Eingabe löschen

Kopfbereich

Hauptnavigation

Wie administratives Personal gestärkt wird

Seit Ausbruch des Ukrainekriegs musste die AOZ viele Mitarbeitende ohne sozialarbeiterische Ausbildung einstellen, um das stark gewachsene Arbeitsvolumen zu bewältigen. In einem Pilotprojekt entwickelte ein Team der ZHAW Soziale Arbeit gemeinsam mit der AOZ einen massgeschneiderten Fachkurs, der Sachbearbeiter:innen gezielt entlasten und stärken soll.

Massgeschneiderte Weiterbildung stärkt das administrative Personal in der Flüchtlingsarbeit. (Bild: AOZ)

Die neuen Sachbearbeiter:innen der Zürcher Fachorganisation AOZ kommen immer öfter an ihre Grenzen. Angesichts der Fachkräfteknappheit und der steigenden Fallzahlen im Asylwesen müssen sie in kürzester Zeit eingearbeitet werden. Sie übernehmen immer komplexere und verantwortungsvollere Aufgaben. Dazu gehört etwa für Klient:innen, bei verschiedenen Ämtern Ergänzungsleistungen zu beantragen. 

Viele Sachbearbeiter:innen haben zwar eine kaufmännische Lehre absolviert, sind im Sozialwesen jedoch fachfremd. Ihnen fehlen eine tiefergehende Kenntnis sozialversicherungsrechtlicher Zusammenhänge und Prozesse im Asylwesen, aber auch Strategien im Umgang mit Klient:innen.

Massgeschneiderte Lösung

Für Sachbearbeiter:innen im Sozialwesen gab es bisher schweizweit noch keine Weiterbildung, die neben Fachwissen auch Gesprächsführung und Selbstfürsorge vermittelt – beides sind übergeordnete Kompetenzen, die bei Sozialarbeitenden aufgrund ihrer Ausbildung vorausgesetzt werden können. Im Auftrag der AOZ entwickelte ein Team aus wissenschaftlichen Mitarbeitenden und Dozierenden der ZHAW Soziale Arbeit nun ein Kurskonzept, das auf die Bedürfnisse der Teilnehmenden zugeschnitten ist und sich an ihrem Arbeitsalltag orientiert.

In ersten Beratungsgesprächen wurden gemeinsam die übergeordneten Themen sowie das erforderliche Budget und der zeitliche Horizont festgelegt. Anschliessend führte das ZHAW-Team mehrere Interviews mit den Sachbearbeiter:innen durch, sodass ihre Anforderungen und «Pain Points» direkt ins Curriculum einflossen. Der so entstandene Fachkurs wurde in einer ersten Pilotphase von Januar bis April 2024 getestet.

Effiziente Arbeitsorganisation und Selbstfürsorge

«Wir wollten die Sachbearbeiter:innen für ihre anspruchsvollen Aufgaben fit machen, ihnen stärkende Werkzeuge an die Hand geben und auch unsere Wertschätzung ihnen gegenüber zum Ausdruck bringen», sagt Pascal Beugger. Er ist Fachstabmitarbeiter Sozialhilfe und Unterbringung bei der AOZ und für die Einführung der neuen Weiterbildung verantwortlich. Neben der Vermittlung von Basiswissen zu Asylfürsorge, Sozialhilfe und Sozialversicherungsrecht wurden die Kursteilnehmenden auch in gewaltfreier und transkultureller Kommunikation unterrichtet. In einem weiteren Modul zu Selbst-Management und Self-Care lernten sie, ihre Arbeitszeit und Aufgaben passend einzuteilen, auch einmal «Nein» zu sagen und sich abzugrenzen.

Beugger erläutert, dass es beispielsweise für junge Sachbearbeiter:innen schon sehr erleichternd sein kann zu verstehen, dass das Verhalten von Klient:innen meist nichts mit ihnen zu tun hat, sondern sich gegen die Institution richtet, die sie vertreten. Auch das Verstehen hilft.

Verständnis ist der Schlüssel

Die erste Durchführung während der Pilotphase war bereits erfolgreich: Durch ein besseres Verständnis der Zusammenhänge können die Teilnehmer:innen nicht nur ihre Aufgaben besser erledigen, sondern sie erleben ihre Arbeit auch als sinnstiftender. «Jetzt verstehe ich erst die Zusammenhänge von gewissen Aufgaben, die ich übernehme. Das Hintergrundwissen ist Gold wert», lautete die Rückmeldung der Kursteilnehmerin Selina Ouaili am Abschluss-Apéro, als sie ihr Teilnahme-Zertifikat stolz in den Händen hielt. 

Perspektive der Dozierenden

Das grosse Interesse und die aktive Teilnahme war auch für die Dozierenden spürbar. «Eine Teilnehmerin überlegt nun sogar, einen Bachelor in Sozialer Arbeit zu machen», berichtet Meret Reiser, die gemeinsam mit Natalie Spalding diese Weiterbildung konzipiert hat und die Module Gesprächsführung und Beziehungsgestaltung sowie Selbstfürsorge unterrichtet.

Gruppenarbeit begeistert

Da die Teilnehmenden aus allen drei AOZ-Standorten im Kanton Zürich zusammenkamen, bot sich eine gute Gelegenheit, sich auszutauschen und voneinander zu lernen. Besonders geschätzt wurde der Mix aus Theorie, Austausch und Gruppenarbeiten. Spalding berichtet: «Es hat mich sehr gefreut zu sehen, wie begeistert Sachbearbeiter:innen von der Arbeit in Kleingruppen sind. Durch den gegenseitigen Austausch erkennen sie, dass sie mit den Herausforderungen des Berufsalltags nicht alleine sind und hören, wie andere diese schwierigen Situationen lösen.» Sie lacht und fügt hinzu: «Wir mussten die Weiterbildung sogar zwischendurch anpassen und mehr Gruppenübungen einbauen.»

Ausblick

Das Weiterbildungskonzept geht auf: Am 10. September ist der Kurs in die zweite Runde gegangen. Die AOZ plant, die Weiterbildung nun zwei Mal im Jahr durchzuführen und auf weitere Standorte regional auszuweiten. Darüber hinaus kündigt Pascal Beugger an, die Türen der AOZ auch für externe Teilnehmende zu öffnen. Er empfiehlt den Fachkurs auch anderen sozialen Institutionen, «damit sie motivierte Sachbearbeiter:innen haben, die wissen, um was es geht und gut gerüstet sind für den herausfordernden Job.»