Geoökonomischer Showdown um die grösste Freihandelszone der Welt
Mit den Beitrittsanträgen Chinas, Taiwans und des Vereinigten Königreichs könnte das Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership (CPTPP) schon bald ein Drittel des weltweiten BIP ausmachen. Was bedeutet diese dynamische Expansion für abwesende Staaten wie die Vereinigten Staaten und die Schweiz?
Dominique Ursprung, der auch Geschäftsführer der Handelskammer Schweiz-Japan ist, beschäftigt sich seit einigen Jahren mit der sich verändernden Welt der Freihandelsabkommen. Das grösste bilaterale Handelsabkommen der Welt, das im Sommer 2017 zwischen Japan und der EU abgeschlossen wurde, war für ihn ein Weckruf für die Schweiz als Handelsnation: Solche bedeutenden Abkommen können zu einer Diskriminierung von Nicht-Mitgliedern auf den betroffenen Märkten führen. Im Falle Japans etwa leiden Schweizer Exporteure von Milchprodukten unter Umsatzeinbussen, weil ihre Konkurrenten in Deutschland und Frankreich ihre Waren zollfrei nach Japan exportieren können, während Schweizer Unternehmen Zölle zwischen 15 und 30 Prozent bezahlen. Dieses Beispiel zeigt sehr deutlich, dass solche globalen Verschiebungen sehr konkrete Auswirkungen auch auf die internationalen Aktivitäten von Schweizer Unternehmen haben.
Gemeinsam mit Patrick Ziltener, Experte für internationalen Handel an den Universitäten Zürich und St. Gallen, hat Ursprung die unerwartete Trendwende hin zur Bildung grosser Freihandelszonen analysiert. In einem kürzlich in "Die Volkswirtschaft" erschienenen Artikel zeigen sie, dass dieser Trend über das im Februar 2019 in Kraft getretene Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) zwischen der EU und Japan hinausgeht. Zu dieser Entwicklung gehört auch die bisher grösste Freihandelszone der Welt, die Regionale Umfassende Wirtschaftspartnerschaft (RCEP), ein Vertrag, der zwar unterzeichnet, aber noch nicht in Kraft getreten ist. In ihrem Artikel heben die beiden Autoren die Bedeutung der dynamischen Kraft der dritten dieser grossen Initiativen, des Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership (CPTPP), für die Schweiz und die Vereinigten Staaten hervor. Obwohl keine der beiden Volkswirtschaften an diesem "mega-regionalen" Abkommen beteiligt ist, das seit Ende 2018 in Kraft ist, beobachten beide die Entwicklung von der Seitenlinie aus.
Das Besondere am CPTPP ist, dass es ausdrücklich für neue, auch nicht regionale Mitglieder offen ist, und diese Möglichkeit wird aktiv genutzt: Das Vereinigte Königreich hat im Februar 2021 einen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt, gefolgt von China am 16. September und Taiwan am 24. September 2021. Sollten alle drei dem Abkommen beitreten, würde dies diese Megaregion auf 34 Prozent des weltweiten BIP-Anteils katapultieren. Die CPTPP ist also auf dem besten Weg, die wichtigste Freihandelszone der Welt zu werden. Von der Seitenlinie aus zuzuschauen, ist für eine Handelsnation wie die Schweiz daher nicht unbedingt die beste Strategie.
Der Artikel ist auf Deutsch "Showdown um die Freihandelszone CPTPP" und auf Französisch "Bras de fer autour de la zone de libre-échange PTPGP" erschienen.
Kontakt: Dominique Ursprung, International Management Institute