Nachhaltigkeitsbeurteilungen in der KMU-Finanzierung
In einem aktuellen Innosuisse-Projekt wird in Zusammenarbeit mit mehreren Kantonalbanken und der RSN Risk Solution Network AG die Entwicklung eines neuen Beurteilungsmodells angestrebt. Dieses soll neben ökonomischen Aspekten auch kreditrisikorelevante Nachhaltigkeitsindikatoren in die Beurteilung von KMU-Krediten integrieren.
Nachhaltigkeit mit zunehmender Bedeutung im Kreditgeschäft
Nachhaltigkeitsbezogene Aspekte werden im Kreditgeschäft von Schweizer Banken aktuell noch nicht systematisch berücksichtigt, insbesondere nicht im KMU-Segment. Ökologische oder soziale Faktoren werden höchstens unstrukturiert erfasst, allenfalls qualitativ geprüft oder dienen als Ausschlusskriterium. Eine differenzierte und strukturierte Beurteilung fehlt aktuell. Dabei gehen aus der gegenwärtigen Nachhaltigkeitstransformation sowohl Chancen als auch Risiken hervor. Der Regulator (FINMA) erwartet von Banken, dass diese Risiken, bedingt durch den Klimawandel, angemessen berücksichtigt und in die Kreditvergabeprozesse integriert werden.
Breit abgestütztes Forschungsprojekt
Im Rahmen dieses Innosuisse-Projekts des Instituts für Financial Management der ZHAW School of Management and Law und des Instituts für Finanzdienstleistungen der Hochschule Luzern wird die Entwicklung eines neuen Beurteilungsmodells für die KMU-Finanzierung angestrebt. Die Kantonalbanken der Kantone Aargau, Bern, Graubünden, Luzern und Thurgau sowie die Risikomanagement-Boutique RSN Risk Solution Network AG konnten für dieses Projekt als Praxispartner gewonnen werden.
Das neue Beurteilungsmodell soll neben ökonomischen Aspekten kreditrisikorelevante Nachhaltigkeitsindikatoren in die Beurteilung von KMU-Krediten integrieren. Dabei wird primär die finanzielle Materialität (also der Einfluss von Umweltveränderungen auf die finanziellen Risiken des Unternehmens und damit die Ausfallwahrscheinlichkeit) berücksichtigt, da diese für alle kreditgebenden Banken gleichermassen gilt. Die in diesem Projekt involvierten Banken stehen diesbezüglich demnach alle vor der gleichen Herausforderung. Zur Impact Materialität eines Kreditgeschäfts kann sich jede Bank individuell positionieren, weshalb dies nicht Teil des Projektes ist. Es wird zudem kein extern kommunizierbares Nachhaltigkeitsrating angestrebt. Die in diesem Projekt erhobenen Parameter sollen jedoch möglichst deckungsgleich mit jenen von bestehenden ESG-Rating-Anbietern sein, um Doppelspurigkeiten bei der Datenbereitstellung seitens der KMU zu vermeiden.
Verbesserung der Kreditbeurteilung
Erkenntnisse aus der Forschung sowie bestehende Methodologien von Nachhaltigkeitsrating- und Kreditrating-Agenturen werden im Projekt kombiniert und auf KMU adaptiert. Nachhaltigkeitsrating- und Kreditrating-Agenturen haben ihre Methodologien primär auf internationale Grosskonzerne ausgerichtet. In einer empirischen Untersuchung wird die Qualität der von KMU erhebbaren Daten validiert und mit statistischen Methoden zu einem aussagekräftigen Modell konsolidiert.
Die RSN Risk Solution Network AG wird die Erkenntnisse aus dem Projekt nach Möglichkeit in ihre auf KMU ausgerichtete Kreditbeurteilungsmethodik integrieren, was die Skalierbarkeit des Projekts sicherstellt. Die fünf Kantonalbanken beteiligen sich an der empirischen Datenerhebung, welche 2024 und 2025 erfolgen wird. Anhand der im bisherigen Projektverlauf identifizierten Nachhaltigkeitsindikatoren werden in mehreren hundert Kundengesprächen die Nachhaltigkeitsstrategien der Unternehmen besprochen. Die Resultate geben Aufschluss über den Stand der aktuellen Nachhaltigkeitstransformation der jeweiligen Unternehmen, was wiederum die Beurteilung derer finanziellen Leistungsfähigkeit ermöglicht.
Die Partizipation der zahlreichen Praxispartner an einem Innosuisse-Projekt unterstreicht das Marktbedürfnis und stellt die Qualität der erhobenen Daten sicher.
Kontakt
Andreas Schweizer
Dozent am Institut für Financial Management
+41 (0) 58 934 78 94
andreas.schweizer@zhaw.ch