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School of Management and Law

Mura (Unausgeglichenheit) & Muri (Überbelastung)

Wir sind umgezogen!

Sie finden diesen Beitrag neu unter https://www.leanhealth.ch/transformation/what/

Eva Hollenstein, Alfred Angerer (V01)

Einleitung

Dem Streben nach kontinuierlicher Verbesserung (Kaizen) und der Eliminierung nicht-wertschöpfender Prozesse kommt im Lean-Management eine tragende Rolle zu: Dazu gehört auch die Beseitigung der drei „Mu’s“ – Mura (Unausgeglichenheit), Muri (Überbelastung) und Muda (Verschwendung). Unter Letzterem versteht man zumeist die so genannten sieben Arten der Verschwendung, welche in dem dazugehörigen Dokument ausführlich beschrieben werden.

Dieser Artikel legt den Fokus auf die Frage, wie man Unausgeglichenheit und Überbelastung erkennen und vermeiden kann. Diese Hemmnisse bzw. Störfaktoren treten überall in der Organisation auf und bringen ein grosses – nicht nur finanzielles – Verlustpotential mit sich.

Der Anstieg der Fallzahlen bei gleichzeitiger Verkürzung der Verweildauer im Spital führt zu einer zunehmenden Arbeitsverdichtung für das Personal. Dadurch nimmt die Zeit für die Betreuung der einzelnen Patientinnen und Patienten ab, was sich negativ auf die Patientenversorgung auswirken kann: Die Behandlungsqualität leidet und das Risiko von Behandlungsfehlern steigt. Darüber hinaus kann eine längerfristige Überlastung auch zu Personalabwanderung führen, was wiederum langwierige, kostenintensive Auswirkungen mit sich bringt.

Neben der Überbelastung sind auch stark schwankende Auslastungen besonders im Dienstleistungssektor typisch und erschweren die Auslegung, Optimierung und Betreuung von Prozessen (Scholz, 2014; Töpfer & Silbermann, 2011).

Bei Belastungsspitzen sind meist keine Ressourcen vorhanden, um angemessen darauf reagieren zu können (Walker, 2015). Folglich müssen zur Sicherstellung der Leistungserbringung Reserven bestehen, welche wiederum zu Vorhaltekosten führen (Bouncken, Pfannstiel & Reuschl, 2014). In diesen Reserven liegt häufig das eigentliche Verbesserungspotential des Prozesses (Scholz, 2014; Töpfer & Silbermann, 2011).

Um qualitative und wirtschaftliche Verbesserungspotentiale (zum Beispiel durch Produktivitäts- und Effizienzsteigerungen) zu erkennen, ist eine detaillierte Auseinandersetzung mit den eigenen internen Arbeitsprozessen essentiell.

In der Lean-Praxis hilft eine Vielzahl von Tools, das Erkennen der drei „Mu’s“ zu unterstützen, wie zum Beispiel das 5-Why-How-Laddering, das A3-Problemlösungsblatt oder die Wertstromanalyse.

Leitfragen für die Praxis

Detailbeschreibung des Konzepts

Mura (Unausgeglichenheit)

Mura entsteht nach dem klassischen Lean-Verständnis als Folge

Verluste entstehen also immer dann, wenn die Kapazitäten in der Leistungserbringung nicht ausreichend oder fehlerhaft aufeinander abgestimmt sind (vgl. just in time). Ein Beispiel im Spital wäre ein Labor, in dem 70 Prozent der Proben innerhalb von nur 3 Stunden des Tages in Form von Belastungsspitzen anfallen (Graban, 2012).

Als spezielle Ausprägungen von Mura sind zum einen Verluste durch Warteschlangenbildung zu nennen, zum anderen Verluste durch nicht optimal ausgelastete Kapazitäten (Kamiske & Brauer, 2008).

Muri (Überbelastung)

Unter dem Begriff Muri versteht man jegliche Art von Überbelastung, die dann auftritt, wenn Mitarbeitende (oder auch Maschinen) über die natürlichen Grenzen hinaus beansprucht werden. Das kann zur Gefährdung der Sicherheit, Ausfällen und Qualitätseinbussen führen. Zudem ist ein zeitnahes Reagieren auf eine Veränderung der Patientennachfrage nur begrenzt möglich (Brunner, 2014; Scholz, 2014).

