Von Chile bis zum Baltikum - das REE-Lab überwacht und analysiert Energienetze weltweit
Ohne präzise Echtzeitdaten bleibt die Ursache eines Blackouts oft im Dunkeln. Das Renewable Electrical Energy Laboratory (REE-Lab) der ZHAW School of Engineering liefert mit seiner WAMS-Technologie entscheidende Daten für die Analyse der Stabilität von Stromnetzen in der ganzen Welt – sei es bei einem landesweiten Stromausfall in Chile oder bei der Abkopplung der baltischen Staaten vom russischen Netz. Damit ist das REE-Lab eine unverzichtbare Stütze für Netzbetreiber und Forschende.
Winterthur, wir haben ein Problem! Wenn dringend Echtzeitdaten von Stromnetzen benötigt werden, geht der erste Hilferuf nicht nach Houston, sondern direkt an das Renewable Electrical Energy Laboratory (REE-Lab) des Instituts für Energiesysteme und Fluid-Engineering (IEFE) in Winterthur.
So auch am 25. Februar 2025, als 98 Prozent der Haushalte in Chile von einem flächendeckenden Stromausfall betroffen waren. Die Regierung verhängte den Ausnahmezustand und eine nächtliche Ausgangssperre. Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit wurden zusätzlich zu den Polizeikräften 3 000 Soldaten eingesetzt. Der Grund für den Blackout: Eine Fehlfunktion in den elektronischen und softwarebasierten Schutzsystemen führte zur Abschaltung einer 200 Kilometer langen 500-kV-Hochspannungsleitung zwischen den Kraftwerken Vallenar und Coquimbo. Dadurch geriet das nationale Stromnetz ins Wanken. Und weil es nicht gelang, andere Kraftwerke rechtzeitig hochzufahren, kam es zum landesweiten Blackout.
Die genaue Ursache des Ausfalls konnte Prof. Hector Chavez von der Universität Santiago de Chile auch dank der Daten der WAMS-Plattform des IEFE der ZHAW School of Engineering identifizieren. Ein solches Wide Area Measurement System (WAMS) ist eine hochentwickelte Technologie zur Echtzeitüberwachung und Steuerung von Stromnetzen über grosse geografische Gebiete hinweg. Durch den Einsatz synchronisierter Phasormessungen verbessert WAMS für die Netzbetreiber das Echtzeit-Wissen, wie es aktuell um ihre Netze steht. Damit tragen WAMS massgeblich zur Stabilität und Zuverlässigkeit moderner Stromnetze bei.
Die ZHAW arbeitet seit Jahren eng mit der Universität in Santiago de Chile zusammen. Dabei werden die Echtzeitdaten des chilenischen Stromnetzes in die WAMS-Plattform des IEFE eingespeist und in Winterthur überwacht. Mit Hilfe dieser Daten war es möglich, den Blackout detailliert zu analysieren und der Öffentlichkeit zu erklären. Damit können nun gezielt Massnahmen ergriffen werden, um solche Ausfälle zukünftige zu verhindern.
Auch die Abkoppelung der baltischen Staaten vom russischen Stromnetz am 9. Februar 2025 konnte in Echtzeit im REE-Lab überwacht und analysiert werden. Bevor Estland, Lettland und Litauen über Polen an das europäische Stromnetz angeschlossen wurden, konnte die Auswirkungen der Trennung präzise mit den Echtzeitdaten des REE-Labs visualisiert und analysiert werden. Tatsächlich verarbeitet das REE-Lab Daten aus mehreren Ländern und verfügt dadurch über mehr Daten als das Schweizer Übertragungsnetz Swissgrid. Damit ist das REE-Lab eine wertvolle und einzigartige Informationsquelle für Forschende und Netzbetreiber.
Projektname: REE- Lab, earlyWarn
Beteiligte
Projektleiter: Petr Korba, ZHAW
Projektmitarbeitende: Artjoms Obusevs, ZHAW; Felix Rafael Segundo Sevilla, ZHAW; Alfredo Velázquez, ZHAW;
Projektpartner: Swissgrid AG