Schmerzen durch Verhaltensänderungen erkennen
Gemäss einer ZHAW-Studie leidet über die Hälfte der Menschen mit Demenz in ihren letzten Tagen an Schmerzen. Um ihnen ein würdevolles Sterben zu ermöglichen, müssen Pflegende deren Beschwerden bestmöglich lindern. Dabei spielt nebst Fachwissen und Einfühlungsvermögen das Interpretieren von Verhaltensänderungen eine grosse Rolle.
In der Schweiz leben rund 110‘000 Menschen mit einer Demenz. Laut Schätzungen wird sich diese Zahl bis 2030 verdoppeln. Die meisten von den Betroffenen sterben im Heim. Bei der Linderung der Beschwerden nehmen Pflegende eine Schlüsselrolle ein. Bei Menschen mit Demenz werden diese jedoch leicht übersehen oder falsch interpretiert. Darunter leiden die Betroffenen und die Versorgungsqualität. Jeder Zweite hat Schmerzen
Wie Pflegepersonen Beschwerden erfassen und wie sie sich für pflegerische Massnahmen entscheiden, hat die Forschungsstelle Pflegewissenschaft am Departement Gesundheit der ZHAW in einer Studie untersucht. Die Forschenden werteten in vier Pflegeheimen des Kan-tons Zürich Pflegedokumentationen von verstorbenen Personen mit Demenz aus. Parallel dazu führten sie Interviews mit Pflegenden. Für die letzten 90 Lebenstage konnten sie zehn häufige Probleme identifizieren. Eine zentrale Stellung nahmen dabei Schmerzen ein: Über die Hälfte aller Betroffenen litt in den letzten 90 Lebenstagen trotz Schmerzmedikamenten in zunehmenden Masse daran.
Indizien sammeln und interpretieren
Die Beschwerden, welche das ZHAW-Forschungsteam bei den Demenzbetroffenen in der terminalen Phase ausmachte, decken sich weitgehend mit denjenigen bei Personen mit Tumorerkrankungen. Entscheidender Unterschied ist der aufwändige Beobachtungs- und Interpretationsprozess. Denn Menschen mit Demenz können sich im fortgeschrittenen Stadium nicht mehr verbal mitteilen. Wie die Studie zeigt, leiten Pflegende Hinweise auf die Symptombelastung deshalb aus dem Verhalten ab. Ihre Beobachtungen tauschen sie mit er-fahrenen Kolleginnen und Kollegen oder beim Teamrapport aus. «Wissen wird so durch kontinuierliches Beobachten, Reflektieren und Diskutieren generiert», beschreibt ZHAW-Studienleiterin Andrea Koppitz den Prozess. Damit schaffen die Pflegenden eine Basis, um Beschwerden wie Schmerzen zu erkennen, einzuschätzen und Massnahmen zu ihrer Linderung einzuleiten. Pflegende und Angehörige können zudem das Lebensende demenzkranker Personen gut prognostizieren. Dieses zeigt sich auch in häufigen Besuchen des nächsten Umfelds in den letzten Lebenstagen.
Starke Grundversorgung mit kompetenten Pflegenden
Um Schmerzen gegen Ende des Lebens wirksam zu lindern, braucht es laut Koppitz eine kompetente pflegerische Versorgung. Eine sorgende Haltung den Betroffenen gegenüber sei zwar wichtig, aber nicht ausreichend: «Für eine situations- und personenzentrierte Pflege braucht es Fachpersonen mit klinischer Expertise, das heisst Pflegende, die über technisches Know-how, theoretisches Wissen und Erfahrung verfügen.» Die Grundversorgung zu stärken, ist deshalb eine der wesentlichen Empfehlungen der Studie: «Wir brauchen gut ausgebildete, kompetente Pflegende, die direkt im Pflegeheim tätig sind und nicht nur in externen Teams, die bei Bedarf hinzugezogen werden», so Koppitz. Finanziert wurde die Studie durch die Schweizerische Alzheimervereinigung und den Fonds Krankenpflegeschule Zürich.
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Weitere Informationen
Projektwebsite Palliative Care
Kontakt für weitere Auskünfte
Dr. Andrea Koppitz, Projektleiterin «Palliative Care bei demenziell erkrankten Personen in Pflegeheimen im Kanton Zürich», andrea.koppitz@zhaw.ch
Medienstelle
José Santos, Leiter Kommunikation ZHAW Departement Gesundheit, Telefon 058 934 63 84, jose.santos@zhaw.ch