Lean-Success-Stories – Spitalzentrum Biel
Wir sind umgezogen!
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Eva Hollenstein, Katja Rüegg (V01)
Ausgangslage
Land: Schweiz
Spital: Spitalzentrum Biel
Spitalbereich: Station für Viszeral-, Gefäss- und Lungenerkrankungen sowie Orthopädie
Problemstellung
Die Arbeitsabläufe der Bettenstation waren bisher traditionell organisiert. Die Pflegenden hatten zahlreiche unterschiedliche Aufgaben, wie beispielsweise die Bestellung und Vorbereitung von Medikamenten für einzelne Patientinnen und Patienten. Arbeitsprozesse und Zuständigkeiten führten häufig zu langen Laufwegen auf der Station. Die Tätigkeiten der Pflegenden wurden zudem häufig unterbrochen. Die Dokumentation der Patientendaten fand im Stationsbüro statt. Generell war die Zeit, die den Pflegenden für die Betreuung der Patientinnen und Patienten zur Verfügung stand, gering. Das primäre Ziel des Projekts war die Steigerung der Mitarbeitenden- und Patientenzufriedenheit sowie die Steigerung der Patientensicherheit durch die Anwendung von Lean-Methoden auf der Station.
Projektbeschreibung
Projektjahr: 2014
Projektdauer: ca. 10 Monate
Vorbereitung
12 Kadermitarbeitende (Geschäftsleitungsmitglieder, Chefärztinnen und Chefärzte, Departementsleitende und Pflegeleitungen) besuchten im Rahmen eines Study-Trips mehrere Lean-Spitäler und ambulante Einrichtungen, darunter ein Spital in Seattle (USA) sowie das Spital Liestal. Das Ziel war, Prozesse und Umsetzungen von Lean-Hospital-Konzepten in der Praxis kennen zu lernen und zu verstehen, wie sie auf die spezifischen Anforderungen der jeweiligen Station übertragen werden können.
Im Vorfeld der Umsetzung mussten zum einen die Mitarbeitenden über die künftigen Veränderungen auf der Station informiert und bezüglich der neuen Methodik geschult werden. Zum anderen waren kleinere bauliche Veränderungen notwendig.
Tools
In einem interdisziplinären Projektteam wurden Lösungen entwickelt und getestet, um das Arbeiten nach Lean-Management ganzheitlich zu ermöglichen.
Folgende Tools wurden implementiert:
- Die Hourly-Safety-Round beinhaltet stündliche Kontrollen bei Patientinnen und Patienten mit der Erfüllung anstehender Aufgaben und Kontrollen. Dieses Tool verhindert Unterbrechungen durch die Patientenklingel bei anderen Tätigkeiten und trägt nachweislich zur Patientensicherheit bei.
- Das Huddle-Board beinhaltet wichtige Kennzahlen und Reports. Hier finden zwei Mal täglich kurze Treffen statt, bei denen der Tagesablauf auf der Station besprochen wird.
- Der mobile Pflegewagen enthält alle notwendigen Materialien und vermindert so die Laufwege des Personals. Ein Laptop ermöglicht die Dokumentation der Patientendaten am Patientenbett und erhöht dadurch die Zeit, die bei der Patientin/dem Patienten verbracht werden kann.
- Das Flow-Board wird stündlich aufgesucht. Es dient der Planung der anfallenden Tätigkeiten auf der Hourly-Safety-Round und der qualifikationsgerechten Verteilung von Aufgaben.
- Der Medikamentenrichtplatz bietet einen separaten Raum, in dem die Pflegenden ungestört Medikamente vorbereiten können. Diese Aufgabe wird von einer verantwortlichen Person für alle Patientinnen und Patienten erledigt. Durch die Bereitstellung eines separaten Raums werden Ablenkungen minimiert und somit das Risiko von Fehlern bei der Medikamentenzuteilung stark dezimiert.
- Patientenboards informieren die Patientinnen und Patienten über die Namen des Behandlungsteams sowie Termine, Ziele und das voraussichtliche Austrittsdatum. Sie sind in Sichtweite der Patientenbetten montiert und werden von den Patientinnen und Patienten als Informationsquelle sehr geschätzt.
Umsetzung
Alle Prozesse und Arbeitsmethoden wurden an einem bestimmten Tag auf die Lean-Management-Methoden umgestellt (sogenanntes Big-Bang-Prinzip).
Um sich auf diesen Tag vorzubereiten, wurden alle Mitarbeitenden einschliesslich der Ärzteschaft mittels einer E-Learning-Plattform und Trainings geschult. In den ersten Tagen nach der Einführung standen dem Pflegepersonal vor Ort bis zu drei Personen für Fragen bei der Umsetzung zur Verfügung. Um neben den Mitarbeitenden auch die Patientinnen und Patienten auf die Umstellung aufmerksam zu machen, wurde allen am Einführungstag ein kleines Geschenk überreicht.
Resultat
Der Bettenstation des Spitalzentrums Biel ist es gelungen, mit dem gleichen Personalaufwand mehr Patientinnen und Patienten effizienter zu behandeln und gleichzeitig die Behandlungsqualität zu verbessern.
Ergebnisse Mitarbeiter
Die anfängliche Zurückhaltung bei Projektstart hat sich durch die gute Kommunikation mit den Mitarbeitenden schnell in Begeisterung gewandelt. Die Mitarbeitenden haben früh erkannt, dass es sich bei dem Projekt um wichtige Veränderungen handelt und sich auch die eigenen Arbeitsbedingungen so verbessern (zum Beispiel Reduktion der früher üblichen Überstunden). Eine Erhöhung der Zufriedenheit konnte bereits kurz nach Beginn des Projektes festgestellt werden.
Ergebnisse Patient
In der Patientenbetreuung konnten Verbesserungen im Rahmen des stündlichen Rundgangs erzielt werden (durch Standardisierung der Betreuungsabläufe und Erhöhung der verfügbaren Zeit beim Patienten). Zudem konnte auch die Patientenzufriedenheit durch die stündliche Runde erhöht werden.
Erfolgsfaktoren/Hindernisse
Die grösste Herausforderung des Projektes bestand in der Vielzahl von Veränderungen, die zudem teils in gegenseitiger Abhängigkeit standen. Die daraus resultierende Komplexität des Projektes war für die Projektbeteiligten sehr anspruchsvoll. Von den dabei gewonnenen Erkenntnissen kann jedoch in kommenden Projekten profitiert werden. Nicht alle Veränderungen, die das Projekt anstrebte, wurden von Beginn an von allen Mitarbeitenden getragen. Professionelle Kommunikation und Überzeugungsarbeit war notwendig, um zurückhaltende Mitarbeitende für das Projekt zu gewinnen. Schliesslich führten Probleme bei der baulichen Umsetzung des Projektes zu einer Verzögerung von einigen Wochen.
Bitte zitieren Sie diese Quelle wie folgt:
Hollenstein, E. & Rüegg, K. (2016). Lean-Success-Stories–Spitalzentrum Biel. In A. Angerer (Hrsg.), LHT-BOK – Lean Healthcare Transformation Body of Knowledge, Version 1.0. Winterthur. Abgerufen von www.leanhealth.ch
Literatur
Angerer, A. & Brand, T. (2015). Lean Hospital – Optimierung einer Bettenstation am Beispiel des Spitalzentrums Biel (forthcoming).
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