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Gesundheit

Wie setzt man gute Vorsätze um?

Gesundheitswissenschaftler und Motivationspsychologe Frank Wieber beschäftigt sich nicht nur zum Jahreswechsel mit Vorsätzen. Er forscht über Verhaltensänderungen und sucht nach geeigneten Strategien wie diese umgesetzt werden können. Das ist auch gesundheitspolitisch relevant, denn unser Lebensstil hat einen bedeutsamen Einfluss auf unsere Gesundheit.

Weniger Kaffee trinken, abnehmen, sich mehr bewegen, früher ins Bett gehen: Viele Vorsätze, die man sich zum neuen Jahr genommen hat, sind schnell wieder vergessen. Warum?

Viele Menschen fühlen sich verpflichtet, mit guten Vorsätzen ins neue Jahr zu starten, es ist eine Tradition bei uns. Während den Feiertagen haben viele Zeit und Ruhe, über ihr Leben nachzudenken, die Wünsche und Ziele rücken in den Vordergrund. Doch etwas «nur» zu wollen, genügt nicht, um das Verhalten nachhaltig zu ändern. Viele Ziele sind nicht näher durchdacht oder die Anforderungen, um sie zu erreichen, werden unterschätzt. Wenn der Alltag wieder einkehrt, erschweren es dann andere Ziele und Gewohnheiten, die Neujahrsvorsätze umzusetzen. Zum Beispiel lässt der arbeitsintensive Job kaum Zeit für Sport oder regelmässige Geschäftsessen durchkreuzen Diätpläne.

Welches sind die geeignetsten Strategien, um seine Vorsätze umzusetzen?

In der Forschung zur Verhaltensänderung sind 93 unterschiedliche Techniken identifiziert worden. Viele davon setzen wir intuitiv ein. Wenn wir uns beispielsweise mit Freunden zum Sport verabreden, setzen wir uns ein konkretes Ziel, formen einen Handlungsplan und ziehen soziale Unterstützung mit ein. Generell ist es eine sehr effektive Strategie, genau zu planen, wann, wo und wie wir unsere Ziele umsetzen. Das hilft, sowohl gute Gelegenheiten zu nutzen als auch Hindernisse zu überwinden. Wenn ich zum Beispiel abends nur schwer vom Sofa aufstehen kann, könnte ich planen: «Immer am Mittwoch nach der Arbeit renne ich gleich meine Lieblingsrunde!» Dazu lege ich bereits am Vorabend die Sportkleider bereit. Oder wenn ich weiss, dass ich in Gesellschaft oft mehr Alkohol trinke, als ich eigentlich möchte, kann ich mir im Voraus Antworten und Strategien zurechtlegen.

Ein «Nudge», ein kleiner Schubs, wie es der Nobelpreisträger Richard Thaler vorgeschlagen hat, hilft, kluge Entscheidungen anzustossen. Zum Beispiel kann man kein Bier mehr in der Wohnung haben, um erst gar nicht in Versuchung zu kommen. Oder beim Fernsehschauen bricht man sich nur einige Stücke Schokolade ab und nimmt nicht gleich die ganze Packung mit ins Wohnzimmer. So hat man bessere Chance, dem erhöhten Verlangen nach mehr zu widerstehen, das uns in den ersten 25 Sekunden nach dem Genuss der Schokolade überfallt.

Zudem zeigen Forschungen, dass man mit sich selbst viel härter ins Gericht geht als mit anderen Leuten. Darum sollte man sich selbst gegenüber eine gewisse Nachsicht zeigen, wenn nicht alle Vorsätze auf Anhieb klappen, und sie flexibel den aktuellen Möglichkeiten anpassen.

Was ist Ihre Motivation, über Verhaltensänderungen zu forschen?

Ein Ziel der Forschung ist, die individuelle Selbstbestimmung über das Gesundheitsverhalten zu stärken. Das ist mir ein wichtiges Anliegen. Denn wir wissen, dass unser Lebensstil einen bedeutenden Einfluss auf unsere Gesundheit hat. Wenn wir nicht rauchen, uns regelmässig bewegen, ungefähr normalgewichtig sind und nur moderat Alkohol trinken, können wir unser Risiko für chronische, nicht übertragbare Krankheiten deutlich reduzieren. Laut WHO sind diese Krankheiten, also Herz-Kreislauf-Probleme, Krebs, Diabetes oder Atemwegsprobleme, inzwischen für 70 Prozent der Todesfälle verantwortlich.

Abgesehen von der hohen individuellen und gesellschaftlichen Relevanz fasziniert mich das Thema persönlich. Ich habe immer wieder neue Ideen, wie ich mein Verhalten ändern möchte, und finde es spannend, zu testen, welche Strategien bei der Umsetzung gut funktionieren und welche nicht. Zum Beispiel habe ich mir für das neue Jahr vorgenommen, bewusst regelmässig Offline-Pausen zu machen, die ich im Sinne der Achtsamkeit ganz im Hier und Jetzt verbringe.