Zentrum für Kulturmanagement und Dampfzentrale Bern schliessen erste umfassende Lohnstudie für die freie Kulturszene Schweiz ab
Gefördert durch Migros-Kulturprozent m2act hat das Zentrum für Kulturmanagement im Auftrag der Dampfzentrale Bern die Entwicklung der Arbeitsbedingungen und Löhne in der freien Kulturszene in der Schweiz untersucht.
Wie gehen kleine Theater, Festivals und Konzertveranstalter mit der Teuerung um, woher stammen ihre Mittel und wie legen sie die Gehälter fest? Antworten auf diese und ähnliche Fragen zu finden ist essenziell, um die Situation unabhängiger Kulturbetriebe zu verstehen und auch in Zukunft ein vielfältiges kulturelles Angebot zu gewährleisten. Daher hat das ZKM in Zusammenarbeit mit der Dampfzentrale Bern und Unterstützung von Migros-Kulturprozent m2act eine schweizweite Untersuchung zu den Anstellungs- und Lohnverhältnissen in der freien Kulturszene durchgeführt.
Der Fokus der Studie lag auf dem Backoffice-Personal. Im Gegensatz zu den eigentlichen Kunstschaffenden ist es meist festangestellt und leistet gleichermassen unverzichtbare Arbeit für gelungene Kulturangebote. Gleichwohl gelten die Einkommenssituation und soziale Absicherung dieser Arbeitskräfte, wie im gesamten Kultursektor, als wenig attraktiv.
Um verlässliche Daten dazu zu sammeln, entwickelte ein von der Dampfzentrale gegründetes Sounding-Board (Michelle Akanji, Anneli Binder, Karin Bitterli, Sophie Mercier, Thomas Keller, Liliane Kuert, Martin Schick und Barbara Stocker) gemeinsam mit Expert:innen der ZHAW einen Fragebogen, der an Führungspersonen von insgesamt 59 Betrieben in der freien Kulturszene versendet wurde. Die Rücklaufquote lag bei knapp 50%. In der Stichprobe waren elf Kantone aus allen drei grossen Sprachregionen des Landes vertreten. Bei den Kulturbetrieben handelte es sich um etablierte Institutionen, von denen keine jünger ist als 10 Jahre. Grösstenteils waren kleinere Organisationen mit einem hohen Anteil an Teilzeitarbeit vertreten: Der Median der Anzahl Angestellten lag bei 13, der Median der Vollzeitäquivalente bei 7.85. Im Mittel finanzieren sich die Betriebe zu gut zwei Dritteln aus Subventionen, zu etwa 20% aus Eigenerträgen und etwa 10% aus Drittmitteln wie Spenden und Sponsorengeldern. Insgesamt ergab dies ein kleines, aber recht aussagekräftiges Sample für die freie Kulturszene der Schweiz.
Die Analyse der Umfrageergebnisse fokussierte auf den Faktoren, die den Lohn beeinflussen, auf den konkreten Lohnangaben und auf den Fringe Benefits (Lohnzusatzleistungen). Gemäss Selbstdeklaration der Umfrageteilnehmenden sind Führungs- und Personalverantwortung, Tätigkeitsbereich und Berufserfahrung die wichtigsten Einflussfaktoren für die Lohnhöhe, wohingegen nur in wenigen Betrieben die Löhne stark von der Leistung abhängen. Eine Mehrheit gab an, dass die Entlohnungspraxis zwar fair und transparent ist, aber nicht attraktiv genug, um neue Talente anzuziehen. Dementsprechend sei es für gewisse Funktionen, in denen ein Mangel an Fachkräften herrscht (z. B. Techniker:innen), sehr schwer, Personal zu finden.
Die Studie zeigte auch, dass viele Betriebe mit knappen Budgets zu kämpfen haben: Da ihre Subventionen nicht mit der Teuerung Schritt hielten, können die Gehälter nur unzureichend den steigenden Lebenshaltungskosten angepasst werden. Ein grosser Teil der Befragten hofft daher auf höhere Zuwendungen der öffentlichen Hand. Um dennoch als Arbeitgeber:in attraktiv zu sein, setzen viele Betriebe auf Fringe Benefits, die nicht das Portemonnaie der Mitarbeitenden begünstigen, sondern ihre Work-Life-Balance: Mehr Ferien als gesetzlich vorgeschrieben, Home-Office, unbezahlten Elternurlaub.
Als zentrales Resultat wird aus den Studienergebnissen eine Lohntabelle gemäss dem Vorbild des Fair Pay Gehaltsschemas der IG Kultur Österreich erstellt. Grundlage hierfür bildeten die von den Befragten deklarierten Bruttojahreslöhne der Angestellten, vom Kassen- und Reinigungspersonal bis zur künstlerischen Leitung. Dabei wurde auch die Anzahl Jahre relevanter Berufserfahrung erfasst. Insgesamt kamen so Lohndaten zu 115 Angestellten in der freien Kulturszene zusammen. Die untenstehende Lohntabelle weist die Medianlöhne nach Tätigkeitsbereich und Berufserfahrung aus und zeigt, dass die Löhne erwartungsgemäss mit zunehmender Komplexität der Tätigkeit und zunehmender Erfahrung steigen. Der Anstieg ist jedoch nicht überall festzustellen und nicht immer linear. Ob dies systematische Gründe hat oder zufälligen Schwankungen geschuldet ist, lässt sich auf Grundlage der Datenbasis jedoch nicht zweifelsfrei klären.
Median der Brutto-Jahreslöhne in der freien Kulturszene der Schweiz
Mit der Lohnstudie “Freie Kulturszene Schweiz” machten die Dampfzentrale Bern und das ZKM einen ersten wichtigen Schritt, um eine Diskussion über die finanzielle Situation unabhängiger Kulturbetriebe zu lancieren. Die Ergebnisse der Studie bilden eine fundierte Datengrundlage zur Orientierung und evidenzbasierten Entscheidungsfindung sowie für weitere Projekte zur Verbesserungen zugunsten der freien Kulturszene in der Schweiz.
Sind Sie an einer Kooperation mit dem Zentrum für Kulturmanagement interessiert? Weitere Informationen zu Kooperationsmöglichkeiten finden Sie hier.