Bitte lächeln!
Lächeln verbessert nicht nur dein Lauferleben, sondern auch deine Laufökonomie. Das heisst, du verbrauchst weniger Sauerstoff bei gleicher Leistung. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie. Wir fassen die Resultate zusammen.
Keep Smiling
Bewusstes Lächeln verbessert die Leistung bei Marathonläufer/innen, davon war Ende 2017 in den Medien zu lesen. Das Journal Psychology of Sport and Exercise veröffentlicht nun in ihrer Januar-Ausgabe die Studie mit den entsprechenden Resultaten. Wir fassen hier die wichtigsten Erkenntnisse zusammen und geben euch Tipps, wie ihr diese in euer Training integrieren könnt.
Das Bleistift-Experiment
Bereits in der frühen Kindheit werden Assoziationen zwischen Lachen und positiven Gefühlen verknüpft und gelernt. Wenn wir lachen, sind wir fröhlich. Wenn wir lachen, geht es uns gut.
Wie auch ein imitiertes, bewusst erzeugtes Lachen zu einer positiven Stimmungsänderung kommen kann, haben bereits Strack, Martin und Stepper (1988) in ihrer Studie gezeigt. Sie orientierten sich an der Facial-Feedback-Hypothese, welche auf Charles Darwin zurückgeht und besagt, dass ein veränderter Gesichtsausdruck mit veränderten subjektiv wahrgenommen Emotionen einhergeht.
Die Autoren teilten Versuchspersonen in zwei Gruppen: Während die eine Gruppe sich einen Bleistift zwischen die Zähne klemmen musste, wurden die anderen Probanden dazu aufgefordert, den Bleistift mit den Lippen festzuhalten.
Bei einem echten Lächeln (sogenanntes Duchenne-Lächeln) kommt es zu einer Kontraktion zweier Muskeln, des Zygomaticus major für die Mundbewegung und des Orbicularis oculi für die Augen- und Wangenbewegung. Dies unterscheidet sich von einem simulierten, unechten Lächeln, bei welchem in der Regel die Aktivierung der Augenringmuskulatur fehlt.
Hält man nun den Bleistift zwischen den Lippen, werden die für das Duchenne-Lächeln relevanten Muskeln beansprucht und stehen entsprechend nicht zur Verfügung.
Mit dem Stift zwischen Zähnen oder Lippen mussten die Versuchspersonen dann einen Cartoon ansehen und anschliessend beurteilen. Das Ergebnis zeigte, dass diejenigen, die den Bleistift zwischen den Zähnen hielten, den Cartoon als signifikant witziger eingestuft hatten als die anderen Teilnehmer. Diese Ergebnisse machten die Facial-Feedback-Hypothese einem breiteren Publikum bekannt. Der Einfluss des Lächelns auf die Beurteilung von Lustigkeit konnte so eindeutig nie mehr repliziert werden. Dennoch konnte eine Vielzahl von Untersuchungen Zusammenhänge zwischen dem Gesichtsausdruck und dem eigenen emotionalen Erleben nachweisen, unter anderem im Sport: Mit einem Lächeln im Gesicht werden Anstrengungen als weniger stark wahrgenommen, in Regenerationsphasen sinkt der Puls rascher, die Muskulatur ist entspannter, und so weiter.
Lächeln verbessert die Laufökonomie
Die neue Studie von Brick, McElhinney und Metcalfe (2018) untersuchte die Auswirkung von verschiedenen Gesichtsausdrücken auf die Laufökonomie (Sauerstoffverbrauch bei gleicher Leistung) bzw. die sportliche Leistung bei Ausdauerläufer/innen. Die Verbesserung der Laufökonomie ist ein Ziel fast jedes Ausdauertrainings. Nicht nur wird im Training die maximale Sauerstoffaufnahme optimiert, es sollte sich auch der Sauerstoffverbrauch verbessern, indem Bewegungen in Bezug auf den Verbrauch ökonomischer werden.
