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School of Management and Law

Next-Level Liquidity Risk Management in Banking

Die jüngsten Insolvenzen grosser Finanzinstitute zeigen, dass Bank Runs weiterhin eine Bedrohung sind. Schnelle Einlagenabflüsse belasten das Risikomanagement und unzureichende Datenintegration führt zu Fehlentscheidungen und Liquiditätsproblemen. Da Banken oft an mangelnder Liquidität scheitern, ist ein effektives Liquiditätsmanagement entscheidend. Um dieses Problem zu lösen, entwickelt das Institut für Financial Management im Rahmen eines Innosuisse-Projekts einen innovativen Ansatz zur Vorhersage von Kundenverhaltensmustern, um das Liquiditätsrisiko besser zu managen und Bank Runs frühzeitig zu erkennen.

Bank Runs: They are back

Bank Runs werden ausgelöst, wenn das Vertrauen in die Fähigkeit einer Bank, ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, nicht mehr gegeben ist. Die jüngsten Insolvenzen bedeutender Finanzinstitute zeigen anschaulich, dass das Phänomen des Bank Runs alles andere als ein Relikt der Vergangenheit ist. So wurde beispielsweise die Silicon Valley Bank am 9. März 2023 durch einen aussergewöhnlich schnellen Bank Run, bei dem Einlagen in Höhe von über USD 40 Mrd. innerhalb von wenigen Tagen abgezogen wurden, in die Insolvenz getrieben. Beobachtern zufolge habe «Digital Banking» die Geschwindigkeit von Einlagenabflüssen erhöht und könnte zu den aktuellen Bank Runs beigetragen haben. Entgegen der jüngsten Wahrnehmung existiert digitales Banking bereits seit fast 40 Jahren. Obwohl sich das Digital Banking rasant weiterentwickelt hat, gibt es kaum Hinweise darauf, dass Kunden in den 1990er Jahren oder 2008 aufgrund technischer Einschränkungen mehrere Tage warten mussten, um ihre Einlagen abzuheben. Die neuesten Analysen von Zentralbanken auf beiden Seiten des Atlantiks zeigen, dass Kundenmerkmale und -netzwerke entscheidend für Bank Runs sind. Informationen über die Wahrscheinlichkeit, dass sich Kund:innen oder Kundengruppen während eines Bank Runs ähnlich verhalten, sind der Schlüssel zu einem wirksamen vorausschauenden Liquiditätsmanagement. Sie ermöglichen eine effektive Banksteuerung, mindern das Risiko eines Bank Runs und tragen gleichzeitig zur Erhaltung der Finanzstabilität bei.

Client-Level Propensity-to-Run-Modell mit integrierter Szenarioanalyse

Das Verhalten einzelner Kund:innen steht im Zentrum der Diskussionen über Bank Runs, insbesondere im Hinblick auf ihre Reaktionen in bestimmten Situationen. Im Fokus dieses Projekts steht das «Propensity-to-Run»-Modell, ein innovatives Instrument zur Vorhersage der Wahrscheinlichkeit von Einlagenabhebungen auf Kundenebene. Im Gegensatz zu herkömmlichen Liquiditätsrisikomodellen integriert dieser Ansatz detaillierte Kundendaten auf Mikroebene, makroökonomische Indikatoren und Sentimentanalysen, um ein umfassenderes Bild des Risikos zu zeichnen. Dadurch können Banken ihren Kundenstamm präzise segmentieren und gezielte Massnahmen zur Risikominimierung ergreifen. Die vielschichtige Innovation des Modells umfasst fortschrittliche Analysen, die die Vorhersagen kontinuierlich verfeinern, wenn sich die Marktbedingungen ändern. Es beinhaltet auch eine Sentimentanalyse, die es Banken ermöglicht, das Kundenvertrauen in Echtzeit zu messen, indem sie soziale Medien und Nachrichtentrends überwachen. Dies hilft Banken, Kundenreaktionen auf negative Stimmungen vorherzusehen, und verschafft ihnen Zeit, potenzielle Risiken zu mindern.

Darüber hinaus ermöglicht die Szenarioanalyse des Modells den Banken, ihre Liquiditätspositionen unter verschiedenen Marktbedingungen einem Stresstest zu unterziehen, wodurch sie ihre Liquiditätspuffer dynamisch anpassen und kostspielige Überreservierungen vermeiden können. Durch tiefere Einblicke in das Kundenverhalten stärkt das Propensity-to-Run-Modell sowohl das Risikomanagement als auch die Kundenbeziehungen. Banken können effektiver mit Kund:innen mit hohem Risiko interagieren und ihnen durch individuelle Beratung Sicherheit vermitteln, um in unsicheren Zeiten umfangreiche Abhebungen zu verhindern.

Ergebnisse des Projekts dienen einer grossen Anzahl von Marktteilnehmern

Die Ergebnisse dieses Projekts sind für Finanzinstitute, Aufsichtsbehörden und die Markteilnehmer im Allgemeinen von grosser Bedeutung. Die entwickelte Technologie kann als Pionierlösung dienen, die skaliert und in verschiedenen Instituten eingesetzt werden kann. Erkenntnisse aus der fortgeschrittenen Datenanalyse können auf andere Bereiche wie das «Customer Relationship Management» ausgeweitet werden, sodass Banken die Kommunikation mit ihrer Kundschaft verbessern und die Entscheidungsfindung optimieren können, indem sie Makroindikatoren und Sentimentdaten berücksichtigen. Über den Bankensektor hinaus hat das Projekt auch weiterreichende Auswirkungen auf die Effizienz der Finanzmärkte. Die Verbesserung der Kapitalallokation mittels verbesserter Liquiditätsprognosen hilft den Banken, ihr Ressourcenmanagement zu optimieren, was zu einer grösseren finanziellen Stabilität, geringeren Kosten für Liquiditätspuffer und einer besseren Zinsentwicklung führt. Diese Effizienzgewinne kommen auch anderen Marktteilnehmern zugute, darunter den Regulierungsbehörden, die die entwickelten Frühwarnindikatoren zur Gewährleistung einer wirksameren Aufsicht über den Finanzsektor nutzen können. Ein widerstandsfähigeres Bankensystem gewährleistet nicht nur die Kontinuität der Dienstleistungen, sondern schützt auch die Einlagen und fördert das Vertrauen in Finanzinstitute in Zeiten instabiler Märkte.

Kontakt

Prof. Dr. Orcun Kaya
Dozent am Institut für Financial Management
+41 (0) 58 934 46 99
orcun.kaya@zhaw.ch