Kollateralschaden oder politischer Glücksfall: Die Anfälligkeit von Unternehmen für Sanktionen in einer vernetzten Welt
In ihrem Vortrag im Rahmen der International Business Seminar Series beschäftigte sich Prof. Dr. Olha Zadorozhna mit einem Thema, das nicht erst seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine heiss diskutiert wird: Wirtschaftssanktionen. Ihr Fokus lag dabei auf den Auswirkungen, die Sanktionen auf international tätige Unternehmen haben.
Prof. Olha Zadorozhna sieht die Anwendbarkeit der traditionellen Sanktionstheorien kritisch, da die Auswirkungen auf multinationale Unternehmen nicht mit dem bilateralen Lehrbuchbild vergleichbar sind.
Der Schwerpunkt ihrer im Rahmen des Vortrags vorgestellten Forschung liegt auf den aktuellen Sanktionen gegen Russland infolge des Einmarsches in der Ukraine. Ziel ist es zu zeigen, dass die Sanktionen nicht nur die Unternehmen des sanktionierten Landes selbst betreffen, sondern auch weitergehende Auswirkungen auf multinationale Unternehmen haben.
Zum Hintergrund
Wirtschaftssanktionen sind vorübergehende internationale Maßnahmen, die aus geopolitischen Gründen gegen Länder und die mit ihnen verbundenen Wirtschaftseinheiten verhängt werden. Sie stören institutionelle Normen und werden zunehmend durch die globale Vernetzung beeinflusst, was die Art und Weise, wie Unternehmen mit Sanktionen umgehen, verändert.
Traditionelle bilaterale Sanktionstheorien können die komplexen Auswirkungen von Sanktionen auf multinationale Unternehmen und ihre Wettbewerber nur schwer erfassen. Die jüngsten, noch nie dagewesenen Sanktionen gegen Russland, die durch die Invasion in der Ukraine ausgelöst wurden, bieten eine einzigartige Gelegenheit, ihre Auswirkungen auf Unternehmen zu analysieren.
Die Analyse der 209 gegen Russland verhängten Sanktionen und ihrer Auswirkungen auf die Aktienmärkte zeigt, dass alle multinationalen Unternehmen betroffen sind. Diese Auswirkungen gehen über Unternehmen hinaus, die direkt mit den sanktionierten Ländern verbunden sind, und umfassen auch Unternehmen in verwandten Branchen oder geografischen Regionen.
Darüber hinaus zeigt die im Rahmen der International Business Seminar Series Untersuchung, dass die Schwere der Sanktionen je nach geopolitischem Kontext und der Ausgestaltung der Maßnahmen variiert. Breite Koalitionen von Ländern, die Sanktionen ankündigen, und ein direktes Engagement in dem betreffenden Land verschärfen die negativen Auswirkungen auf die betroffenen Unternehmen.
Prof. Dr. Olha Zadorozhna ist Assistenzprofessorin für Wirtschaftswissenschaften an der Kozminski Universität. Sie arbeitet auch als Forscherin am Institut für Stadt- und Regionalentwicklung, Polen. Sie hat an der Bocconi-Universität promoviert und einen MA an der Kyiv School of Economics und der University of Huston erworben.
Ihre Hauptforschungsinteressen sind Regierungsführung, Institutionen und Resilienz. Derzeit arbeitet sie an mehreren Projekten zur Untersuchung der städtischen Regierungsführung, der Polarisierung, der Sanktionen und der wirtschaftlichen und sozialen Widerstandsfähigkeit gegenüber Krisen (z. B. dem russischen Krieg gegen die Ukraine).