ZHAW-Forschende entwickeln KI-Plattform für offene Prozessor-Architektur
ZHAW-Forschende entwickeln im Rahmen des EU-Projekts REBECCA eine Software- und Hardware-Plattform, die auf der open-source Prozessor-Architektur RISC-V basiert. Die Plattform soll am Ende unterschiedlichsten Anwendungen vor allem im Bereich Internet of Things zur Verfügung stehen und dabei helfen, die Computerchip-Industrie in Europa weiter auszubauen.
Auf dem Markt für Computer-Chips sind bislang die Hersteller Intel, AMD und vor allem ARM die dominierenden Namen. ARM-Chips finden sich in nahezu allen Smartphones und auch die inzwischen von Apple selbst entwickelten Chips basieren auf der ARM-Architektur, wofür wiederum teure Lizenzen bezogen werden müssen. Doch das Defacto-Monopol von ARM könnte durch RISC-V, eine offene Architektur für Computer-Prozessoren, in nicht allzu ferner Zukunft ins Wanken geraten. Die Entwicklung von RISC‑V (Reduced Instruction Set Computer) begann 2010 an der University of California in Berkeley und ist lizenzfrei, also kostenfrei nutzbar. Das macht die Architektur auch für grosse Player wie Google interessant, das inzwischen sein Betriebssystem Android neben ARM und x86 auch auf RISC-V portiert hat. Das EU-Projekt REBECCA (Reconfigurable Heterogeneous Highly Parallel Processing Platform for safe and secure AI) will RISC-V nun zusätzlich einen Schub verleihen.
Förderung der Chip-Industrie in Europa
Die ZHAW School of Engineering ist mit Matthias Rosenthal, Schwerpunktleiter Realtime Platforms am Institute of Embedded Systems (InES), sowie Hans Dermot Doran, Schwerpunktleiter High Integrity Systems (ebenfalls InES), Teil des EU-Projekts. «Ziel von REBECCA ist unter anderem, dass dadurch die RISC-V-Architektur in Europa gefördert wird und mehr Aufmerksamkeit erhält, da Europa bei der Herstellung von Computerchips nicht gerade zu den Vorreitern gehört», sagt Matthias Rosenthal. An dem Projekt beteiligt sind 24 Forschungs- und Industriepartner, die eine Industrialisierung der Technik zum Ziel haben. Darunter sind unter anderen die Politecnico Hochschule in Turin, das Fraunhofer-Institut in Deutschland und der türkische Haushaltsgerätehersteller Arçelik. Angesetzt ist das EU-Projekt, das einen Gesamtkostenrahmen von 8,4 Millionen Euro hat, für dreieinhalb Jahre bis Sommer 2026.
Applikationen für Drohnen und Kühlschränke
Innerhalb des Projekts werden Anwendungen für vier Use Cases entwickelt, die ein relativ breites Anwendungsspektrum abdecken. «Es geht vor allem um Sensoren und Aktoren für Internet of Things (IoT)», erklärt Hans Dermot Doran. Unter anderem entwickelt das ZHAW-Team Sicherheits-Applikationen, sogenannte Processing-on-the-Edge Applikationen für Unterwasser-Drohnen, die für Hafeninspektionen eingesetzt werden sollen. Ein weiterer Use-Case hat luftbasierte Drohnen im Fokus, die für Inspektionsflüge bei Photovoltaikanlagen vorgesehen sind. Für einen weiteren Anwendungsfall werden intelligente On-the-Edge-Prozessoren für Kühlschränke entwickelt, die mittels Kameras erkennen, welche Lebensmittel sich aktuell darin befinden. On-the-Edge bedeutet, dass die Rechenleistung direkt im Prozessor vorgenommen wird und die Daten nicht erst an einen externen Server zur Verarbeitung gesendet werden müssen. Ein Vorteil gerade bei Echtzeitanwendungen.
ZHAW entwickelt KI-Algorithmen und Sicherheits-Komponenten
Der Forschungsanteil der ZHAW an REBECCA teilt sich in zwei Entwicklungsgruppen auf, diese mit jeweils 300'000 Franken finanziert werden. «In der einen Gruppe geht es um AI on-the-Edge, also um die Optimierung von Echtzeit-KI-Anwendungen für diese Plattform», erklärt Matthias Rosenthal. Mit dem Bereich Funktionale Sicherheit beschäftigt sich die Gruppe von Hans Dermot Doran. «Wir sind zuständig für die verlässliche und sichere Ausführung der KI-Algorithmen», so der ZHAW-Forscher. «Das heisst konkret, dass unsere Algorithmen nicht die Aufgabe haben, die richtigen Resultate zu liefern, sondern verlässliche Daten, die korrekt gerechnet worden sind», präzisiert Doran, «etwa beim Einsatz der Inspektionsdrohnen gewährleisten unsere Algorithmen verlässliche Rechenprozesse, dessen Resultate nicht durch Geräusche oder anderen Störungen verzerrt werden». Verwendung finden diese Algorithmen künftig etwa auch in sicherheitskritischen Anlagen. «Die Schwierigkeit ist dabei, dass unsere Algorithmen trotz ungünstigen Architekturbedingungen effizient arbeiten und am Ende korrekte Berechnungen liefern müssen», erklärt Hans Doran. Nicht weniger herausfordernd sind die Aufgaben der Gruppe um Matthias Rosenthal: «Angesichts der geringen Kapazität in Bezug auf Speicher und Energie bei Edge-Prozessoren müssen wir bei der Optimierung der Ressourcen hungriger Echtzeit-KI-Anwendungen extrem ökonomisch vorgehen», sagt Rosenthal. Gerade bei Sensoren, die lange Zeit praktisch energieautark funktionieren, müsse sparsam mit der Energie und Rechenleistung umgegangen werden – da die Sensoren und KI-Algorithmen trotzdem jederzeit zuverlässig arbeiten müssen. «Da gilt es genau auszutarieren zwischen Funktionalität und Ressourceneinsatz», bringt Matthias Rosenthal seine Forschungsaufgabe treffend auf den Punkt.