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Gesundheit

Rekordteilnehmerzahl am Symposium Muskuloskelettale Physiotherapie

Was für die manuelle Therapie spricht und was für den aktiven Ansatz, wieso Kommunikation so wichtig ist und wann gar eine Operation angezeigt wäre: Das waren Themen am 7. gemeinsamen Symposium des Instituts für Physiotherapie und des svomp®. Die Teilnehmer:innen erhielten neue Erkenntnisse und Tipps für den Praxisalltag.

Nachdem 2021 das Symposium Muskuloskelettale Physiotherapie aufgrund der Corona-Pandemie online durchgeführt werden musste, trafen sich am 18. März 2023 rund 350 Physiotherapeut:innen wieder vor Ort. Im Haus-Adeline-Favre in Winterthur setzten sie sich mit dem Spannungsfeld komplizierter oder komplexer Lendenwirbelsäulen-, Becken- oder Hüftproblematiken auseinander.

Manuelle Therapie hat ihre Berechtigung

Im ersten Referat ordnete Chad E. Cook, Professor an der US-amerikanischen Duke University, die manuelle Therapie im Hinblick auf die moderne evidenzbasierte Versorgung ein. Zahlreiche Studien belegen die klinische Relevanz der manuellen Therapie. Sie ist kostengünstig und wird in mehreren Guidelines für die klinische Praxis empfohlen. Es zeigt sich, dass die manuelle Therapie am besten bei Personen funktioniert, die diese Form der therapeutischen Behandlung wünschen. In seiner Take-Home-Message forderte Cook die Therapeut:innen auf, die manuelle Therapie in den ersten vier bis fünf Sitzungen anzuwenden und Patient:innen kreativ und aktiv in ihrem Selbstmanagement zu unterstützen.

Ist Training alles?

Um den aktiven Ansatz in der therapeutischen Behandlung drehte sich das Referat von Sportlehrer und Physiotherapeut Frank Diemer. Gemäss Leitlinien geniesst die aktive Therapie einen hohen Stellenwert und wird ebenfalls von Expert:innen empfohlen. Die Herausforderung liegt in der Umsetzung, so zeigen Patient:innen in der Realität oft eine initiale Schmerzverstärkung oder nur eine geringe Beschwerdelinderung durch Training. In diesem Zusammenhang stellte der Referent Ansätze vor, wie Trainingsprogramme effektiver gestaltet werden können: In den Vordergrund sollten eine multifaktorielle Pathogenese, das individuelle Impairment und eine individuelle, patientenzentrierte Zielsetzung mit dem Einbezug des Selbstmanagements gestellt werden.

Den Leistenschmerzen auf der Spur

Nach den übergeordneten Vorträgen zu manueller und aktiver Therapie ging es am Symposium mit spezifischen Themenbeiträgen weiter. In seinem Referat beleuchtete Rolf Walter die Komplexität des Leistenschmerzes bei Kontaktsportarten. Anhand von praktischen Beispielen zeigte der Physiotherapeut des Ice Hockey Profi-Clubs Lugano die Möglichkeiten der konservativen physiotherapeutischen Vorgehensweise auf.

Sind Rückenschmerzen zeitlich begrenzt?

Fabian Pfeiffer stellte in seinem Referat die Ergebnisse seiner PhD-Arbeit vor. Darin ging der ZHAW-Dozent der Frage nach, wie sich der Verlauf bei Patient:innen mit akuten Rückenschmerzen gestaltet. Die über ein Jahr angelegte Studie konnte verschiedene Charakteristika der Verläufe von Rückenschmerzen aufzeigen und kommt zum Schluss, dass sich der Verlauf weniger positiv gestaltet als bisher angenommen. Deshalb empfahl Pfeiffer den anwesenden Therapeut:innen, dass veränderbare Faktoren frühzeitig erkannt und behandelt werden, um Rückenschmerzen in ihrem Verlauf positiv zu beeinflussen.

Die chiropraktische Sicht auf Schmerzen in der LBH-Region

Das nächste Referat widmete sich der chiropraktischen Sicht auf die Region. Die Chiropraktorin Dr. med. Malin Mühlemann erläuterte in praxisnahen Beispielen die Komplexität von Schmerzen im Bereich Lendenwirbelsäule, Becken und Hüfte und zeigte, wie herausfordernde Fälle zielführend behandelt werden können.

Modernste Operationstechniken

Als Neurochirurg in der Wirbelsäulenversorgung sah sich Dr. med. Alex Alfieri vom Kantonsspital Winterthur einem kritischen Publikum gegenüber. Eindrucksvoll zeigte er die modernsten Entwicklungen der Chirurgie, die heute mit minimal-invasiven oder endoskopischen Techniken arbeitet. Damit bessere Outcomes erzielt werden, ist die personalisierte Behandlung des somatischen und des psychosomatischen Leidens in den Vordergrund zu stellen. Alfieri betonte besonders, wie wichtig die Zusammenarbeit zwischen Physiotherapeut:innen und Operateur:innen ist.

Dem Iliosakralgelenk auf der Spur

Prof. Annelies Pool von der Freien Universität Amsterdam untersuchte in ihren Forschungsarbeiten die Schmerzproblematik am Becken sowie Iliosakralgelenk-Beschwerden, insbesondere bei schwangeren Frauen. Entgegen der gängigen Meinung sind Iliosakralgelenk-Assessments nicht sehr valide. Trotz der Schwangerschaft zeigt sich selten ein instabiles Becken/Iliosakralgelenk, dafür aber verspannte Muskulatur in dieser Region. Für die Behandlung empfahl Pool Entspannung, Atemübungen und auch Pilates.

Hören, was Patient:innen sagen

Kommunikation mit Patient:innen können wir lernen. Wir müssen den Patient:innen zuhören und ihre Erwartungen verstehen. Dies sind die Kernbotschaften des Referates von Dr. Riikka Holopainen. Die finnische Physiotherapeutin und Forscherin betonte, dass der Kommunikation im therapeutischen Setting mehr Aufmerksamkeit gegeben und sie als Teil der Therapie angesehen werden sollte.

Ein Fall für Drei

Letzter Programmpunkt des Tages bildete die Beurteilung eines komplexen Fallbeispiels aus unterschiedlicher Sicht: Manuelle Therapie, Training und Patientenedukation/Kommunikation. Drei Fachpersonen diskutierten ihre Ansätze und schlugen Lösungen vor. Am Ende waren sie sich in einem einig: Selten ist ein monotherapeutischer Ansatz genügend, sondern für jeden Fall muss die beste Kombination von Ansätzen gesucht werden.

Save the date!

Das 8. Symposium Muskuloskelettale Physiotherapie wird am Samstag, den 15. März 2025 stattfinden.