Der persönliche Rennplan
Ein persönlicher Rennplan kann helfen, die Etappen planbar zu machen und den Lauf zu strukturieren.
Mit Plan voran
Ein berühmtes Sprichwort des chinesischen Philosophen Laotse lautet: «Selbst der längste Marsch beginnt mit einem ersten Schritt.» Dies lässt sich auch auf den Marathon übertragen, denn auch der beste Läufer sollte seinen Lauf in Etappen unterteilen. Ein persönlicher Rennplan kann helfen, die Etappen planbar zu machen. In diesem Input erklärt Prof. Dr. Christoph Negri, wie so ein Rennplan aussehen kann.
Christoph Negri ist Sportpsychologe und Leiter des IAP Institut für Angewandte Psychologie. Er hat selbst schon viele Marathons erfolgreich bestritten (unter anderem in Zürich, Berlin und New York) und ist in der Trainerbildung des OL-Nationalkaders tätig.
Video: Weshalb ein Rennplan wichtig ist
Ein Rennplan für die Strukturierung des Laufes
Ein Rennplan ist im besten Fall auf die konkrete Strecke ausgelegt und beinhaltet die persönliche Strategie und Hilfestellungen, die man braucht, um jeden Abschnitt zu meistern. Es ist von Vorteil, schon einige Wochen vor dem Lauf eine erste Version des Rennplans zu entwerfen und im Groben zu verinnerlichen. Dieser kann dann bis zum Lauf je nach Vorbereitung und aktueller Form noch leicht angepasst werden, bevor er definitiv verinnerlicht wird. Die wesentlichen Fokuspunkte sind Atmung, Tempo, Aufmerksamkeit und Selbstgespräche. Aber auch alternative Strategien können Teil des Rennplans sein: Wie verhalte ich mich, wenn ich hinter meinen Zeitplan zurückfalle? Was mache ich, wenn ich einen Krampf bekomme? Wie motiviere ich mich, wenn ich die Verpflegungsstation verpasst habe? Woraus ziehe ich Freude und Motivation, wenn ich von negativen Gedanken behindert werde? Auch einzelne Hürden und Anreize auf der Strecke sollten in einen Rennplan integriert werden. Zum Beispiel, wie man die Atmung und das Tempo bei einem steilen Abschnitt anpasst, ob man einen bestimmten Teil der Strecke bewusst gemeinsam mit anderen Läufern laufen will oder ab welchem Punkt man sich von den anspornenden Zuschauern beflügeln lassen will. Je detaillierter der Rennplan ausgearbeitet ist, desto besser kann er im Lauf unterstützen. Das Erstellen, Verinnerlichen und Einhalten eines Rennplans sollte, genau wie die anderen mentalen Unterstützungsmöglichkeiten auch, im Vorfeld des Rennens ausgiebig geübt und ins Training integriert werden, damit es im Lauf gewinnbringend eingesetzt werden kann. Dabei merkt man schnell, welche Vorgaben leichter einzuhalten sind und welche mehr Mühe bereiten, anhand welcher «Marker» bzw. Anhaltspunkte man sich während des Trainings an die Vorgaben erinnern kann, was ein guter «Plan B» sein könnte oder welche Verhaltensregeln noch konkreter ausgearbeitet werden müssten.
Die Übung in Kürze:
- Phasen einteilen
Unterteile eine Trainingsstrecke, die du schon gut kennst, in verschiedene Phasen. Nutze als Basis, was du bereits über die Strecke weisst: Steigungen, Trinkgelegenheiten (z.B. Brunnen), Untergrund usw. - Titel setzen
Was charakterisiert die verschiedenen Phasen? Suche passende Titel für die gewählten Streckenabschnitte. - Mit Stichwörtern verknüpfen
Überlege dir, welche Anforderungen die einzelnen Phasen mit sich bringen, worauf du achten willst und was dich beim Laufen und Bewältigen des Abschnitts unterstützen kann (z.B. positive Selbstgespräche wie «Ich bleibe dran», Aufmerksamkeit bewusst auf Lauftechnik legen, usw.). Verknüpfe diese Gedanken mit Stichwörtern und notiere sie. Sie dienen dir als Ankerpunkte. - Verinnerlichen und abrufen
Laufe deinen Rennplan in Gedanken immer wieder durch und verinnerliche die Ankerpunkte, die du gesetzt hast. So kannst du sie im Training gezielt abrufen.
Wenn du dies trainiert und Erfahrungen gesammelt hast, was bei dir nützt und was weniger, kannst du das gleiche Prinzip, inklusive gesammelter Erfahrungen, auf die Marathonstrecke übertragen. Nutze dafür als Basis die Streckenpläne des Marathons. Darin findest du Angaben zu Verpflegungsposten, Kilometertafeln und Details zum Höhenprofil.
Merke: Denken kostet Energie, und im Marathon brauchst du davon jedes Quäntchen. Je besser dein Rennplan ist, je mehr «automatische» Verhaltensoptionen für verschiedene Szenarien du im Kopf hast, desto weniger Energie wirst du dafür während des Marathons benötigen. Diese steht dir dann für anderes, z.B. das Laufen selber oder für deine Konzentration, zur Verfügung.