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Angewandte Psychologie

Fast 40 Prozent der Schweizer Jugendlichen in Kontakt mit Fake-News

Sie vertrauen zwar den klassischen Medien, ihre Informationen beziehen Schweizer Jugendliche aber zunehmend aus sozialen Medien. Dies zeigt der neuste JAMESfocus-Bericht der ZHAW und Swisscom. Ein solcher Medienkonsum begünstigt Fake-News und konfrontiert Jugendliche mit Manipulation und Fehlinformation.

Zwei Drittel der Schweizer Jugendlichen interessieren sich für aktuelle Ereignisse in der Welt. Dies ist positiv, denn in einem demokratischen Staat ist es wichtig, dass sich jede und jeder über politische und gesellschaftsrelevante Themen eine faktenbasierte Meinung bilden kann. Statt klassische Massenmedien nutzen die Jugendlichen allerdings vermehrt soziale Netzwerke wie Facebook oder Instagram und laufen somit Gefahr, mit Falschmeldungen – sogenannten Fake-News – konfrontiert und manipuliert zu werden. Dies zeigt der aktuelle JAMESfocus-Bericht der ZHAW Fachgruppe Medienpsychologie und Swisscom. Er untersucht, wie sich die 12- bis 19-Jährigen in der Schweiz informieren.

Interessiert an aktuellen Ereignissen

57 Prozent der befragten Jugendlichen erachten es als ziemlich oder sehr wichtig, über tagesaktuelle News Bescheid zu wissen. «Das ist gerade im Hinblick auf die direktdemokratische Partizipation in der Schweiz ein positives Signal», sagt ZHAW-Medienpsychologe Gregor Waller. Für die Jugendlichen sind die wichtigsten Interessengebiete Musik (67 Prozent), gefolgt von aktuellen Ereignissen (66 Prozent), Sport (55 Prozent) oder Stars (48 Prozent). Hingegen interessiert sich nur etwas mehr als ein Drittel für internationale Politik und nur ein Fünftel für Schweizer Politik.

Informationsquellen der Jugend

Die am tagesaktuellen Weltgeschehen uninteressierten Jugendlichen nutzen potenzielle Nachrichtenquellen nur selten und können sich deshalb nur vermindert Kompetenzen im Umgang mit News aneignen – und sind damit anfällig für Desinformation. Ein Drittel versorgt sich vor allem über Gespräche oder neue Medien mit Informationen. Ein weiteres Drittel informiert sich über klassische Massenmedien.

Insgesamt geben rund 40 Prozent der Jugendlichen an, bereits einmal in Kontakt mit einer Meldung gekommen zu sein, die sich im Nachhinein als falsch erwiesen hat. Bei den Angaben handelt es sich um Selbsteinschätzungen. «Die Jugendlichen haben nur Falschmeldungen angegeben, die sie auch als solche erkannten», erklärt Medienwissenschaftlerin Céline Külling das Vorgehen. «Wir vermuten, dass Jugendliche noch zu einem viel höheren Anteil falschen Informationen ausgesetzt sind».

Vertrauen in klassische Medien am höchsten

Um Falschmeldungen zu erkennen, braucht es Anstrengungen seitens Eltern und Schule. Denn nur ausgerüstet mit entsprechenden Kompetenzen können sich junge Menschen fundiert informieren. «Manchmal ist es einfach, Lügen von Tatsachen zu unterscheiden. Manchmal aber auch nicht. Medienerziehung heisst in diesem Zusammenhang, Werkzeuge und Methoden zu bieten, mit denen Kinder und Jugendliche Wahres von Falschem unterscheiden können», sagt Michael In Albon, Jugendmedienschutz-Beauftragter bei Swisscom. Dazu gehört auch ein vielfältiges Mediensystem, das qualitativ hochwertigen Journalismus ermöglicht. Deshalb braucht es vermehrt das Bewusstsein, dass faktengeprüfte News ressourcenintensiv sind und nur möglich bleiben, wenn Konsumenten dafür bezahlen. Obwohl sich ein zunehmender Teil der Jugendlichen nicht über klassische Massenmedien informiert, ist das Vertrauen in diese Medien am grössten. Als glaubwürdigste Quelle wird allen voran das Fernsehen genannt, gefolgt von Zeitungen. Obwohl sich nur ein Drittel der 12- bis 19-Jährigen über das Fernsehen informiert, scheint es als vertrauenswürdiger Informationskanal tief verankert zu sein. «Dies dürfte damit zusammenhängen, dass die Schweiz über einen vielseitigen, qualitativ hochwertigen Service Public verfügt», folgert Céline Külling. Auch wenn die Jugendlichen die Angebote der SRG eher selten nutzen, haben Sendungen wie die «Tagesschau» in vielen Haushalten ihren festen Platz und prägen die Wahrnehmung.

Skepsis bei Internet am grössten

Dem Internet vertrauen die Jugendlichen am wenigsten. Nur einem Fünftel scheint das meiste an Informationen im Internet glaubwürdig. Der Rest der Jugendlichen glaubt, dass nur etwa der Hälfte oder noch weniger vertraut werden kann. Jugendliche haben offenbar ein gesundes Misstrauen gegenüber dem Internet als Nachrichtenquelle und hinterfragen diese Quelle für Informationen durchaus kritisch. Gerade deshalb ist es auch bedenklich, dass Jugendliche immer stärker darauf zurückgreifen. «Deshalb ist es wichtig, dass gerade öffentlich-rechtliche Institutionen News-Formate entwickeln, die ein junges Publikum ansprechen und die auch genutzt werden», sagt Gregor Waller. Sonst bleibt die Nutzung des qualitativ hochwertigen Service Public sehr gering. Und nur verlässlich informierte Jugendliche können sich eine faktenbasierte Meinung bilden und sind als Volljährige befähigt demokratische Stimm- und Wahlverantwortung zu übernehmen.

JAMES-Studie und JAMESfocus-Bericht

Seit 2010 werden in der JAMES-Studie von der ZHAW im Auftrag von Swisscom alle zwei Jahre über 1000 Jugendliche im Alter von 12 bis 19 in den drei grossen Sprachregionen der Schweiz zu ihrem Medienverhalten befragt. Die JAMESfocus-Reihe nutzt die Daten der JAMES-Studie und analysiert vertieft weitere Aspekte. 2019 sind nebst diesem die Berichte «Digitale und audiovisuelle Medien im Unterricht» sowie «Mediennutzung und Gesundheit» geplant.

Kontakte

ZHAW Departement Angewandte Psychologie, +41 58 934 84 08, tanja.vonrotz@zhaw.ch
Swisscom AG, Mediendienst, 3050 Bern, +41 58 221 98 04, media@swisscom.com