Anlegerschutz dank realistischer Risikoprofilierung
Fragebogen alleine messen die Risikobereitschaft von Anlegern nicht genügend, um die strategische Ausrichtung ihres Kundenportfolios zu bestimmen. ZHAW-Forschende haben deshalb mit der AEK BANK 1826 und der K&W Software AG eine digitale Risikoprofilierung entwickelt, damit Kunden selbstständig eine Anlagestrategie wählen können und auf mögliches Fehlverhalten hingewiesen werden.
«Jetzt muss ich kaufen! Wenn ich noch länger warte, profitiere ich nicht vom Trend.» So reagieren im ersten Augenblick viele private Anleger und Anlegerinnen. Denn nach einem längeren Aufschwung an den Kapitalmärkten sinkt in der Regel das Risikobewusstsein, während es bei einer längeren Börsenbaisse wieder steigt. Risikobereitschaft ist ein komplexes Konstrukt und lässt sich anhand von gängigen Fragebogen kaum erfassen. Können Beratende den Anlagekunden dagegen die Kursrisiken einer Anlagestrategie verständlich und korrekt visualisieren, wechseln die Kundinnen und Kunden häufig zu einer risikoärmeren oder risikoreicheren Strategie.
In einem von der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) geförderten Forschungsprojekt haben das Institut für Wealth & Asset Management der ZHAW School of Management and Law und das ZHAW-Departement Angewandte Psychologie deshalb ein Instrument entwickelt, mit dem sich Anlagestrategien visualisieren und für Anlagekunden nachvollziehbar darstellen lassen. Aus dem Projekt resultiert die Software «Visual Risk Profile», die von der K&W Software AG entwickelt und nun vertrieben wird. Die Thuner AEK BANK 1826 ist als Entwicklungspartnerin auch zugleich erste Anwenderin des Visual Risk Profile.
Typische Anlegerfehler
«Die Erarbeitung eines Anleger- und Risikoprofils bildet die zwingende Basis für jede weitere Beratung», sagt Alex Marjanovic, Leiter Kundenberatung und Niederlassungen AEK Bank 1826. «Nur dadurch wird ein nachhaltiges Fundament für den Dialog und die Lösungsfindung gelegt.» Experimente im Verlauf des Projekts haben gezeigt, dass sich Anlegerinnen und Anleger nach einer Risikoaufklärung meist für eine andere Anlagestrategie entscheiden, als ursprünglich vorgeschlagen. Der Grund hierfür liegt in psychologischen Hürden: Die vorhandenen Anlagerisiken werden je nach Situation und Zeitpunkt der Risikoprofilierung unter- oder überschätzt.
«Auch wenn eine adäquate Anlagestrategie ermittelt wurde, besteht die Gefahr, dass Kunden aufgrund psychologischer Anlagefallen davon abweichen», sagt ZHAW-Forscher und Projektleiter Jérôme Zaugg. «Zu den typischen Fehlern zählen exzessives Handeln, mangelnde Diversifikation, Fokus auf vermeintlich bekannte Anlagen sowie das zu lange Halten von Verlustpositionen und zu frühe Verkaufen von Gewinnpositionen.» Die ZHAW hat dazu einen Fragebogen entwickelt, der die individuelle Fehleranfälligkeit des Kunden ermittelt. In der Auswertung wird den Kunden zudem aufgezeigt, wie sie diese Anlagefehler vermeiden können.
Risiken erlebbar machen
«Damit psychologisch bedingte Hürden gemeistert werden können, müssen die Anlagerisiken erlebbar gemacht werden», sagt Ester Reijnen vom Departement Angewandte Psychologie der ZHAW. «Nur so entsteht ein Risikoverständnis beim Kunden.» Gut informiert können sich Anleger selbstständig für oder gegen eine Anlagestrategie entscheiden. Die im KTI-Projekt entwickelte digitale Risikoprofilierung klärt die Anleger visuell über die Risiken der vorgeschlagenen Anlagestrategie auf. Dabei werden verschiedene Parameter berücksichtigt, um ein möglichst realistisches Bild der Chancen und Risiken aufzuzeigen. «Um die Bereitschaft für die einzugehenden Risiken optimal abzuholen, werden persönliche Ziele in die Visualisierung miteinbezogen», sagt Zaugg. «Zudem werden die tatsächlichen Anlagesummen des Kunden für die Visualisierung verwendet.»
Durch den neuen Ansatz ist es gelungen, eine rationalere Risikobereitschaft zu erfassen, indem das Risikoprofil unter Einbezug weiterer Faktoren visualisiert und möglichst einschätzbar und realistisch dargestellt wird. So entwickeln Anlagekunden und -kundinnen ein Verständnis für ihre tatsächliche Risikobereitschaft. Diese Vorgehensweise soll zum geforderten Anleger- und Verbraucherschutz führen und die Kundenzufriedenheit erhöhen.
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Kontakt:
ZHAW School of Management and Law, Institut für Wealth & Asset Management,
Jérôme Zaugg, Telefon 058 934 77 32, E-Mail: jerome.zaugg@zhaw.ch
Medienstelle:
ZHAW School of Management and Law, Kommunikation,
Florian Wehrli, Telefon 058 934 71 14, E-Mail: florian.wehrli@zhaw.ch