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Schraubenzieher und Lötkolben im Ergotherapie-Unterricht

An zwei Halbtagen lernen Studierende des Bachelorstudiengangs in Ergotherapie defektes Elektrogerät zu untersuchen und zu flicken. Dabei geht es um mehr als das Trainieren technischer Fähigkeiten.

Der Plattenspieler geht nicht mehr. Egal, wie oft Irene das Gerät ein- und ausschaltet, der Teller will sich einfach nicht drehen. Was nun? Irene ist eine von vierzehn Studierenden, die an diesem Nachmittag an der Reparaturwerkstatt im Bachelorstudium Ergotherapie teilnehmen. Dabei lernen sie, wie sie elektrische Apparate auseinandernehmen, analysieren und, wenn möglich, reparieren können. Doch was hat dies mit Ergotherapie zu tun?

Reparieren als Alltagsaktivität
Ergotherapeutinnen und -therapeuten unterstützen Menschen, die beispielsweise nach einem Unfall oder einer Krankheit in ihrem Alltag eingeschränkt sind. Ziel der Therapie ist, dass die Betroffenen Aktivitäten, die für sie wichtig sind, möglichst selbständig ausführen können. Eine solche Aktivität kann Flicken sein: «Gerade ältere Menschen wollen beschädigte Dinge oft nicht einfach wegwerfen», erklärt die Dozentin des Werkunterrichts, Lucette Aubort, «aber auch viele jüngere Menschen möchten wieder selber Sachen flicken, zum Beispiel um die Umwelt oder ihr Portemonnaie zu schonen». Kommt eine solche Person etwa nach einer schweren Depression in die Ergotherapie, kann ihr das Flicken dabei helfen, sich wieder als aktiv wahrzunehmen und in den Alltag zurückzufinden. Damit die Ergotherapie-Studierenden auf Aufgabenstellungen wie diese vorbereitet sind, müssen sie üben können. In der Reparaturwerkstatt werden Sie dabei von einem pensionierten Elektroingenieur, Herrn Langer, angeleitet.

Studierende lernen von Klienten
Langer leitet in der Nähe von Bonn ein Reparaturcafé, in welchem Quartierbewohner Dinge aller Art flicken lassen können. Seine Erfahrungen gibt er nun an die Studierenden weiter. Dabei geht es nicht nur darum, wie etwas geflickt wird. Die Reparaturwerkstatt ist nämlich Teil eines Unterrichts, in welchem Klienten oder potenzielle Klienten dozieren. Ziel dabei ist, dass sich die Studierenden besser in ihre Klientinnen und Klienten hineinversetzen können und diese als Experten erleben. Zudem sollen die Studierenden Betätigungen kennenlernen, die für sie noch wenig bekannt sind. Dazu gehört auch, herauszufinden, welche Bedeutung eine Betätigung für ihren Klienten haben kann. Deshalb befragen die Studierenden Herrn Langer zu Beginn der Reparaturwerkstatt zu seiner Biografie. Dabei erfahren sie unter anderem, dass Langer bereits in seiner Kindheit in der Nachkriegszeit in Deutschland gelernt hat, Fahrräder und anderes zu reparieren.

Schon damals war für Herrn Langer zentral, die Dinge erst einmal genau unter die Lupe zu nehmen. Und so rät er nun Irene, die vor ihrem stummen Plattenspieler sitzt, diesen zu öffnen. Dabei zeigt sich rasch die Ursache des Problems: Der Keilriemen, der den Plattenteller antreibt, ist gerissen. Mit dem Ersatz-Keilriemen ist der Plattenspieler rasch geflickt und Irene ist stolz: «Ein gutes Gefühl, dass er wieder funktioniert!».

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