Durch Überbelastung entstehen Verluste im Rahmen des Arbeitsprozesses. Dabei unterscheidet man die Überbelastung des Handhabungs- und des Herstellungsprozesses: Im Handhabungsprozess entstehen Verluste durch körperliche und geistige Überbeanspruchung des Mitarbeitenden. Sie äussern sich in Form von Übermüdung, Stresserscheinungen, erhöhter Fehlerhäufigkeit und sinkender Arbeitszufriedenheit. Der Einsatz von Handhabungs- und Rüsthilfen, konstruktiven Massnahmen oder auch Veränderungen der Arbeitsabläufe helfen, Muri entgegenzugwirken. Besteht eine Überbelastung im Herstellungsprozess, liegt das Problem häufig bei fehlerhaften Vorgabezeiten für Arbeitstakte (bspw. geplante Zeit für eine spezifische CT-Untersuchung) (Brunner, 2014; Scholz, 2014).

Praxisempfehlungen

In Organisationen liegt der Fokus oft auf der Eliminierung von Verschwendung, da das Aufspüren mit verschiedenen Tools relativ schnell gelingt. Die drei „Mu’s“ beeinflussen sich jedoch gegenseitig, weshalb eine isolierte Betrachtung nicht empfehlenswert ist (vgl. Heijunka).

Generell ist es ratsam, zuerst Mura und Muri ausfindig zu machen und sich erst dann um die Eliminierung von Verschwendung zu kümmern. Überbelastung und Unausgeglichenheit sind häufig die primären Auslöser, weshalb es zu Verschwendung im System kommt.

Im ersten Schritt wird ein System etabliert, in dem Überbelastungen beseitigt wurden. Dadurch wird sichergestellt, dass die Prozesse standardisiert ablaufen und die Kapazitäten aller Prozesse eine gewisse Gleichmässigkeit aufweisen.

Im nächsten Schritt geht es um die Minimierung von Prozessschwankungen, um zum Beispiel Fehlerquoten oder Engpässe zu minimieren. Schwankungen, die nicht man nicht beseitigen kann, müssen im Prozess als Eingangsgrösse betrachtet werden (Scholz, 2014). Erst im letzten Schritt geht es um die Identifikation und Eliminierung von Muda.

Bitte zitieren Sie diese Quelle wie folgt:

Hollenstein, E. & Angerer, A. (2016). Mura (Unausgeglichenheit) und Muri (Überbelastung). In: A. Angerer (Hrsg.): LHT-BOK – Lean Healthcare Transformation Body of Knowledge, Version 1.0. Winterthur. Abgerufen von www.leanhealth.ch

Literatur

Bouncken, R. B., Pfannstiel, M. A., & Reuschl, A. J. (2014). Dienstleistungsmanagement im Krankenhaus. Wiesbaden: Springer Fachmedien.

Brunner, F. J. (2014). Japanische Erfolgskonzepte. München: Hanser.

Graban, M. (2012). Lean hospitals - improving quality, patient safety, and employee engagement. 2. Auflage. New York: Productivity Press.

Kamiske, G., & Brauer, J. (2008). ABC des Qualitätsmanagements. München: Carl Hanser Verlag.

Scholz, A. (2014). Die Lean-Methode im Krankenhaus: Die eigenen Reserven erkennen und heben. Wiesbaden: Springer Verlag.

Töpfer, A., & Silbermann. (2011). Lean Management und Six Sigma als Werkzeuge zur Steigerung der Dienstleistungsproduktivität. In: M. Bruhn & K. Hadwich (Hrsg.): Dienstleistungsproduktivität. Wiesbaden: Gabler. S. 121–150.

Walker, D. (Hrsg.) (2015). Lean Hospital: das Krankenhaus der Zukunft. Berlin: MWV, Medizinisch Wiss. Verl.-Ges.