutung – VERSA, Tel. 044 413 93 41, E-Mail schumacher@zss.ch
  • José Santos, Leiter Kommunikation, ZHAW-Departement Gesundheit,
    Tel. 058 934 63 84, E-Mail jose.santos@zhaw.ch