Wie neue Technologien die Arbeit von Physiotherapeuten verändern
Werden Exoskelette in Zukunft Rollatoren ablösen? Die Bewegungswissenschaftlerin Eveline Graf arbeitet in Projekten der Forschungsstelle Physiotherapie darauf hin. Im Bewegungslabor untersucht sie den menschlichen Gang und entwickelt gemeinsam mit anderen Forschenden aus Europa ein weiches Exoskelett. Die leichte Stützstruktur kann den Einschränkungen des Trägers individuell anpasst werden.

Wie verändern neue Technologien die Behandlungsmöglichkeiten von Physiotherapeuten?
Patientinnen und Patienten können sich heute einfach informieren und viele Werte zum Beispiel mit Apps oder Bewegungsmessern selbst messen. Diese Daten bringen sie dann mit zur Physiotherapie. Die Therapeuten müssen sich mit diesen Werten auseinandersetzen, abklären, ob sie wirklich korrekt sind und für den Patienten angebracht. Denn nicht alle Quellen sind zuverlässig, nicht alle Apps und Tools messen genau. Weiter ist der Physiotherapeut gefordert, die Daten zu interpretieren oder aufgrund der eigenen Anamnese und der eigenen Messungen einen Trainingsplan zu erstellen.
Technische Hilfsmittel können Physiotherapeuten bei körperlich anstrengenden Arbeiten entlasten. So unterstützt zum Beispiel ein Gangroboter das Gehtraining bei Patienten mit schweren neurologischen Einschränkungen. Ohne dieses Hilfsmittel ist ein Gehtraining für den Physiotherapeuten sehr anstrengend, seine körperlichen Fähigkeiten limitieren die Dauer des Trainings und nicht die des Patienten.
Welche neusten Entwicklungen werden sich durchsetzten und bald in den meisten Physiotherapiepraxen anzutreffen sein?
Das ist sehr schwierig abzuschätzen. Auch Produkte, die sinnvoll wären, setzen sich nicht immer durch, oft weil sie im Praxisalltag unpraktisch sind. Zum Beispiel, wenn die Bedienung eines Gerätes beide Hände braucht, während gleichzeitig der Patient mit einer Hand stabilisiert werden muss. Wenn wir technische Geräte entwickeln, sind bei uns deshalb immer auch Patienten und Therapeuten, sogenannte Endnutzer, im Projekt involviert. Ihre Anforderungen und Wünsche können wir so berücksichtigen, die Geräte werden alltagstauglicher.
Roboter werden wohl in Zukunft nicht flächendeckend eingesetzt, da sie weiterhin sehr teuer sein werden. Smartphone-Apps oder sensorbasierte Messungen werden vermehrt in der Praxis anzutreffen sein, zum Beispiel, um die Bewegung der Wirbelsäule zu messen. Im Moment wird an verschiedenen Produkten gearbeitet, die es ermöglichen, den Patienten zu überwachen, wenn er nicht in der Praxis ist. Sie sollen aufzeichnen, wie häufig und wie gut ein Patient seine Übungen macht. Durch solche Entwicklungen werden aber auch ethische Fragen auf uns zukommen. Wer bekommt diese Daten? Wird Physiotherapie nur noch von der Krankenkasse bezahlt, wenn der Patient seine Übungen zu Hause macht? Solche Aspekte dürfen bei neuen Entwicklungen nicht vergessen werden.
Wie sind Ihre Einschätzung für die Zukunft: Werden Menschen dann dank Exoskelett und anderen Hilfsmitteln trotz Bewegungseinschränkungen wieder gut gehen können?
Auf der ganzen Welt wird geforscht, damit Menschen trotz Einschränkungen wieder selbstständig gehen können. Doch das ist gar nicht so einfach, da der menschliche Gang sehr komplex ist und Behinderungen sehr individuell sind. Eine einzige Lösung für alle zu finden, ist daher nicht möglich. Glücklicherweise werden verschiedenste Gangstörungen erforscht. In nächster Zukunft wird sich das Exoskelett wohl noch nicht durchsetzen, bis jetzt sind diese Produkte nicht alltagstauglich, da sie sehr schwer sind und die Laufzeit der Batterie limitiert ist. Ich kann mir aber vorstellen, dass in 30 Jahren Exoskelette zum Alltag gehören und Rollatoren ersetzen werden. Sie werden Menschen mit einer Geheinschränkung oder älteren Personen viel Unabhängigkeit und Unterstützung im Alltag bringen. Exoskelette sollen dann vor Stürzen schützen, nach einer Verletzung stabilisieren oder älteren Menschen dabei helfen, länger mobil zu sein.
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