ZHAW International Business Insight: Eine Chance für echte Inklusion
Wie inklusiv sind Schweizer Unternehmen, wenn es um die Integration von trans und nicht-binären Menschen geht? In der aktuellen Ausgabe der Forschungskommunikationsreihe «ZHAW International Business Insight» präsentieren wir eine neue Studie zur Geschlechtsidentität in der Arbeitswelt, die unter der Leitung einer ZHAW-Forscherin erstellt wurde.
Die neue empirische Studie «Inklusive Geschlechtsidentitätspraktiken in Organisationen der Schweiz», die im Auftrag des Vereins Swiss Diversity unter der Leitung von Dr. Daniela Frau von der ZHAW School of Management and Law und gefördert durch BKW durchgeführt wurde, liefert wertvolle Einblicke in aktuelle Praktiken, Herausforderungen und ungenutzte Potenziale bei der Förderung einer genderinklusiven Arbeitswelt.
Ausgangslage: Diskriminierung und Unsichtbarkeit
In der Schweiz sind trans und nicht-binäre Menschen in der Arbeitswelt nach wie vor häufig mit Diskriminierung, Isolation und Ausgrenzung konfrontiert. Viele Betroffene sehen sich gezwungen, ihre Geschlechtsidentität zu verbergen, um sich zu schützen. Gleichzeitig besteht ein erhöhtes Risiko von Arbeitslosigkeit. Trotz wachsender Sensibilität in der Gesellschaft bleibt die Inklusion dieser Gruppen ein Randthema im Diversity Management.
Studie: Fokus auf inklusiven Praktiken
Die explorative Studie basiert auf einer Online-Befragung von Führungspersonen, HR-Verantwortlichen und Diversity-Fachpersonen, hauptsächlich aus großen Organisationen der deutschsprachigen Schweiz. Ziel war es, zu analysieren, welche Praktiken zur Förderung der Inklusion von trans und nicht-binären Personen umgesetzt werden. Dabei wurden drei Kategorien untersucht:
- Nichtdiskriminierungspraktiken (z. B. objektive Rekrutierungsprozesse, inklusive Kommunikation),
- Verantwortungspraktiken (z. B. Beratungsangebote, gezielte Kompetenzentwicklung),
- Ressourcenpraktiken (z. B. finanzielle und zeitliche Investitionen in Diversity-Programme).
Insgesamt nahmen 139 Personen teil, 106 füllten die Befragung vollständig aus. Die Ergebnisse zeigen: Organisationen mit einer Diversity-Strategie setzen signifikant mehr Maßnahmen in allen drei Bereichen um und schaffen ein wahrnehmbar inklusiveres Arbeitsklima.
Ergebnisse: Fortschritte und Hindernisse
Ein zentrales Ergebnis der Studie ist, dass geschlechtsidentitätsinklusive Praktiken besonders in Organisationen mit einer strategischen Verankerung von Diversity erfolgreich sind. Doch trotz positiver Effekte bleibt das Thema Geschlechtsidentität in der Priorisierung vieler Organisationen auf den hinteren Plätzen. Traditionelle Führungsstrukturen, politische Widerstände gegen genderinklusive Sprache sowie begrenzte Ressourcen im Diversity Management bremsen die Umsetzung.
Insbesondere Nichtdiskriminierungspraktiken, wie objektive Bewertungs- und Rekrutierungsprozesse, werden häufiger gewählt als Maßnahmen, die gezielt Verhalten oder Kompetenzen fördern, wie Schulungen oder Beratungen. Verantwortungs- und Ressourcenpraktiken erfordern oft spezialisierte Expertise sowie finanzielle und zeitliche Investitionen – Barrieren, die viele Organisationen nur schwer überwinden können.
Bedeutung für die Praxis
Die Ergebnisse der Studie bieten eine Grundlage für Organisationen, die ihre Diversity-Maßnahmen ausbauen möchten. Eine klare Diversity-Strategie, gepaart mit einer stärkeren Priorisierung des Themas Geschlechtsidentität, kann nicht nur die Inklusion fördern, sondern auch das Potenzial von trans und nicht-binären Mitarbeitenden besser nutzen. Dies stärkt nicht nur die betroffenen Individuen, sondern steigert auch die Gesamtleistung der Organisation.
Ausblick
Die Studie hebt hervor, dass geschlechtsidentitätsinklusive Maßnahmen nicht nur ein sozialer Imperativ, sondern auch ein wirtschaftlicher Vorteil sein können. Allerdings bedarf es weiterer Forschung, insbesondere zur Frage, wie solche Praktiken die nachhaltige Performance von Unternehmen beeinflussen. Angesichts des aktuellen politischen und medialen Diskurses in der Schweiz bleibt es eine Herausforderung, das Thema voranzutreiben.
Die Swiss-Diversity-Studie zeigt: Es gibt Fortschritte, aber auch noch viel zu tun, um Schweizer Unternehmen wirklich inklusiv zu gestalten. Mit gezielten Strategien und einer Öffnung für Diversität in all ihren Facetten können Organisationen einen entscheidenden Schritt in Richtung Zukunft machen.