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School of Management and Law

Nachhaltige Investitionen erfüllen Erwartungen der Kundschaft nicht

Nachhaltige Anlagen sind bei der Schweizer Bevölkerung immer beliebter. Zwei Drittel wollen bei der dritten Säule nachhaltig investieren. Allerdings werden die angebotenen Produkte einer tatsächlichen Nachhaltigkeitswirkung oft nicht gerecht, zeigt eine ZHAW-Studie.

Das 3a-Vorsorgekapital belief sich in der Schweiz per Ende 2021 auf 142 Milliarden Franken. Rund ein Drittel der Steuerpflichtigen zahlt jährlich in die Säule 3a ein. Davon möchten zwei Drittel ihr Geld nachhaltig anlegen.

Im Gegensatz zur Anlage über Pensionskassen entscheiden die Sparenden in der Säule 3a selbst, wie sie investieren wollen. Der erheblichen Nachfrage nach nachhaltigen Investments steht ein breites und vielfältiges Produktangebot gegenüber.

Gemäss einer Studie der ZHAW School of Management and Law im Auftrag des Bundesamts für Umwelt (BAFU) erfüllt dieses Angebot die eigentlichen Erwartungen der Schweizer Kundschaft heute aber meist nicht. Dazu wurden von ZHAW-Forschenden alle rund 150 aktuellen Produktangebote der Säule 3a evaluiert, die von den Anbietern bei der Steuerbehörde registriert sein müssen.

Missverständnis zwischen Erwartung und Angebot

Nachhaltige Anlagen haben in den letzten Jahren einen enormen Boom erlebt und sich von einem Nischensegment zum Mainstream entwickelt. «Gleichzeitig sind aber auch immer wieder Greenwashing-Vorwürfe aufgekommen», so Studienleiter Dominik Boos von der Fachstelle Asset Management an der ZHAW School of Management and Law.

Kund:innen erwarten von nachhaltigem Investieren eine tatsächliche Nachhaltigkeitswirkung – die angebotenen Produkte werden diesem Anspruch aber meistens nicht gerecht. Insbesondere reine ESG-Produkte (Environmental/Umwelt (E), Social/sozial (S) und Governance/Unternehmensführung (G)) analysieren lediglich finanzielle Risiken, also wie sich beispielsweise Umweltrisiken auf die Profitabilität eines Unternehmens auswirken könnten.

Wirkungsorientiertes Investieren bedingt aber die umgekehrte Sichtweise, also eine Analyse, wie sich die Geschäftstätigkeiten der Firmen auf die Umwelt auswirken. «Sind sich Anleger:innen dessen nicht bewusst, glauben sie wirkungsorientiert zu handeln, tun dies aber gar nicht. Dadurch können Greenwashing-Vorwürfe entstehen», sagt Dominik Boos weiter.

Wenig nachhaltig und unübersichtlich

Laut dem Standpunkt bezüglich Greenwashing-Prävention des Bundesrats von Ende 2022 soll künftig nur noch als nachhaltig gelten, was zu einem Nachhaltigkeitsziel beiträgt oder zumindest damit verträglich ist. Rein risikoorientierte Strategien dürfen nicht mehr als nachhaltig bezeichnet werden, weil damit lediglich das finanzielle Risiko minimiert wird. Laut Studie liegen zwei Drittel des angesparten Vorsorgekapitals auf Sparkonten oder sind in Lebensversicherungen gebunden. «In der Säule 3a wird also grundsätzlich sehr risikoavers investiert», erklärt Dominik Boos.

Nur gut 30 Prozent werden in Wertschriften angelegt, wo potenziell nachhaltig investiert werden könnte. Mehr als die Hälfte dieser Anlagen bezeichnen sich heute als nachhaltig oder «ESG». Jedoch streben davon nur 10 Prozent tatsächlich eine Nachhaltigkeitswirkung an und können – im Sinne des Standpunktes des Bundesrates und der Erwartungen der Kund:innen – als nachhaltig bezeichnet werden.

«Ein weiteres Problem bei nachhaltigen 3a-Produkten ist die mangelnde Transparenz und Vergleichbarkeit. Fonds berichten noch sehr uneinheitlich über ihre Nachhaltigkeitsansätze», erklärt Dominik Boos. Auch würden Nachhaltigkeitsmotive kaum explizit deklariert und Nachhaltigkeitsziele nicht formuliert. «Zudem ist es meist völlig unklar, ob der Fokus beispielsweise im Bereich Klima, Umwelt generell oder bei sozialen Themen liegt.»

Empfehlung für mehr Nachhaltigkeit

Wie eine Umsetzung gemäss Standpunkt des Bundesrats zur Greenwashing-Prävention in der Säule 3a aussehen könnte, zeigt nun die ZHAW-Studie auf. Dafür wären Produkte mit einem stringenten, wirkungsorientiertem Nachhaltigkeitsansatz notwendig.

Am vielversprechendsten ist laut Dominik Boos ein unterschiedlicher Ansatz je nach Wirtschaftssektor, ein sogenannter Sektor-Ansatz. «Ein reiner Ölproduzent, der in der transformierten Wirtschaft keine Rolle mehr spielen wird, hat auch in einem nachhaltigen Portfolio keinen Platz. Mit einem Autobauer, dessen Produkte weiterhin wichtig bleiben, tritt man aber besser in den Klimadialog und versucht ihn zu einem nachhaltigeren Geschäftsmodell zu bewegen.»

Zudem würden mehr Transparenz und eine ganzheitliche Erhebung der Kund:innenpräferenzen die Entscheidungsfindung erleichtern. Die ZHAW-Studie schlägt daher ein Konzept vor, wie Nachhaltigkeitspräferenzen gleichzeitig mit finanziellen Präferenzen erfragt werden können, so dass die Erwartungen der Kund:innen besser und konsistenter erfüllt werden.

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