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School of Management and Law

Digitalisierung: Jetzt geht es an die Umsetzung

Dr. Alexander Mertes, Experte für digitale Transformation im öffentlichen Sektor, stellt fest: Die Technologie für E-Government ist da. Für eine sinnvolle Umsetzung braucht es nun geschulte Mitarbeitende und eine gute Kommunikation.

https://www.schweizer-gemeinde.ch/artikel/digitalisierung-jetzt-geht-es-an-die-umsetzung

Alexander Mertes, als Leiter der Fachstelle Public Performance Management & Digital Transformation an der ZHAW haben Sie zahlreiche Forschungsprojekte im Bereich E-Government realisiert und verschiedene Gemeinden begleitet. Wie schätzen Sie den aktuellen Stand der Gemeinden ein?

Alexander Mertes: In der Schweiz gibt es verschiedene Kulturen der Digitalisierung. Ich kann nicht stellvertretend für alle Schweizer Gemeinden sprechen, sondern vor allem für grössere Gemeinden und Städte im Kanton Zürich sowie kleinere Gemeinden in den Kantonen Thurgau und Aargau. Dort stelle ich fest, dass die digitale Transformation in den letzten fünf Jahren an Bedeutung gewonnen hat. Digitalisierungsstrategien wurden verabschiedet, Budgets für entsprechende Projekte gesprochen und Vereinbarungen zwischen Gemeinden und Kantonen geschlossen, um digitale Projekte voranzutreiben. Die Ausgangssituation beurteile ich als gut, das Potenzial ist sehr gross.

Was funktioniert bereits gut auf Gemeindeebene?

Ich sehe grosse Fortschritte bei der digitalen Partizipation der Bevölkerung, bei der Formulierung von Digitalisierungsstrategien sowie bei der Weiterbildung von Mitarbeitenden in der öffentlichen Verwaltung. Die Gemeinden beteiligen sich an übergreifenden Projekten wie eBaugesuch und eEinbürgerung, und sie nutzen bestehende Services wie eUmzug. Auch sind zahlreiche Gemeinden daran, ihre Websites nutzerfreundlicher zu gestalten.

Welche Herausforderungen bleiben für Gemeinden bestehen?

Die Technologie ist an sich ausgereift, jetzt müssen die Rahmenbedingungen für die Umsetzung festgelegt werden. Fehlende Personalressourcen erschweren dies momentan. Mitarbeitende müssen geschult und in die Transformationsprozesse eingebunden werden. Sie sind es, welche die Prozesse und Abläufe kennen – und diese müssen teilweise neu gedacht und digital umgesetzt werden. Ich stelle fest, dass ein Kulturwandel stattfindet: Neue digitale Dienstleistungen können nicht immer von Anfang an perfekt umgesetzt werden, wie man sich das in der Verwaltung gewöhnt ist. Das ist eine Illusion. Vielmehr trauen sich Behörden immer mehr, eine Betaversion zur Verfügung zu stellen und aus Erfahrungen zu lernen.

 

«Die Technologie ist an sich ausgereift, jetzt müssen die Rahmenbedingungen für die Umsetzung festgelegt werden.»

Alexander Mertes, Leiter der Fachstelle Public Performance Management & Digital Transformation, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW)

 

Wo sehen Sie weiteren Handlungsbedarf?

Die Einführung der staatlichen E-ID und die Nutzung einer qualifizierten elektronischen Signatur würde vieles vorantreiben und vereinfachen. Eine weitere Herausforderung ist die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Staatsebenen.

Erschwert die föderale Struktur der Schweiz die digitale Transformation der Behörden?

Einerseits hemmt die föderale Struktur eine schnelle Umsetzung der digitalen Transformation, weil jeder für sich schaut. Andererseits ist sie auch ein Garant für Qualität. Verschiedene Lösungen werden auf Kantons-, aber auch auf Gemeindeebene ausprobiert. Ich beobachte, dass gerade kleinere Gemeinden mit weniger Ressourcen abwarten und sich dann an einer Lösung beteiligen, die sich bewährt hat. Das garantiert gewisse Standards und Verlässlichkeit.

Die Zusammenarbeit zwischen den Staatsebenen intensiviert sich allerdings. Wie beurteilen Sie diese?

Viele Gemeinden haben rasch gemerkt, dass es sinnvoll ist, mit den Kantonen zu kooperieren. Die Abstimmung zwischen Kanton und Gemeinden kann zu einer Herausforderung werden: Wer ist wie beteiligt, wer sitzt in welchem Gremium, wo werden administrative Arbeiten erledigt? Auf Kantonsebene gibt es zudem verschiedene Modelle. Die Zusammenarbeit sollte ganzheitlich betrachtet werden: Zwischen Bund, Kantonen, Gemeinden, Hochschulen, der Wirtschaft und der Bevölkerung. Die Digitale Verwaltung Schweiz bietet Gefässe zum Austausch, die sehr wertvoll sind.

Welches sind die nächsten Schritte für Gemeinden?

Wie bereits erwähnt: Die Technologie und verschiedene Lösungen sind da. Doch die digitale Transformation ist komplex. Geschulte Mitarbeitende sollten die verschiedenen Möglichkeiten auf einer technischen, rechtlichen, aber auch sozialen Ebene einordnen und beurteilen können, welche Lösungen für eine Gemeinde sinnvoll sind. Ein neues Denken in digitalen Prozessen ist nötig. Und nicht zuletzt ist eine sehr gute Kommunikation zentral, um Mitarbeitende, aber auch die Bevölkerung mitzunehmen.