24 trainierte Ausdauerläufer/innen absolvierten vier Laufeinheiten mit submaximaler Geschwindigkeit (bei 70% ihrer maximalen Sauerstoffaufnahme) entweder lächelnd, stirnrunzelnd, entspannt oder ohne konkrete Anweisung. Alle Läufer/innen bewältigten alle Bedingungen, die Reihenfolge war jedoch unterschiedlich und zufällig gewählt.
Die Läufer/innen wurden in den Einheiten beispielsweise aufgefordert: «Für die nächste Laufeinheit fokussiere bitte auf ein echtes Lachen. Dabei sind sowohl der Mund wie auch die Augen beteiligt. Bitte kontrolliere deinen Gesichtsausdruck und "keep smiling"». Die Anweisung zum Stirnrunzeln war analog dazu, die Probanden sollten einen möglichst mühevollen, angestrengten Gesichtsausdruck zeigen (sogenannter Face-of-Effort). In der Entspannungs-Bedingung erhielten die Probanden die Anweisung, Hände und Oberkörper zu entspannen (z.B. Kartoffelchip zwischen Daumen und Zeigefinger halten ohne zu zerbrechen).
Die Resultate zeigen, dass der bewusste Einsatz des Lächelns tatsächlich die Laufökonomie verbessern konnte. Bei einem Grossteil der Athleten/-innen reduzierte es den Sauerstoffkonsum während des Laufens im Vergleich zu den anderen Gesichtsausdrücken um ca. 2 Prozent. Dies klingt nach wenig, entspricht jedoch in etwa einer Steigerung der Ausdauerleistung, wie man sie auch nach einem 6-wöchigen Sprungkraft- oder einem 13-wöchigen Krafttraining feststellen kann (3; 4). Die Erklärung der Forscher dazu ist Folgende: Mit dem Lächeln sind oftmals angenehme Gedanken und Emotionen verbunden. Werden diese hervorgerufen, können sie zu einem Zustand der Entspannung führen. Die Aktivität des sympathischen Nervensystems wird dadurch reduziert, was einen verminderten Sauerstoffverbrauch während des Laufens zur Folge hat (5).
Umgekehrt zeigte sich, dass ein ernster und stirnrunzelnder Gesichtsausdruck die wahrgenommene Anstrengung erhöhte: Die gleiche Leistung wurde mit dem Face-of-Effort als strenger wahrgenommen als in den anderen Bedingungen. Das bewusste Entspannen von Händen und Oberkörper hatte in dieser Studie (im Gegensatz zu älteren) keinen Effekt.
Nachbefragungen brachten zutage, dass 17 von 24 Läufer/innen während des Lächelns tatsächlich erfreuliche Gedanken hatten, davon waren 11 während des Lächelns besonders ökonomisch unterwegs. Die weiteren Teilnehmer/innen hatten ein Lächeln lediglich simuliert, dennoch hatten auch diese einen ökonomischeren Sauerstoffverbrauch als in den anderen Bedingungen. Ein echtes Lächeln war also am effektivsten, jedoch brachte auch das simulierte Lächeln einen messbaren Nutzen.
Die Resultate legen nahe, dass es sich leistungssteigernd auswirkt, während Ausdauereinheiten immer wieder zu lächeln – nicht nur die Laufökonomie, auch das Lauferleben kann sich dadurch verbessern. Schon ältere Studien konnten nachweisen, dass lächelnde Ausdauersportler/innen subjektiv weniger Anstrengung erleben (6), die neue Untersuchung konnte nun zusätzlich mit leistungsphysiologischen Messungen einen tatsächlich geringeren Sauerstoffverbrauch nachweisen.
Natürlich lässt diese Studie noch keine allgemeingültigen Aussagen zu – der Effekt war nicht bei allen Läufer/innen gleich gross, Vereinzelte liefen sogar mit dem Face-of-Effort am effizientesten – dennoch lässt sich unter Berücksichtigung älterer Studien eine starke Annahme dahingehend treffen, dass ein Lächeln im Gesicht grundsätzlich positive Auswirkungen auf die Laufleistung hat.
