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Data Embassy, i-Voting und X-Road: Estlands CIO trifft die ZHAW

Der Chief Information Officer (CIO) der estnischen Regierung, Siim Sikkut, war am 5. Februar 2021 Gastredner im neuen ZHAW-Weiterbildungskurs «Diplomacy in the Digital Age». Er erläuterte, wie Estland zu einem der digitalen Vorreiter in Europa geworden ist, und sprach über die Herausforderungen, die noch vor dem baltischen Staat liegen.

Während sich die Schweiz darauf vorbereitet, am 7. März über die Einführung einer elektronischen Identität (e-ID) abzustimmen, befasste sich der Weiterbildungskurs «Diplomacy in the Digital Age» mit Estland, das ähnlich gross wie die Schweiz ist, aber nur 1,3 Millionen Einwohner hat. Seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1991 hat Estland die neuen digitalen Werkzeuge proaktiv genutzt und eine breite Palette öffentlicher Dienstleistungen online angeboten. So hat das Land beispielsweise bereits 2005 das i-Voting eingeführt, und heute wird die Hälfte aller Stimmen online abgegeben.

Estland hat seine digitale Strategie entwickelt, um mehr Effizienz zu erreichen und Geld zu sparen. Während Privatpersonen nach wie vor die Möglichkeit haben, sich in Papierform anzumelden, müssen Unternehmen von der Registrierung bis zur elektronischen Steuererklärung alles online abwickeln, was die Geschäftsabwicklung erleichtert. Das Land hat die e-Residency eingeführt, die es ausländischen Bürgern und KMU ermöglicht, von den estnischen e-Services zu profitieren. Heute werden pro Tag mehr e-Residencies ausgestellt als Geburten.

Interoperabilitätsdienste

Im Jahr 2001 entwickelte Estland X-Road, eine softwarebasierte Lösung, die die Interoperabilität zwischen verschiedenen Organisationen und Informationssystemen - sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor - sicherstellt, so dass sie harmonisch zusammenarbeiten können und ein sicheres Umfeld bieten. Diese Lösung wurde auch in Finnland, Kirgisistan, auf den Färöer Inseln, in Island und Japan eingeführt.

Ein solches System kann jedoch auch das Ziel von Cyberangriffen sein. Im Jahr 2007 wurde Estland mit dem ersten und bisher grössten Cyberangriff auf eine Nation konfrontiert. Infolgedessen entwickelte die Regierung einen Notfallplan. Sie richtete eine so genannte Data Embassy ein, d. h. ein digitales Backup wird im Ausland gehostet - derzeit in Luxemburg -, damit die öffentlichen Dienste weiterlaufen können, falls das Land bei einem Angriff keinen Zugriff auf seine Daten hat.

Eine nationale KI-Strategie

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz ermöglicht es der Regierung auch, ein neues Mass an Effizienz zu erreichen. So hilft maschinelles Lernen beispielsweise bei der Transkription von Gerichtsakten, während Satellitenbilder genutzt werden können, um zu inspizierende Grundstücke zu identifizieren oder das Mähen von Grasland für die Überprüfung von Agrarsubventionen zu erkennen.

Im Juli 2019 hat Estland seine nationale KI-Strategie - #KrattAI - verabschiedet, die darauf abzielt, den Einsatz von KI sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor sowie in der Wirtschaft insgesamt zu fördern. Darüber hinaus kann #KrattAI die digitalen öffentlichen Dienste verbessern, indem es die bestmögliche Nutzererfahrung schafft.

Estland experimentiert ständig, um noch weiter zu gehen. Wie Siim Sikkut es zusammenfasst: «Es geht nicht um Geld, es geht nicht um Technik, es geht um Veränderung.»

Kontakt: Dominique Ursprung, Studiengangleiter WBK Diplomacy in the Digital Age