Schweizer Diplomatinnen und Diplomaten am 3. September 2019 zu Besuch in Winterthur
Für Aussenminister Ignazio Cassis ist es unerlässlich, die Schweizer Aussenpolitik stärker in der Innenpolitik zu verankern. Eine Tour de Suisse unter dem Motto «Meet the Ambassadors» soll nun den Austausch zwischen Schweizer Diplomatinnen und Diplomaten und der Bevölkerung in ihren jeweiligen Heimatkantonen beleben.
Obwohl Winterthur mit 115 Kilometer Luftlinie näher an Bern ist als das etwas weiter entfernte internationale Genf, wird die Eulachstadt kaum genannt, wenn es um die schweizerische Aussenpolitik geht. Dies trotz internationalem Berufsbildungskongress, trotz des jährlich stattfindenden CAS Foreign Affairs & Applied Diplomacy an der ZHAW School of Management and Law und trotz international tätigen Firmen wie Burckhardt Compression, Sulzer oder Rieter. Vielleicht liegt der Fokus der hiesigen Politikerinnen und Politiker mehr auf der kantonalen Politik? Zumindest sind seit 2019 erstmals drei von sieben Regierungsmitglieder des Kanton Zürichs aus Winterthur.
Internationales Winterthur?
Im Gegensatz zu Genf, Zürich oder Basel scheint es in Winterthurs Bevölkerung wenige Debatten zu internationalen Fragestellungen zu geben. Daher besuchen am 3. September acht Mitarbeitende des Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) während eines ganzen Tages die Eulachstadt. Die ZHAW School of Management and Law, deren Internationalisierung weit fortgeschritten ist, freut sich sehr, diese Initiative mit einem öffentlichen Feierabend-Event zu unterstützen. Im Fokus steht dabei, Gelegenheit zu bieten für informelle Gespräche zur Schweizer (Aussen-)Politik, sei es mit dem Schweizer Botschafter im Iran, oder dem Botschafter in Addis Abeba, welcher sich mit seinem Team um die Beziehungen zu Äthiopien, Dschibuti, Südsudan und der Afrikanischen Union kümmert.
MEI als Lehre für InstA?
Dass es wichtig ist, die Aussenpolitik mit der Bevölkerung zu diskutieren und diesen Austausch zu suchen, zeigen auch die vielen Debatten über die Zukunft der bilateralen Beziehungen und das institutionelle Rahmenabkommen (InstA) zwischen der Schweiz und der EU – auch an der ZHAW in Winterthur. Entscheidend ist jedoch, ob die Gefühlslage aus diesen Debatten in Bern, sei es im Parlament oder in der Verwaltung, auch gehört wird. Ansonsten kann es grössere Überraschungen geben, wie dies die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative (MEI) 2014 gezeigt hat.
Am 10. Januar 2014 war Bundesrätin Simonetta Sommaruga für einen öffentlichen Vortrag zum Thema «Personenfreizügigkeit: Chance oder Bedrohung?» in Winterthur. Nebst Gegnern äusserten sich auch viele Befürworter der Masseneinwanderungsinitiative (MEI). Jedem Beobachter im Saal musste klar sein, dass dies eine knappe Abstimmung geben könnte – dennoch wurden die Warnsignale, wie jene aus dem peripheren Winterthur, in Bern nicht gehört, speziell nicht im EDA, dessen damaliger Vorsteher das Abstimmungswochenende zur MEI im fernen Japan verbrachte.
Distanz zwischen Winterthurer Bevölkerung und Bern verringern
Das Resultat ist bekannt: Obwohl der Bezirk Winterthur gesamthaft die MEI mit 52,81 Prozent ablehnte, sprach sich in 18 von 25 Winterthurer Gemeinden eine Mehrheit der Bevölkerung für die Initiative aus. Es ist daher verständlich, dass Bundesrat Cassis diese Distanz zwischen Stimmung in der Bevölkerung und deren Wahrnehmung in Bern verringern möchte. Eine grössere Nähe kommt schlussendlich auch den 360 Diplomatinnen und Diplomaten des EDA zugute, welche die Schweiz in gut 100 Ländern vertreten und dabei – vor und nach den Abstimmungen – die Beweggründe der Schweizer Bevölkerung erläutern müssen. Daher: «Meet the Ambassadors» am 3. September im Volkartgebäude in Winterthur.
Kontakt: Dr. Florian Keller, International Management Institute