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Interdisziplinäre Diskussionsrunde am CAI: Was ist Intelligenz und wie bringt man die KI der Gegenwart voran?

Künstliche Intelligenz (KI) hat in den letzten Jahren beeindruckende Fortschritte gemacht. Dennoch bleibt ihre Fähigkeit, aus wenigen Beispielen zu lernen und zu verallgemeinern, hinter der menschlichen Intelligenz zurück. Ein interdisziplinäres Expertengremium am CAI erörterte, was Intelligenz ist und wie wir die KI aus verschiedenen Blickwinkeln wie Technologie, Neurowissenschaft und Biologie verbessern können.

Die künstliche Intelligenz (KI) hat in den letzten Jahren sehr wichtige und beeindruckende Fortschritte gemacht.  Was jedoch die Fähigkeit betrifft, aus wenigen Beispielen zu lernen und diese zu verallgemeinern, so ist das menschliche (oder sogar das tierische) Gehirn der KI um Grössenordnungen überlegen. Ein entscheidender Weg, um diese Kluft zu verringern, besteht darin, die eigentliche Natur der Intelligenz besser zu verstehen. Das ist das Ziel der interdisziplinären Panels "Pathways beyond Present AI", die vom ZHAW Center for Artificial Intelligence (CAI) organisiert werden.

Das erste dieser Panels fand im Rahmen der CAI-Kolloquien am 27. April statt. Es befasste sich mit den jüngsten Erkenntnissen darüber, wie die Struktur selbstorganisierter neuronaler Verknüpfungen das Gehirn an die natürliche Umgebung anpasst.

Die Veranstaltung begann mit einem Kurzreferat von Prof. Dr. Christoph von der Malsburg (Senior Fellow am Frankfurt Institute for Advanced Studies und Gastprofessor an der UZH/ETH und ZHAW) zu diesem Thema. Seine gemeinsam mit Prof. Dr. Thilo Stadelmann (ZHAW CAI) und Prof. Dr. Benjamin Grewe (UZH/ETHZ) in diesem Papier entwickelte Hypothese besagt, dass die Strukturen von Gehirn und natürlicher Umwelt eng miteinander verbunden sind. Insbesondere nimmt die strukturelle Regelmässigkeit des Gehirns die Form von Netzfragmenten (selbstorganisierte Netzwerkmuster) an, und diese dienen als starker «induktiver Bias», welcher es dem Gehirn ermöglicht, schnell zu lernen, aus wenigen Beispielen zu verallgemeinern und die Kluft zwischen abstrakt definierten allgemeinen Zielen und konkreten Situationen zu überbrücken. Vorstudien zu Anwendungen des Maschinellen Sehens liefern Belege für diese Hypothese.

Im Anschluss an den Vortrag fand eine Podiumsdiskussion statt, an der neben den Professoren von der Malsburg, Stadelmann und Grewe auch Experten aus verschiedenen Bereichen der Technik und Biologie teilnahmen. Die anwesenden Diskussionsteilnehmer waren Dr. Matthew Cook (UZH/ETHZ, Neuroinformatik, Cortical Computation), Prof. Dr. Rudolf Marcel Füchslin (ZHAW, School of Engineering, Applied Complex Systems Science), Prof. Dr. Mike Martin (UZH, Gerontopsychologie), Prof. Dr. Thomas Ott (ZHAW, ZHAW School of Life Sciences and Facility Management, Computational Life Sciences). Prof. Dr. Verena Klamroth-Marganska (ZHAW, Departement Gesundheit, Ergotherapie), war ebenfalls als Podiumsteilnehmerin eingeladen, konnte aber wegen eines kurzfristigen Termins nicht teilnehmen.  Moderiert wurde das Panel von Dr. Ricardo Chavarriaga (ZHAW), Leiter des CLAIRE Büros Schweiz.

Ausgehend von der grundsätzlichen Frage, was Intelligenz ist, behandelte das Panel verschiedene Themen. Neben der bereits erwähnten Fähigkeit zur Generalisierung nannten die Diskussionsteilnehmer die Fähigkeit, (selbstgesteckte) Ziele zu definieren, als eines der wichtigsten Merkmale von Intelligenz. Ergänzt wird dies durch den gesunden Menschenverstand - die semantische Bedeutung von Dingen - und die Intentionalität (die über einfache Aktivitäten und Verhaltensweisen hinausgeht), die allesamt als besondere Merkmale von Intelligenz angesehen wurden, die KI noch nicht vollständig erreicht hat.

Ein weiteres wichtiges Merkmal, das erwähnt wurde, ist die Fähigkeit, Verbindungen zwischen konkreten Szenen und diesen abstrakten Zielen herzustellen, was z. B. Intentionalität ermöglicht. Auch die Möglichkeit, eine sehr komplexe Idee in einen konkreten Stimulus (z. B. ein Bild) umzuwandeln, ist ein wichtiges Element der Intelligenz. Dieser Prozess kann als umgekehrtes Problem zu den im Eröffnungsvortrag beschriebenen Prozessen interpretiert werden. Zu guter Letzt wurde erwähnt, dass die Tatsache, dass sich Intelligenz in einem kulturellen Umfeld entwickelt, nicht vernachlässigt werden sollte.

Bei der Frage, in welche Richtung die KI-Forschung gehen sollte, wurde die Notwendigkeit von Systemen diskutiert, die lernen, während sie in eine Umgebung eingebettet sind und mit ihr interagieren, sowie die Notwendigkeit, zu erfragen, wofür wir die KI einsetzen möchten; z. B. erfordern einige Anwendungen keine menschenähnliche Intelligenz, um effizient gelöst zu werden, während andere Anwendungen besser von Menschen als von Maschinen gelöst werden sollten. Interessanterweise wurde darauf hingewiesen, dass die Zunahme der Rechenleistung unsere Möglichkeiten zur Schaffung künstlicher Intelligenz beeinträchtigen könnte, da wir die Fähigkeit verlieren, aus kleinen Datensätzen zu lernen.

Die Interaktion zwischen den Podiumsteilnehmern und dem Publikum vertiefte verschiedene Aspekte des Lernens und die Rolle der kollektiven Intelligenz bei der Weiterentwicklung dieses Themas. Ebenso wie die Möglichkeit, universelle Lernregeln zu identifizieren, die uns in Verbindung mit spezialisierten gehirnähnlichen Strukturen und Architekturen dem Verständnis von Intelligenz und einer leistungsfähigeren KI näher bringen können. Wir werden diese Themen in künftigen Panels dieser Reihe und im CAI-Kolloquium weiter erforschen.