Mit künstlicher Intelligenz die Therapie nach einem Schlaganfall verbessern
Forscherinnen des ZHAW Instituts für Ergotherapie entwickeln gemeinsam mit verschiedenen Partner:innen ein Messinstrument basierend auf Webcams und Sensoren, um damit die Therapie von Schlaganfallpatient:innen zu verbessern. Dazu nutzen sie Deep Learning. Es werden noch Teilnehmer:innen für die Datenerhebung gesucht.
Stefan Rast hatte vor neun Monaten einen Schlaganfall. Seither ist er teilweise gelähmt und kann den linken Arm nicht mehr ganz strecken. Um Gegenstände zu greifen, hat er sich angewöhnt, die Schulter hochzuziehen und sich mit dem Oberkörper nach vorn zu beugen.
Ausweichende Bewegungen hemmen die Genesung
Das Beispiel von Herrn Rast ist zwar fiktiv. «Es ist jedoch sehr treffend für Menschen, die einen Schlaganfall hatten», betont Lena Sauerzopf, Doktorandin am Institut für Ergotherapie. «Sie kompensieren Einschränkungen oft unbewusst mit ausweichenden Bewegungen, um Funktionalität und Selbständigkeit im Alltag zu erlangen.» Allerdings sind solche «Ausweichbewegungen» längerfristig problematisch. Sie können einerseits zu neuen Beschwerden wie Verspannungen und Schmerzen führen – bei Herrn Rast etwa im Bereich der Schulter – und hindern andererseits den Genesungsprozess. «Die eigentlich "normale" Bewegung wird quasi umgangen und damit nicht mehr geübt», so Sauerzopf.
Bewegungen messen und quantifizieren
Diese Zusammenhänge sind zwar bekannt und zunehmend durch Studien belegt. Gleichwohl steht für Ergo- und Physiotherapeut:innen bislang kein akkurates Instrument zur Verfügung, um die teils komplexen Bewegungsabweichungen zu erkennen und zu messen. Dies wäre jedoch wichtig, um die Therapie für Menschen nach einem Schlaganfall zu planen und die Klient:innen für die Bewegungsabläufe zu sensibilisieren. Einige Rehabilitationskliniken verfügen zwar über voll ausgestattete Messlabore für ihre Forschung in diesem Bereich. Für den breiten Therapiegebrauch sind diese Labore jedoch nicht zugänglich respektive viel zu teuer.
Ziel: günstiges und mobiles Messinstrument für die «breite» Therapie
Lena Sauerzopf ist Teil eines interprofessionellen Forschungsteams, das dies ändern möchte. «Wunschziel wäre ein mobiles und kostengünstiges Messinstrument, das für alle Therapeut:innen erschwinglich ist und das die Klient:innen selbst zu Hause einsetzen können». Dazu erheben die Projektpartner:innen der cereneo foundation – Center for Interdisciplinary Research (cefir) aktuell Daten von Patient:innen an ihren Standorten in Vitznau und Zürich. Sie filmen die Patient:innen mit herkömmlichen Webkameras dabei, wie sie einen Trinkbecher zum Mund führen. Zusätzlich erheben sie Daten mit Bewegungssensoren, sogenannten Trägheits- und Beschleunigungsmessern.
Dank Deep Learning einen Klassifikator entwickeln
Sauerzopf und ihre Teamkollegin Dr. Martina Spiess, die das Projekt gemeinsam mit Prof. Dr. med. Andreas Luft von cereneo leitet, werden die erhobenen Bewegungsdaten danach analysieren und dahingehend bewerten, ob Ausweichbewegungen vorliegen oder nicht. Die bewerteten Daten wiederum dienen ihren Partner:innen der ZHAW School of Management and Law als Basis, um mit künstlicher Intelligenz, genauer mit Deep Learning, einen Algorithmus zu entwickeln, der Ausweichbewegungen erkennt und misst. «Bis aus dem Algorithmus ein im Therapiealltag anwendbares, verlässliches Assessment wird, ist es jedoch noch ein weiter Weg», so Spiess.
Patient:innen nach Schlaganfall gesucht
Für die Datenerhebung suchen die Forschenden noch Personen, die an der Studie teilnehmen könnten. Sind Sie interessiert? Dann entnehmen Sie bitte die Teilnahmebedingungen und Kontaktangaben aus diesem Dokument.