Mentoringprogramm für Berufs- und Wiedereinsteigende in der Ergotherapie
«ErGo-Mentoring» heisst das neue Mentoringprogramm vom ErgotherapeutInnen-Verband Schweiz EVS und der ZHAW. Was es damit auf sich hat, erklären die beiden Verantwortlichen, Anika Stoffel und Andrea Petrig.
Diesen Frühling lancierte das ZHAW-Institut für Ergotherapie gemeinsam mit dem ErgotherapeutInnen-Verband Schweiz (EVS) ihr neues Mentoringangebot «ErGo-Mentoring». Das bietet Anlass für Fragen, die Andrea Petrig, Fachverantwortliche Ergotherapie beim EVS, und Anika Stoffel, Leiterin Weiterbildung und Dienstleistung Ergotherapie der ZHAW, hier beantworten.
Was genau bietet das «ErGo-Mentoring»?
Anika: Das neue Mentoringprogramm von EVS und ZHAW richtet sich an Ergotherapeutinnen und -therapeuten, die entweder frisch in den Beruf eingestiegen sind oder solche, die nach einer Pause wieder zurückkehren möchten. Es soll die Teilnehmenden auf ihrem teilweise herausfordernden Weg in die Praxis unterstützen. Dies auch mit dem Ziel, ausgebildete Fachkräfte möglichst langfristig im Beruf zu halten und damit etwas gegen den Fachkräftemangel zu tun.
Wie funktioniert das Programm?
Andrea: Das «ErGo-Mentoring» besteht grundsätzlich aus den vier Elementen Beratung, persönliches Mentoring, Peer-Mentoring und Weiterbildung. In einem persönlichen Erstgespräch halten wir fest, wo die teilnehmende Person steht und was sie braucht, um ihre Ziele zu erreichen. Danach folgt das Mentoring. Dabei begleite ich oder Anika die Mentees einerseits persönlich, andererseits steht eine Peer-Gruppe zur Verfügung, in der sich die Teilnehmenden – durch uns begleitet – austauschen und vernetzen können. Als zusätzlichen Baustein gibt es eine fixe Weiterbildung sowie individuelles Selbststudium mithilfe von Online-Lerneinheiten – je nach Bedarf der Teilnehmenden. Am Schluss soll ein Abschlussgespräch allfällige weitere Schritte aufzeigen.
Weshalb richtet sich das Programm auch an Neueinsteigerinnen?
Anika: Der Bachelorstudiengang inklusive Praktika bildet wie gehabt die Grundlage für den Berufseinstieg. Dennoch fällt dieser nicht allen Abgängerinnen und Abgängern leicht. Darauf deutet auch die nationale Befragung von Bachelorabsolvierenden in Gesundheitsberufen der Jahrgänge 2017-2019 hin. Rund die Hälfte aller Ergotherapie-Absolventen/-innen hat nach einem Jahr im Beruf bereits das Bedürfnis nach einer Veränderung, fast die Hälfte davon verweist auf das Arbeits- und Betriebsklima als Grund. Die Befragten führten mangelnde Unterstützung von Vorgesetzten und Austausch im Team als Ursachen auf – ebenso wie Stress und eine hohe Arbeitsbelastung.
Wie beurteilen Sie das aktuelle Arbeitsumfeld?
Anika: Dass das Arbeitsumfeld in der Ergotherapie nicht einfacher geworden ist, wissen wir sowohl aus eigener Erfahrung als auch aus verschiedenen Gesprächen mit Ergotherapeutinnen und -therapeuten im Beruf. Viele von ihnen beklagen, der Fachkräftemangel führe zu limitierten Ressourcen in der Praxis. Dies kann bewirken, dass Zeit und Energie für eine intensive Einarbeitung der Berufseinsteigerinnen eingeschränkt sind und deren Wunsch nach Austausch und Unterstützung nicht ausreichend bedient werden kann. Auch Faktoren wie der steigende Kosten- und Qualitätsdruck mit entsprechenden administrativen Anforderungen können belastend und zeitraubend sein. Um diese Situation zu entlasten, ist es zentral, Abgänger/-innen möglichst im Arbeitsmarkt zu halten. Das ErGo-Mentoring stellt in dieser komplexen Problemstellung ein Puzzleteil dar. Wir wollen damit sowohl Absolventen/-innen als auch die Praxis unterstützen.
Weshalb engagiert sich der EVS im Mentoringprogramm?
Andrea: Der Fachkräftemangel ist eines der grössten Probleme, mit denen unser Berufsstand aktuell zu kämpfen hat. Der EVS muss sich in diesem Bereich nach besten Kräften engagieren – gemeinsam mit den Fachhochschulen, die sich beispielsweise für zusätzliche Studierendenplätze bemühen. Von Ergotherapeutinnen nach einer Familienpause hören wir immer wieder, dass es wohl einfach ist eine Arbeitsstelle zu finden, sie sich aber eine zusätzliche Betreuung und Begleitung wünschen, damit dieser Wiedereinstieg auch erfolgreich verläuft. Der EVS ist überzeugt, dass das ErGo-Mentoringprogramm ein zentrales Element darstellt, um nachhaltig mit dem knappen «Gut» der ausgebildeten Fachkräfte umzugehen.
Wann und wie können Interessierte einsteigen?
Anika: Interessierte Ergotherapeutinnen und -therapeuten können laufend in das Programm einsteigen. Dieses dauert rund ein Jahr, der Ablauf ist jedoch sehr flexibel an die Bedürfnisse der Teilnehmenden ausrichtbar.