Mit einem Lächeln durch den Marathon
Der Gesichtsausdruck vieler Läuferinnen und Läufern an einem Marathon dürfte sich über die Laufdistanz und -zeit im Durchschnitt von eher fröhlich zu eher angestrengt verändern. Es ist wohl schwierig, über 42.195 Kilometer ein Dauerlächeln aufrecht zu erhalten. Dennoch sollte es das Ziel sein, sich auch in grösster Anstrengung regelmässig ein Lächeln abzuringen. Diese Taktik verfolgt auch Eliud Kipchoge, unter anderem wendete er es beim «Breaking2», dem von Nike gesponserten Versuch, die Marathondistanz unter zwei Stunden zu laufen, an. Das alle paar Minuten auftauchende Lächeln im Gesicht des Marathon-Olympiasiegers war unübersehbar. Auch wenn Kipchoge mit 2:00:25 knapp scheiterte – was für einen Olympiasieger gut ist, kann auch Läufer/innen eines Marathons nicht schaden.
Die Übung in Kürze:
- Achte ab jetzt in den Trainings bewusst auf deinen Gesichtsausdruck. Grundsätzlich gilt: Ein echtes Lächeln ist besser als ein künstliches, aber auch dieses hatte in den Studien einen positiven Effekt. Vermeide das Face-of-Effort, wenn möglich auch bei grosser Anstrengung. Ein gequälter Gesichtsausdruck kann die Laufökonomie negativ beeinflussen.
- Baue in deine Laufeinheiten gelegentliches Lächeln ein. Verlängere die Lächel-Zeiten vorzu und verkürze die Zeitintervalle dazwischen.
Hier ein paar Ideen zur Umsetzung:
- Stelle deine Uhr so ein, dass sie dich alle fünf Minuten daran erinnert, für mindestens 30 Sekunden zu lächeln.
- Denke während dem Laufen an lustige Ereignisse zurück, welche dir ein echtes Lächeln entlocken. Tipp: Notiere dir dazu vor dem Laufen fünf Ereignisse, welche dich zum Lachen gebracht haben oder an welche du mit grosser Freude zurückdenkst.
- Stelle dir für den nächsten Lauf eine Playlist mit für dich besonders lustigen Podcasts zusammen (z.B. Komiker, ...)
- Für Mutige: Laufe durch die Stadt und lächle jedem Passanten zu.
Wundere dich nicht, wenn dir demnächst mehr grinsende Gesichter entgegenlaufen als gewohnt. ;-)
- Strack, F, Martin, L. L & Stepper, S. (1988). Inhibiting and Facilitating Conditions of the Human Smile: A Nonobtrusive Test of the Facial Feedback Hypothesis, Journal of Personality an Social Psychology, 54, 768-777.
- Brick, N., McElhinney, M. & Metcalfe, R. (2018). The effects of facial expression and relaxation cues on movement economy, physiological, and perceptual responses during running. Psychology of Sport and Exercise 34, 20-28.
- Turner, A. M., Owings, M., & Schwane, J. A. (2003). Improvement in running economy after 6 weeks of plyometric training. Journal of Strength and Conditioning Research, 17, 60-67.
- Barnes, K. R., Hopkins, W. G., McGuigan, M. R., Northuis, M. E., & Kilding, A. W. (2013). Effects of resistance training on running economy and cross-country performance. Medicine and Science in Sports Exercise, 45, 2322-2331.
- Williams, T. J., Krahenbuhl, G. S., & Morgan, D. W. (1991). Mood state and running economy in moderately trained male runners. Medicine and Science in Sports and Exercise, 23, 727-731.
- Philippen, P. B., Bakker, F. C., Oudejans, R. R. D., & Canal-Bruland, R. (2012). The effects of smiling and frowning on perceived affect and exertion while physically active. Journal of Sport Behavior, 35, 337-353.